Meinung

Gegen Völkerrecht und Meinungsfreiheit: Wie Heiko Maas sich erneut zum "NATO-Strichmännchen" macht

Außenminister Heiko Maas hat in kurzer Zeit und in zwei Ministerämtern zahlreiche juristische Prinzipien mit Füßen getreten. Er ist - gerade im Vergleich zu seinem Vorgänger Sigmar Gabriel - die wohl krasseste Fehlbesetzung des aktuellen Kabinetts.
Gegen Völkerrecht und Meinungsfreiheit: Wie Heiko Maas sich erneut zum "NATO-Strichmännchen" machtQuelle: www.globallookpress.com

von Thomas Schwarz

Außenminister Heiko Maas steht mit der Unschuldsvermutung, mit dem Völkerrecht, mit der Meinungsfreiheit, mit der deutsch-russischen Aussöhnung und aktuell sogar mit UNO-Institutionen auf Kriegsfuß. Ausgerechnet ein Jurist macht sich so zum Vorkämpfer der Erosion zahlreicher mühsam erstrittener juristischer Regularien. Das SPD-Mitglied Maas ist dadurch - und durch seinen offensiv russenfeindlichen Politikstil - zu einer großen Belastung für die SPD und für die deutsche Gesellschaft geworden. Er ist die krasseste Fehlbesetzung in der aktuellen Regierung. 

Maas' unrühmlicher Kampf gegen die Meinungsfreiheit, sein Durchboxen des infamen NetzDG und sein emotionales, eines Justizministers unangemessenes Verhalten bei der Debatte um ein neues Sexualstrafrecht sollen hier nicht besprochen werden, sie wurden bereits ausführlich thematisiert.

Persönliches Bauchgefühl als primäres Beweismittel

Die Unschuldsvermutung hat Maas zum einen im Fall des mutmaßlich vergifteten russischen Doppelagenten Sergej Skripal mit Füßen getreten, als er sich, ohne Beweise zu verlangen, der "Argumentation" der britischen Regierung anschloss und mit der Ausweisung von russischen Diplomaten eine Strafe guthieß, bevor die zugrunde liegende Tat überhaupt aufgeklärt war: 

Der Angriff in Salisbury hat uns alle in der Europäischen Union erschüttert. Zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs wurde mitten in Europa ein chemischer Kampfstoff eingesetzt. Es ist klar, dass dieser Anschlag nicht ohne Folgen bleiben kann. Wir haben deshalb deutlich Stellung bezogen und uns in der Europäischen Union hinter Großbritannien gestellt. 

Zum Anderen hat Maas das Prinzip der Unschuldsvermutung grob verletzt, als er Syriens Präsident Bashar al-Assad die "Schuld" an einem mutmaßlichen Giftgasangriff in der syrischen Stadt Duma anlastete, bevor der Vorfall untersucht oder überhaupt als real festgestellt werden konnte. 

Noch viel gravierender ist aber sein Beifall für eine eindeutige Verletzung des Völkerrechts. Dass sich ein deutscher Minister (ein Jurist!) traut, die illegalen Bombardements durch Frankreich, England und die USA nicht zu verurteilen und sein Lob für dieses Verbrechen auch noch öffentlich und schriftlich mitzuteilen - das zeigt, wie sehr das Ansehen für rechtsstaatliche Grundprinzipien schon erodiert ist: Die USA und Vasallen wie Maas sehen noch nicht einmal mehr die Notwendigkeit, irgendetwas an ihrem illegalen Tun zu verschleiern. So teilte Maas nach den Attacken auf Syrien vom Wochenende mit: 

Der begrenzte Angriff auf militärische Strukturen des syrischen Regimes durch Frankreich, Großbritannien und den USA als ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats [war] ein angemessenes und erforderliches Signal.

Die UNO ist gewiss kein perfektes Konstrukt. Aber sie ist eine Institution, um deren Struktur lange gerungen wurde, sie ist ein gelebter Kompromiss. Nun greift Maas diese Struktur frontal an, indem er Parallel-Strukturen fordert. Damit beschädigt Maas - ein SPD-Politiker und Jurist! - nicht nur die UNO als Institution, sondern auch alle jene verdienten Menschen, die sie - als nicht perfektes, aber ausgleichendes Element - aufgebaut haben. Denn Maas will ein "neues Format" schaffen, weil die UN-Formate nicht immer nach seinem Gusto abstimmen:

Also suchen wir jetzt nach der Möglichkeit, in einem anderen Format, mit Staaten, die sich mit dem Thema ohnehin auseinandergesetzt haben, die möglicherweise auch Zugriff auf Beteiligte in der Region haben, dazu zu kommen, dass man einen neuen Weg beschreitet.

SPD bemühte sich bis vor kurzem noch um Ausgleich mit Russland

All das hier Berichtete steht wiederum im Zusammenhang mit Russland, denn die Verhinderung einer deutsch-russischen Annäherung scheint Maas' zentrales Thema dieser Legislaturperiode zu werden. Maas geht seit Tagen an keinem Mikrofon vorbei, ohne ein hartes Vorgehen gegen Russland zu fordern, und bereits jetzt erhält er dafür viel Applaus von den Transatlantikern.

Seinen russenfeindlichen Kurs hat er schon in seiner Antrittsrede deutlich gemacht, und er hebt sich dadurch sehr negativ - und für die SPD selbstzerstörerisch - von seinen sozialdemokratischen Vorgängern Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier ab. Nils Schmid, sein neuer außenpolitischer Sprecher, macht deutlich, was dieser antirussische Kurs für das wichtigste Wirtschaftsprojekt der Gegenwart bedeutet, nämlich für die Pipeline Nord Stream 2, für die Gabriel noch gekämpft hatte. Das Projekt soll, wenn es nach Maas und Schmid geht, am besten im Streit mit den Osteuropäern versanden:

Wegen der politischen Brisanz tun wir gut daran, das Projekt Nord Stream 2 in die EU-Erdgaspolitik einzubinden und uns gerade mit den Osteuropäern abzustimmen.

Man fragt sich natürlich, was die SPD geritten haben mag, ihren beliebtesten Politiker (Gabriel) gegen ihren unbeliebtesten (Maas) auszutauschen. Dieser Vorgang ist nicht nur eine politische, ästhetische und - wegen der Art, wie Gabriel fallengelassen wurde - menschliche Katastrophe: Es ist auch wahltaktischer Wahnsinn! Es gibt eine weitverbreitete Sehnsucht in Deutschland nach einer Annäherung mit Russland. Die Menschen spüren zudem, dass das US-Reich wankt, und sie wollen nicht mit ihm fallen.

Der demonstrative symbolische Kotau, den Maas dennoch vor den USA vollzieht, indem er öffentlich der irrationalen Anti-Russland-Hysterie folgt, geht zahlreichen Menschen in Deutschland gehörig gegen den Strich. Kein Wunder, dass Diether Dehm von der Linkspartei viel Applaus bekam, als er ihn erst als "NATO-Strichjungen" und später als "Strichmännchen" bezeichnete. Annäherung an Russland ist das letzte Thema, mit dem die SPD punkten könnte - behält die Partei aber Maas als Minister, wird die Sozialdemokratie mit ihm untergehen.

P.S.: Wer sich fragt, wie es passieren konnte, dass Gabriel durch Maas ersetzt wurde, obwohl das doch ganz offensichtlich den Interessen der SPD und Deutschlands schadet, der findet beim Journalisten Norbert Haering einen Erklärungsversuch.

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