Meinung

"Kroatien stützt Einfluss Moskaus": Bosnische Islamisten entdecken Russophobie als Agitationsthema

Während sich die Türkei in Syrien darum bemüht, mit Russland eine dauerhafte Friedenslösung zu erreichen, wettern Erdogan-treue Islamisten in Bosnien gegen die angebliche "russische Einflussnahme" auf dem Balkan. Kroatien sei demnach Teil dieser Verschwörung.
"Kroatien stützt Einfluss Moskaus": Bosnische Islamisten entdecken Russophobie als Agitationsthema© Marinko Učur

von Marinko Učur

Es wäre tragisch, wenn es nicht so lustig wäre: Wenn Sie als NATO- oder EU-Mitgliedsstaat beschuldigt würden, Befürworterin der russischen Politik auf dem Balkan zu sein, um sich Vorteile zu verschaffen – dann ist ja fast schon ein Fall für "X-Factor - Das Unfassbare" und die Frage, ob diese Geschichte tatsächlich so passiert sein konnte.

Aber gerade das wirft Sarajevo gerade den offiziellen politischen Strukturen aus Zagreb vor. Die Protagonisten der jüngsten Verschärfung der Spannungen in den Beziehungen zwischen Zagreb und Sarajevo sind Mitglieder des Vereins "Bosnische Bewegung" aus Sarajevo, die vom NATO-Mitgliedsstaat Kroatien fordern, die "Obstruktion des Beitritts Bosnien und Herzegowinas (BiH) zur NATO" zu beenden. Man beschuldigt Kroatien zudem, den "politischen Einfluss Russlands [zu] unterstützen und die Integration von BiH in die EU [zu] verhindern".

Jüngst kam es auch zu Protesten vor der kroatischen Botschaft in Sarajewo unter dem Motto "STOPPT die russische Einflussnahme". Was sich auf dem Pulverfass Balkan derzeit ereignet, ist, dass bosnische Muslime, nicht selten radikale Islamisten mit Rückendeckung aus der Türkei oder Saudi-Arabien, Kroatien mit aberwitzigen Beschuldigungen überziehen, die in der Öffentlichkeit als geradezu lächerlich wahrgenommen werden.

Mario Karamatić, ein kroatischer Abgeordneter der Volkskammer bzw. der Zweiten Kammer des Parlamentes von BiH, spricht gegenüber RT Deutsch Klartext:

Diejenigen, die Kroatien beschuldigen, haben gezeigt, dass sie den Vereinigten Arabischen Emiraten näher sind als einer integrierten Europäischen Union! Es ist zumindest widersprüchlich, den Präsidenten eines befreundeten Landes, in diesem Fall Kroatiens, mit solchen Botschaften zu konfrontieren und ihn als 'Promoter der russischen Politik' zu beschuldigen, während Kroatien in der Zeit des Krieges der 1990er Jahre eine halbe Million bosniakischer Flüchtlinge versorgt hat. Auf der anderen Seite haben die Bosniaken Frau Grabar-Kitarović vor zwei Jahren aus Dankbarkeit zur 'Königin des Balkans' erklärt. Die Präsidentin hat nun das wahre Gesicht der Politik der Bosniaken gesehen und hoffentlich verstanden, was wir hier in diesem Land erleben.

"Gleichberechtigtes Bosnien oder Aufspaltung"

Die Botschaften aus Sarajevo sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund dessen zu sehen, was in der "Islamischen Deklaration" von Alija Izetbegović steht, meint Mario Karamatić:

Unsere Botschaft ist klar - entweder wird dies ein Staat dreier Völker werden oder es werden drei unabhängige Staaten bestehen und es wäre gut, wenn das offizielle Sarajewo das langsam begreift.

Eine ähnliche Stellungnahme kommt auch vom Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, den bosnische Islamisten seit längerer Zeit wegen seiner häufigen Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin als "Mann Russlands" skizzieren. Einem Journalisten der Belgrader Tageszeitung Alo sagte er, das Ziel solcher Angriffe aus Sarajevo sei die Schaffung einer antirussischen Atmosphäre und Hysterie, um von realen Problemen in der anderen Entität, nämlich in der Föderation von BiH, abzulenken.

Eines davon ist eine verbreitete Sympathie für einen politischen Islam bis hin zum radikalen islamischen Terrorismus, so Dodik:

Es gibt dort militante Gruppen, sogar ganze Siedlungen, die die Polizei nicht betreten kann. Es gibt Leute, die Flaggen des 'Islamischen Staates' auslegen.

Islamisten zeigen sich als Faktoten der NATO

Lässt man die Ansichten der politischen Beamten außer Acht, wird deutlich, dass zwischen Wünschen, Möglichkeiten und erklärten öffentlichen Einstellungen ein Widerspruch besteht. Die Bosniaken befinden sich in einer Kluft zwischen ihrer Loyalität gegenüber der als Beschützerin empfundenen Türkei und ihrer Agitation gegen Russland, die das Ziel verfolgt, sich beim Westen einzuschmeicheln.

Und was für sie noch schlimmer und für alle anderen kaum zu begreifen ist: Während sich Russland und die Türkei in vielen Bereichen, einschließlich des Sicherheitsaspektes, annähern, haben Erdogans Anhänger in BiH, offenbar instrumentalisiert von NATO-Lobbyisten, die nicht bestehende "russische Einflussnahme" auf dem Balkan zu ihrem Thema erwählt.

Die radikal-islamischen Bosniaken mit ihrem auf Ankara gerichteten Blick verstehen offensichtlich das Spiel der Großen nicht und kommen einerseits mit ihrem Ehrgeiz, gemeinsam mit der Türkei NATO-Mitglied zu werden, und andererseits mit dem Widerstand der Serben gegen ebendiesen NATO-Beitritt kaum zurecht.

Aber es ist schwierig, dies der lokalen Öffentlichkeit, geschweige denn Ausländern, die mit und wegen der Formel "Jeder gegen jeden" im instabilen postjugoslawischen Raum verwirrt sind, zu erklären.

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