Meinung

Pure Demagogie: Merz fordert Weihnachts-Waffenruhe, im ersten Kriegsjahr war Kiew schwer dagegen

Die von ihm für Tod erklärte Diplomatie hat nun angeblich an Dynamik gewonnen. Und wenn die Russen trotz der Bombardierung von Kindergräten noch einen Rest an Menschlichkeit in ihrer gottverlassenen Seele haben, dann müssen sie einem Weihnachts-Waffenstillstand zustimmen. Meint zumindest der Bundeskanzler.
Pure Demagogie: Merz fordert Weihnachts-Waffenruhe, im ersten Kriegsjahr war Kiew schwer dagegen© Urheberrechtlich geschützt

Von Achim Detjen

"Wir haben in den vergangenen Tagen eine große diplomatische Dynamik, vielleicht die größte seit dem Beginn des Krieges am 24. Februar 2022, erlebt", sagte Bundeskanzler Friedrich Merz nach den Gesprächen in Berlin, an denen neben Vertretern der Ukraine und der USA auch verschiedene europäische Regierungschefs teilnahmen.  

Dass dabei von einer "diplomatischen Dynamik" keine Rede sein kann, sollte jedem denkbegabten Wesen klar sein. Denn hier haben allein die Unterstützer einer der beiden Kriegsparteien mit sich selbst geredet. Zu einem Tango gehören aber bekanntlich zwei. Und solange Russland nicht auf dem diplomatischen Parkett das Tanzbein schwingt, gibt es keine Dynamik.

Eine Aufforderung zur Teilnahme an dem Tango wurde Russland jedoch von der europäischen "Koalition der Willigen" stets verwehrt, der der Schrecken in die Glieder fuhr, als Washington unter Donald Trump Moskau zum Tanz aufforderte. 

Wenn Merz nun von einer "diplomatischen Dynamik" spricht, so kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kanzler und sein Kabinett ja fast schon stolz darauf sind, sich jedem direkten Gespräch mit Moskau zu verweigern. Und natürlich sollte dabei auch nicht vergessen werden, dass der ehemalige BlackRock-Manager noch vor nicht langer Zeit bei einer Kampfrede im Bundestag getönt hatte:

"Und ich will es Ihnen noch etwas deutlicher sagen: Die Mittel der Diplomatie sind ausgeschöpft."

Merz hatte im Juli etwas für ausgeschöpft erklärt, dessen er sich nie zuvor bedient hatte. Das grenzte schon fast an Magie, allerdings leider eher an "schwarze Magie" – denn dass der Kanzler von dem Gedanken beseelt ist, die Ukraine bis zum letzten Mann kämpfen zu lassen, davon zeugte sein Telefonat mit Wladimir Selenskij vor einem Monat. Darin forderte er vom ukrainischen Machthaber, die Ausreise junger Männer aus seinem Land doch bitte zu unterbinden, damit die auf dem Schlachtfeld als Kanonenfutter zum Einsatz kommen können.

Und jetzt fordert der Kanzler eine Waffenruhe, wenigstens zu Weihnachten. Getrieben ist der Friedrich dabei aber nicht von plötzlich in ihm erwachter Friedfertigkeit, vielmehr sieht er darin ein geeignetes Mittel, einmal mehr die deutsche Bevölkerung mit demagogischen Lügen gegen den russischen Teufel aufzuhetzen, in dem frommen Wunsch, dies würde sich eines Tages im Sinne der gewünschten Kriegstüchtigkeit auszahlen – denn wenn das mit dem "letzten Ukrainer" vollbracht wurde, müssen schließlich andere ran.   

Auf einer Pressekonferenz am Montag im Beisein von Selenskij sagte Merz wörtlich:

"Ich will die Gelegenheit auch nutzen, hier noch einmal wirklich nachdrücklich an die russische Regierung, an den russischen Präsidenten zu appellieren, wenigstens über Weihnachten das ukrainische Volk unbehelligt zu lassen von weiteren Bombenangriffen und Raketenangriffen, die sich ja fast ausnahmslos gegen die zivile Infrastruktur, gegen Kindergärten, Krankenhäuser, Energieversorgungseinrichtungen richten. Das ist Terror gegen die Zivilbevölkerung, und vielleicht hat die russische Staatsführung einen Rest an menschlichem Anstand und lässt wenigstens die Bevölkerung über Weihnachten mit diesem Terror einmal für ein paar Tage in Ruhe."

Mit der Behauptung, Russland würde Kindergärten bombardieren, gehen Merz und andere Vertreter seiner Regierung und Partei ja gewohnheitsmäßig hausieren. Kinder ins Spiel zu bringen, ist nicht erst seit der "Brutkastenlüge" ein bei Demagogen bewährter Griff in die Mottenkiste zur Feindbild-Akquise. 

Beispielsweise Norbert Röttgen vergangenen Monat in der ARD-Sendung von Sandra Maischberger. Dort behauptete der CDU-Außenpolitiker, dass Russland Kindergärten gezielt bei Tage angreift – um zu gewährleisten, dass sich auch bestimmt Kinder in dem anvisierten Gebäude befinden. Wörtlich sagte Röttgen:

"In der Ukraine werden Kindergärten am Tag mit den Kindern im Kindergarten bombardiert. Das ist die Realität."

Nein, das ist nicht die Realität, das ist Demagogie der durchschaubarsten Sorte. Russland hat noch nie Kindergärten angegriffen. Der Beweis für diese Behauptung ist leicht erbracht: Wäre es wahr, was Merz oder Röttgen unterstellen, die Bilder zerfetzter Kinder und der um sie trauernden Angehörigen würden im deutschen Fernsehen rauf und runter laufen. Dass der Medienkonsument diese Bilder noch nie zu sehen bekommen hat, ist einer einfachen Tatsache geschuldet: Sie existieren nicht.

Ihre Nicht-Existenz ist der Beleg dafür, dass Scharlatane wie Merz oder Röttgen nichts anderes als Gräuelpropaganda betreiben. Wenn Merz in diesem Zusammenhang dann noch "einen Rest an menschlichem Anstand" beanstandet, dann ist das auch nur Ausdruck purer Demagogie – und zeugt einmal mehr von seinem skrupellos verlogenen Charakter.

Der Adressat des unterstellten Mangels an Menschlichkeit ist völlig falsch gewählt. Dieser müsste Kiew lauten – und ebenfalls Berlin, denn es war Russland, nicht die Ukraine, das im ersten Kriegswinter einseitig eine Weihnachts-Waffenruhe verkündete. Es blieb bei der Einseitigkeit, denn Kiew wies das temporäre Schweigen der Waffen als "zynische Falle" zurück

Und auch Deutschlands damalige Außenminister-Darstellerin Annalena Baerbock, die darin geübt war, Krokodilstränen über das tägliche Sterben in der Ukraine zu vergießen, "warnte" vor einer Aussetzung des täglichen Sterbens. Die Begründung der selbst ernannten "Völkerrechtlerin":

"Eine sogenannte Feuerpause bringt den Menschen, die unter russischer Besatzung in täglicher Angst leben, weder Freiheit noch Sicherheit."

Dass es durchaus eine Freiheit ist, keine Angst vor Bomben und Granaten – wenn auch nur für einige Tage – haben zu müssen, dazu fehlte dem grünen Hüpftalent jedoch die Empathie oder die kognitive Kapazität. Vermutlich beides. 

Im Verlauf des Krieges hat Russland wiederholt eine Waffenruhe verkündet. Waren die Anlässe auch verschieden, so hatten die Feuerpausen eines immer gemeinsam: Sie blieben einseitig. 

Dass sich Kiew und Berlin nun plötzlich selbst für eine Feuerpause zu Weihnachten aussprechen, hat nichts mit dem Wunsch nach einem friedlichen Fest zu tun – und wird aus diesem Grund von Moskau auch zurückgewiesen:

"Wir wollen Frieden. Wir wollen keinen Waffenstillstand, um der Ukraine eine Atempause zu verschaffen und sich auf die Fortsetzung des Krieges vorzubereiten",

begründete Kremlsprecher Dmitri Peskow, warum man in Moskau der Friedens-Demagogie des Kanzlers und ähnlicher Konsorten nicht auf den Leim gehen wird. 

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