Meinung

ESC gerät unter Druck: Russland und Weissrussland ausgeschlossen, Israel tritt an

Der Ausschluss Russlands und Weissrusslands beim Eurovision Song Contest (ESC), während Israel teilnehmen darf, löst Kritik an der Inkonsistenz der Organisatoren aus. Viele sehen darin eine politisch motivierte Auswahl, die das Vertrauen in den Wettbewerb untergräbt.
ESC gerät unter Druck: Russland und Weissrussland ausgeschlossen, Israel tritt an© Harold Cunningham

Von Hans-Ueli Läppli

Der Streit um Israels Teilnahme 2026 legt ein strukturelles Problem der europäischen Medienlandschaft offen: den Umgang mit politischer Einflussnahme und kultureller Abgrenzung.

Die Europäische Rundfunkunion betont zwar ihre Rolle als neutrale Instanz, doch dieser Anspruch verliert an Überzeugungskraft, sobald man auf frühere Entscheide blickt.

Besonders hervortritt die Frage, weshalb Russland und Weissrussland ausgeschlossen wurden, während Israel trotz anhaltender Kontroversen im Wettbewerb verbleibt.

Der Ausschluss Russlands erfolgte 2022 innerhalb von Tagen. Weissrussland war bereits zuvor entfernt worden, weil der staatliche Sender die redaktionellen Vorgaben nicht erfüllt hatte. In beiden Fällen verwies die EBU auf grundlegende Werte, die zu schützen seien. Das Vorgehen wirkte entschlossen und eindeutig.

Im Fall Israel zeigt sich ein anderer Umgang. Mehrere europäische Sender machen seither auf politische Belastungen und eine stark polarisierte Lage im Nahen Osten aufmerksam.

Trotzdem hält die EBU an der Teilnahme fest. Der Vergleich zeigt ein Muster: Bei Russland und Weissrussland reichte die politische Situation aus, um sofortige Konsequenzen zu ziehen. Bei Israel genügt ein ähnlicher Kontext offenbar nicht. Die Behauptung der Neutralität wirkt dadurch selektiv.

Auch die europäischen Aussteiger tragen zu dieser Unschärfe bei. Einige Sender, die sich für 2026 zurückziehen, waren im Vorjahr trotz Kritik an Israel angetreten und beteiligen sich weiterhin am Junior-Wettbewerb. Die moralische Linie bleibt dadurch brüchig. Wer politische Signale setzen will, müsste dies über alle Formate hinweg tun.

Das Grundproblem liegt tiefer. Der Wettbewerb versteht sich als unpolitische Kulturplattform, doch in der Praxis bildet er geopolitische Spannungen ab. Die EBU versucht, mit formalen Regeln gegenzusteuern, kann jedoch keine konsistente Linie halten. Entscheidungen wirken situativ, Staaten reagieren mit Rückzügen, und das Vertrauen in das Format erodiert.

Wien 2026 wird damit zum Prüfstein für die Glaubwürdigkeit des Wettbewerbs. Wer Neutralität für sich beansprucht, muss sie konsequent anwenden. Bleibt die EBU bei ihrer aktuellen Praxis, droht die Neutralität zur Floskel zu werden.

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