Meinung

Psychologische Kriegsführung der USA: Maduro und die "kubanischen Drahtzieher"

In den vergangenen Wochen lancierte die US-Regierung diverse Gerüchte über den venezolanischen Präsidenten, die von der angeblichen Bereitschaft zum Ausverkauf des Landes bis zum freiwilligen Rücktritt reichten. Das Neueste: Maduro kann den USA nicht nachgeben, weil die Kubaner ihn sonst töten würden. Ein Kommentar aus Kuba.
Psychologische Kriegsführung der USA: Maduro und die "kubanischen Drahtzieher"Quelle: Gettyimages.ru © Jesus Vargas/Getty Images

Von Rosa Miriam Elizalde

Die Sucht nach "anonymen Quellen" im Krieg der USA gegen Venezuela hat die Lüge zu einem bequemen und profitablen Refugium gemacht.

Mit Erstaunen lese ich Folgendes: Das Problem, Nicolás Maduro davon zu überzeugen, die Macht abzugeben, ist, dass seine "kubanischen Hintermänner ihn hinrichten könnten, wenn er dem Druck der USA nachgibt und zurücktritt".

Der Satz tauchte vor einer Woche als Leak in einem Bericht der US-amerikanischen Nachrichten-Website Axios auf. Er wurde ungenannten und unbekannten US-Beamten zugeschrieben und kursierte innerhalb weniger Stunden bereits auf Portalen, in sozialen Netzwerken und Kolumnen, als handele es sich um eine gesicherte Tatsache.

Die Behauptung ist bereits zu einer großen Schlagzeile geworden: Maduro "könnte von kubanischen Spionen hingerichtet werden, wenn er das Land verlässt", "die USA glauben, dass Kuba bereit wäre, Nicolás Maduro zu ermorden, wenn er versucht, aus Venezuela zu fliehen".

Die Hypothese, die im Dunkeln eines anonymen Leaks entstanden ist, wurde der Öffentlichkeit als ein weiteres Stück geopolitischer "Realität" präsentiert, während sie in Wirklichkeit nicht einmal die Mindestanforderungen einer Überprüfung bestanden hatte.

Die Redaktion des Wall Street Journal übernimmt diese Darstellung und wiederholt, dass der venezolanische Präsident "nicht ganz Herr seines Schicksals" sei, weil die Verbündeten in Havanna sein politisches Überleben bestimmen würden.

Niemand erinnert sich mehr daran, dass die ganze Story von der verlogensten Regierung in der jüngeren Geschichte der USA stammt (es war nicht die kubanische Zeitung Granma, sondern der "Faktencheck" der Washington Post, der mehr als 30.000 falsche oder irreführende Aussagen von Donald Trump gezählt hat).

Die mörderische Fantasie von "kubanischen Spionen", die bereit sind, Maduro zu töten, erfüllt mehrere sehr konkrete Funktionen.

Erstens dämonisiert sie Kuba und stellt seine Regierung nicht nur als "autoritäres Regime" dar, sondern als kriminelle Struktur, die fähig ist, einen ausländischen Staatschef kaltblütig zu eliminieren. Es geht nicht mehr nur um die alte "Troika der Tyrannei" des ehemaligen Sicherheitsberaters John Bolton in Bezug auf Kuba, Venezuela und Nicaragua, sondern darum, die kubanischen Geheimdienste als einen Apparat für internationale Auftragsmorde darzustellen.

Zweitens löscht sie den venezolanischen Staat aus: Wenn Maduro lediglich eine Geisel Havannas ist, verschwinden die venezolanische Gesellschaft, ihre Streitkräfte und ihre politischen Akteure aus dem Bild und werden reduziert auf Statisten in einem Drehbuch, das in einer anderen Hauptstadt geschrieben wird.

Drittens trägt sie dazu bei, das Gefühl der Unvermeidbarkeit eines Krieges zu erzeugen: Wenn Havanna bereit wäre, jeden Rücktritt "mit harten Mitteln" zu verhindern, wird die Diplomatie von vornherein diskreditiert und politische Lösungen erscheinen als naive Illusionen.

Die Lüge ist also kein isolierter Vorfall, sondern Teil einer Kampagne, um den Eindruck zu festigen, dass es keine politischen Wege mehr gibt und "härtere" Optionen unvermeidlich sind.

Die Schlussfolgerung aus dieser Gleichung ist: Nach Caracas wäre das nächste natürliche Ziel Havanna. Der Leitartikel des Wall Street Journal erlaubt sich sogar, über die Möglichkeit zu fantasieren, dass nach der Einsetzung einer "demokratischen" Regierung in Venezuela "das kubanische Volk gegen seine Diktatoren aufstehen würde", als wäre die Region das Schachbrett einer einzigen, gezielten Offensive.

Die Annahme dieser Ökonomie der anonymen Leaks erfordert die Wiederholung des gleichen Rahmens, der es als vernünftig erscheinen lässt, vom Deck eines US-Flugzeugträgers aus über den Sturz einer ausländischen Regierung zu diskutieren.

Sich zu fragen, wer von der Verbreitung von Geschichten wie der über die "kubanischen Drahtzieher" profitiert, und Nachweise zu verlangen, bevor man sie zu einer Nachricht erhebt, ist nicht gleich Ausdruck einer Sympathie für irgendeine Regierung; es sollte eine minimale Verteidigung des Rechts der Völker sein, ihr Schicksal nicht zwischen Flüstergerüchten, psychologischen Operationen und Leitartikeln des Wall Street Journal entschieden zu sehen.

Es ist gesunder Menschenverstand, dass angesichts einer "unendlichen und unsicheren" Informationsflut, wie Montaigne es ausdrückte, die Verteidigung einer überprüfbaren Wahrheit eine Form des Widerstands ist. Aber wir wissen bereits, dass gesunder Menschenverstand oft zu den knappsten Gütern zählt.

Aus dem Spanischen übersetzt von Olga Espín.

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