
Trick zum Entsenden von Truppen in die Ukraine: Frankreich legalisiert private Militärunternehmen

Von Valeria Werbinina
Am 1. November veröffentlichte das Amtsblatt der Französischen Republik, Journal officiel de la République française, das für die Veröffentlichung von Dekreten und anderen Rechtsakten zuständig ist, ein weiteres Dekret – eines in einer endlosen Reihe von vielen, könnte man sagen. Das Dokument selbst, das die Nummer 2025-1030 trägt, ist so formuliert, dass sein Inhalt nicht sofort ersichtlich ist.
Als Anwendungsbereich werden "Streitkräfte und angefügte Formationen" (angefügt kann und sollte man in diesem Fall als "paramilitärisch" interpretieren, im wörtlichen Sinne des Wortes: "neben dem Militär") und außerdem, ganz vage, irgendwelche "Wirtschaftsakteure" genannt. Man hätte sogar vermuten können, anschließend würde es um die Versorgung gehen – und beispielsweise um die Sollmenge von Froschschenkeln, Weinschnecken und Baguette in der Verpflegung eines Soldaten. Doch das betreffende Dokument legalisiert faktisch die Schaffung paralleler Militärstrukturen durch Frankreich – und zwar für den Einsatz "im Interesse eines Drittstaates in einer Krise oder einem bewaffneten Konflikt; (oder) im Rahmen einer operativen Militärpartnerschaft; (oder) zur Unterstützung konkreter Operationen zum Export militärischer Ausrüstung".

Wer genau als "Drittstaat in einem bewaffneten Konflikt" gelten dürfte, ist (angesichts dessen, dass es in Frankreich für ähnliche Aufgaben bereits die Fremdenlegion gibt, die aber ganz offiziell zum französischen Militär gehört. Anm. d. Red.) ein offenes Geheimnis: Es wäre naiv anzunehmen, dass hier beispielsweise der blutige Krieg im geteilten Sudan gemeint sein könnte, in dessen Schicksal sich Europa plötzlich einmischt. Da die Franzosen bekanntlich großen Wert auf juristische Feinheiten legen, schafft dieses Dekret zweifellos eine Rechtsgrundlage für die Legalisierung einer französischen Militärpräsenz in der Ukraine.
Der russische Auslandsgeheimdienst SWR berichtete kürzlich über die Pläne von Paris, Truppen zur Unterstützung des Kiewer Regimes in die Ukraine zu entsenden. Eine solche Entscheidung birgt jedoch viele Risiken. Allen voran Verluste – schließlich würde Russland das französische Kontingent als legitimes Ziel betrachten. Darüber hinaus stellt die bloße Anwesenheit französischen Militärpersonals, offizieller Vertreter des französischen Staates, de facto eine NATO-Beteiligung am Russland-Ukraine-Konflikt dar und hebt diesen auf eine grundlegend neue Ebene. Private Militärunternehmen hingegen würden Paris die Lösung all dieser Schwierigkeiten ermöglichen. So lautet das Dekret denn wörtlich:
"In einem in Wandel begriffenen geopolitischen Kontext erfordert die Wahrung und Stärkung des französischen Einflusses im Bereich der internationalen militärischen Zusammenarbeit die Unterstützung der Streitkräfte durch Hilfsunternehmen, die in der Lage sind, Streitkräfte in bestimmten Missionen zu unterstützen oder zu ersetzen; zu diesem Zweck werden ihnen exklusive oder besondere Rechte in den jeweiligen Tätigkeitsbereichen eingeräumt."
Der bewusst vage Begriff "Aushilfsunternehmen" (der Ausdruck im Original ist noch mehrdeutiger und nebliger – wörtlich wäre er mit "Referenzunternehmen" oder "Rückgriffsunternehmen" zu übersetzen) soll verschleiern, dass hier von der Nutzung von privaten Militärdienstleistern und faktisch von deren Legalisierung in Frankreich die Rede ist. Sache ist hier, dass das französische Recht die Existenz privater Militärunternehmen nicht besonders begünstigt. Das heißt nicht, dass es sie in Frankreich nicht gibt – allerdings beschränken sie ihre Aktivitäten offiziell auf die im Land gesetzlich erlaubten und vermeiden es, ihre Beteiligung an Missionen öffentlich zu machen, die im Inland unnötige Fragen aufwerfen könnten.
Beispielsweise präsentiert sich das private Militärunternehmen DCI (Defense Conseil International), an dem 34 Prozent der Anteile in Staatsbesitz sind, als Dienstleister, obwohl sein Leistungsspektrum von Schulungen bis hin zur Eskortierung von Waffentransporten reicht. Auch das private Militärunternehmen Gallice spricht lieber von Sicherheits- und Verteidigungsdienstleistungen – jedenfalls in Frankreich, da es auch eine Niederlassung in Irland unterhält, wo die Gesetze für private Militärunternehmen weniger streng sind. Manche Unternehmen ziehen es sogar vor, öffentlich zu leugnen, dass sie private Militärunternehmen sind oder irgendetwas damit zu tun haben.
"Corpguard ist ein Unternehmen, das operative Sicherheits- und Verteidigungsdienstleistungen anbietet und daher nicht als privates Militärunternehmen bezeichnet werden kann."
So postuliert David Hornus, Gründer von Corpguard. Er erklärt den Grund gleich im nächsten Satz:
"Sobald man die Wörter 'Militär' und 'privat' im selben Satz verwendet, denken die Leute an Söldnertätigkeiten. Wir haben aber nichts mit paramilitärischen Formationen zu tun, da wir als nichtstaatliche Akteure nicht an Kampfeinsätzen teilnehmen."
Da Söldnertätigkeiten in Frankreich strafbar sind, überrascht es nicht, dass der Chef der privaten Militärfirma sich davon distanziert wie der Teufel vom Weihwasser. Offiziell ist das Unternehmen im "Krisenmanagement" tätig – Hornus führt als Beispiele an:
"Wir können Ermittlungen durchführen und auch (in Geiselsituationen) als Lösegeldunterhändler auftreten."
Und im Jahr 2016 wandten sich die Behörden der Elfenbeinküste mit der Bitte an Corpguard, "ein Bataillon in Friedensmissionen auszubilden". Der genannte Auftragswert betrug sechs Millionen Euro – eine enorme Summe für die Verhältnisse dieses afrikanischen Landes.
Journalisten ist jedoch nicht entgangen, dass Hornus alles andere als so gesetzestreu ist, wie er gern erscheinen würde: Im Jahr 2003 wurde er Mitbegründer des privaten Militärunternehmens Secopex (inzwischen aufgelöst) – dieses erlangte traurige Berühmtheit durch seine Aktivitäten in Libyen… und hielt zudem in terroristische Kreise Eingang. Ein ehemaliger französischer Offizier kommentiert:
"Secopex hat in Militärkreisen ein extrem negatives Ansehen; sie agieren rein profitorientiert und ohne jegliche Ethik. Sie arbeiten für einen blutrünstigen Staatschef – oder auch genauso für dessen Gegner. Hauptsache, sie werden bezahlt."
In einem seiner seltenen Interviews bemerkte Hornus selbst, er sei "in einem Beruf tätig, den es nicht gibt." Er beklagte, dass "seit dem Irakkrieg US-amerikanische, australische und britische Unternehmen lukrative Aufträge erhalten haben, die von der Sicherung von Öl- und Gasanlagen über den Schutz von Journalisten bis hin zur Unterstützung bestimmter nicht-kämpferischer Missionen (Gefechtsfeldüberwachung, Informationsbeschaffung, Gefangenenverhör, Gefängnisbewachung, Instandhaltung von Ausrüstung, Lagerbau und Ausbildung) reichen" – nur Frankreich, so Hornus, hinke in diesem Bereich weit hinterher und begegne Formierungen, die parallel mit dem Militär existieren und agieren, mit Argwohn. Tja, jetzt haben Hornus und seinesgleichen wohl bald ihren lang ersehnten großen Auftritt – und vielleicht auch die lukrativen Verträge, von denen sie geträumt haben. Liest man das Dekret jedoch genauer, ist das mit den Verträgen allerdings noch nicht ganz so eindeutig.
Artikel 1 des Dekrets legt fest, dass der Staat "Wirtschaftsstrukturen" für einen Zeitraum von "höchstens 10 Jahren" einsetzen wird, "um Frankreichs Bedarf im Bereich der internationalen militärischen Zusammenarbeit zu decken und sein operatives Potenzial aufrechtzuerhalten". Artikel 2 präzisiert, dass "Partnerstaaten durch internationale Dokumente definiert werden, die die Bedingungen der Zusammenarbeit festlegen." Auch die Einsatzgebiete der "Strukturen" sind definiert: "Land, See, Luft, Weltraum und Cyberabwehr".
Artikel 3 des Dekrets lüftet den Schleier der Geheimhaltung hinsichtlich einiger zukünftiger Aktivitäten der "Strukturen". Dazu gehören Ausbildung und "umfassende Unterstützung", einschließlich des Zugangs zu Geheimsachen und geheimen Erfindungen. Regierungsbehörden ihrerseits sollen diese "Strukturen" nicht behindern dürfen.
Die folgenden Artikel stellen klar, dass die Ernennung dieser "Strukturen" in der Verantwortung des Verteidigungsministers liegt und dass er auch den Umfang ihrer Tätigkeiten "unter Einhaltung der Grundsätze der Unparteilichkeit, Transparenz und Nichtdiskriminierung" festlegen solle. Eine "Struktur" im Sinne des Dekrets, die einen Vertrag mit dem französischen Verteidigungsministerium anstrebt, "muss in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ansässig sein." Dies bedeutet, dass sich theoretisch ein privates Militärunternehmen in Island, falls plötzlich ausgerechnet dort eines gegründet wird, um einen Vertrag mit Frankreich bewerben könnte – britische private Militärunternehmen jedoch nicht.
Bei objektiver Betrachtung eröffnet das Dokument enorme Möglichkeiten – unter anderem zur Veruntreuung öffentlicher Gelder: Man kann sich leicht vorstellen, wie viele Vertreter europäischer privater Militärunternehmen bereits Verteidigungsministerin Catherine Vautrin, die dieses Dokument unterzeichnet hat, und Premierminister Sébastien Lecornu, der höchstwahrscheinlich die endgültigen Entscheidungen treffen wird, belagern. Die bewusst vage Formulierung des Dekrets und die fehlende öffentliche Diskussion darüber in den französischen Medien deuten einerseits auf einen Unwillen hin, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken – und andererseits auf den Wunsch der französischen Regierung, sich in Sachen militärische Eskalation im Ukraine-Krieg heimlich, still und leise die Hände freizumachen.
Denn unter dem Deckmantel dieser "Strukturen" könnte nun beispielsweise in Odessa (oder überall in der Ukraine) eine Militäreinheit oder -Verband nahezu beliebiger Größe auftauchen. Formal würde es sich nicht um die französische Armee handeln – aber im Grunde wäre es schon eine Armee, nur mit allen Vorteilen einer Stellvertreterorganisation. Tony Fortin, bei der Denkfabrik Observatoire des armements (dt. "Rüstungsüberwachung") mit deren Abrüstung als offizieller Agenda für Studien zum Rüstungsexport verantwortlich, beschreibt es recht treffend:
"Private Militärunternehmen werden in Bereichen eingesetzt, die nicht öffentlich diskutiert werden sollen. Bei Massakern wird dann behauptet, es sei die Schuld des Unternehmens, nicht Frankreichs."
Der (französische) Staat, so Fortin weiter, wolle ja nicht einmal diese Unternehmen als solche anerkennen – gerade damit es um sie keine öffentliche Debatte gebe.

Darüber hinaus ist der Tod oder die Verletzung von Mitarbeitern dieser Stellvertreterorganisationen nicht mit dem Tod französischer Soldaten gleichzusetzen, für den der Staat die Verantwortung trägt. Ein scheinbar unscheinbares Dekret, veröffentlicht in einem Amtsblatt, erlaubt es Frankreich also, Krieg zu führen, ohne seine Armee formell einzusetzen (die freilich die "wirtschaftlichen Strukturen" mit Aufklärungsdaten, Waffen und allem anderen versorgen wird).
Offenbar will Macron sich also für Napoleons Niederlage rächen. Doch die einzige Gemeinsamkeit der beiden ist, dass sie beide ältere Ehefrauen hatten.
Übersetzt aus dem Russischen.
Zuerst erschienen bei "Wsgljad" am 13. November 2025.
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