
In der Realsatire angekommen – Einmischung der BBC in US-Wahlen

Von David Narmanija
"Wir gehen zum Kapitol, ich gehe mit euch, und wir werden kämpfen. Wir werden kämpfen wie Hölle! Und jeder, der nicht wie Hölle kämpfen will, sollte verstehen: Wenn er es nicht tut, werden wir unser Land verlieren! Goida!"
So rief Trump am 6. Januar 2021 bei einer Wahlkampfveranstaltung vom Rednerpult, woraufhin seine Anhänger das Kapitol "erstürmten". Er versuchte damit, das Ergebnis der verlorenen Wahl zu kippen.
Na gut, "Goida!" – ein im alten Russland gängiger Schrei, mit dem man unmittelbar zum entschlossenen Handeln aufrief oder die Billigung für irgendetwas ausdrückte und der heute in die russische Sprache erneut Einzug gehalten hat, diesmal eher als Mem – kam in Trumps Rede nicht vor. Nicht einmal im Zitat laut der BBC. Dennoch ist das obige Zitat aus einem BBC-Film das Ergebnis zynischer, aber handwerklich geschickter Bearbeitung und Montage. Im Original klang es völlig anders.
In Wirklichkeit betonte der Republikaner, dass die anwesenden versammelten Menschen die Senatoren und Repräsentanten, die die Wahlergebnisse auszählten, "friedlich und patriotisch" unterstützen sollten. Nochmals:

BBC-Journalisten vermischten Trumps Aufruf zum Gang nach dem Kapitol einfach mit anderen Worten, die er fast eine Stunde später in derselben Rede äußerte: An jener Stelle sprach er von der Notwendigkeit, weiterhin für das Land zu kämpfen. Die Formulierung aus dem ersten Teil, die auf ein friedliches Vorgehen hinwies, schmiss man in weiser Voraussicht ersatzlos raus.
Bemerkenswerterweise geschah dies durch die Macher einer BBC-Sendung mit dem Titel "Panorama". Für eines Russen Ohr ist der Titel deswegen sehr einprägsam, weil "Panorama" auch der Name eines russischen online-Portals für (größtenteils politische) Satire ist – von der Machart sehr ähnlich dem deutschen Postillon oder Gazetteur oder dem US-amerikanischen Babylon Bee.
Auf der BBC-Website des Senders wird "Panorama" als "Reihe investigativer Dokumentarfilme, die die Wahrheit über wichtige Geschichten ans Licht bringt" beschrieben. Zu den wichtigen Geschichten, die die britischen Dokumentarfilmer untersuchten, gehörte unter anderem Russlands angebliche Einmischung in die US-Wahlen im Jahr 2016.
Im Juli 2025 veröffentlichte die US-Direktorin des Nationalen Nachrichtendienstes, Tulsi Gabbard, einen Bericht, in dem die gesamte Geschichte der angeblichen Moskauer Versuche, die Wahlergebnisse in den USA zu beeinflussen, als Lüge anerkannt wurde. Doch das weiß man heute. Im Jahre 2017 aber veröffentlichte dieselbe britische Sendung "Panorama" eine aufsehenerregende "Untersuchung", die mit Nachdruck argumentierte, dass Trump von Strippenziehern des Kremls an die Macht gebracht worden sei. Die Argumente waren schlicht erdrückend: Trump besuchte Russland in den 1980er-Jahren und betrieb dort auch später noch Geschäfte – was auf Verbindungen zu, Achtung!, … internationalen Mafia-Syndikaten hindeute. Darüber hinaus veranstaltete er im Jahr 2013 die Miss-Universe-Wahl in Moskau – was braucht es da noch für einen Beweis seiner Verbindungen zu Russland? Und als ob das alles nicht schon genug wäre, witzelte Putin auf einer Pressekonferenz, niemand außer Russland glaube an Trumps Sieg.
Die Filmemacher behaupteten außerdem, der FSB besitze definitiv kompromittierendes Videomaterial von Trump mit Prostituierten. Selber haben sie es natürlich nicht gesehen, aber es müsse existieren! Es könne gar nicht anders sein.
Dazu gibt es nichts mehr zu sagen – da wurde die "Wahrheit über wichtige Geschichten" ans Licht gebracht, so und nicht anders!
Und nun schreiben wir das Jahr 2025. Trump ist wieder US-Präsident. Jegliche russische Einmischung in US-Wahlen hat es nie gegeben. Weder im Jahr 2016 noch im Jahr 2024.
Aber offenbar gab es dafür britische Einmischung. Denn der Film mit Aufrufen zu einem Angriff auf das Kapitol wurde im Oktober 2024 gezeigt – weniger als einen Monat vor den US-Wahlen. Und es ist schwer, darin etwas anderes zu sehen als einen Versuch, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Richtet die Britin also auch auf der anderen Seite des Atlantiks Chaos an?
Der Skandal hat bereits zu Rücktritten geführt: Geschäftsführer Tim Davie und Nachrichtenchefin Deborah Turness mussten beide ihren Posten verlassen. Trump fordert eine Milliarde Dollar Entschädigung vom Sender, während die BBC-Mitarbeiter selbst gespalten sind: Einige glauben, der Amerikaner versuche, die Pressefreiheit einzuschränken, und die Rücktritte seien ein Zeichen von Schwäche seitens des Sender-Managements. Andere sind überzeugt, der Sender habe zwar einen Fehler gemacht … aber auch nicht mehr.
Und wir müssen Letzterem zustimmen. Allein: Der Fehler ist nicht, dass die ehrlichen britischen Journalisten gelogen haben – sondern, dass sie sich ertappen ließen.
Für ein jahrhundertealtes Lügenimperium sind solche Fehltritte nämlich inakzeptabel. Dass Großbritanniens wichtigstes Propagandainstrument journalistischen Standards bei Weitem nicht genügt, ist schließlich für niemanden ein Geheimnis. Seltsam nur, dass dieses Instrument nicht dazu benutzt wird, einen Putsch in Iran zu inszenieren, wie in den 1950er-Jahren.
Jetzt wird es gegen Großbritanniens wichtigsten Verbündeten eingesetzt. Und Washington wird sich wahrscheinlich fragen: Handelt es sich hier um willkürliches Handeln der Medienmanager – oder um einen Dolchstoß in den Rücken aus London?
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 11. November 2025.
David Narmanija ist ein russischer Kolumnist, politischer Beobachter und Kommentator sowie Blogger. Er schreibt Kommentare unter anderem für die Nachrichtenagenturen RIA Nowosti und Sputnik.
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