
Xi Jinping hat Trumps aggressive Diplomatie zurückgedrängt

Von Georgi Bowt
Das Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping in Südkorea führte nicht zu einem Frieden, sondern eher zu einem auf ein Jahr befristeten Waffenstillstand im Handelskrieg. Trumps aggressive Diplomatie, dank der er vielen Ländern, darunter der EU und einer Reihe südostasiatischer Staaten, Zugeständnisse abringen konnte, stieß auf Widerstand seitens Chinas, das zeigte, dass auch die Volksrepublik über zahlreiche Instrumente verfügt, um Einfluss auf die USA auszuüben.
Das Scheitern von Trumps Zollkrieg gegen Peking lässt sich in Zahlen ausdrücken. Chinas Exporte in die USA gingen in den ersten acht Monaten dieses Jahres um 15,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, wobei der US-Anteil an den Gesamtexporten Chinas auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten fiel. Die Exporte in südostasiatische Länder stiegen hingegen im gleichen Zeitraum um 14,6 Prozent. Der chinesische Aktienmarkt verzeichnete ein Wachstum von 34 Prozent, was doppelt so viel ist wie der Anstieg des S&P 500 Index. Der gesamte Handelsbilanzüberschuss Chinas wird in diesem Jahr einen Rekordwert von 1,2 Billionen US-Dollar erreichen.
Dieses "kampfbetonte Unentschieden" (oder vielmehr ein "Punktsieg" des chinesischen Staatspräsidenten Xi) ließ sich bereits unmittelbar nach dem Treffen am Verhalten der beiden Staatschefs ablesen. Es fand weder eine gemeinsame Pressekonferenz statt, noch kam es zu einer gemeinsamen Erklärung. Donald Trump war deutlich weniger gesprächig und äußerte sich nur an Bord seiner "Air Force One", wo er einräumte, dass er einige heikle Themen mit dem chinesischen Staatschef Xi überhaupt nicht diskutiert habe. Unter anderem gestand der US-Präsident ein, dass es sinnlos sei, Peking in der Frage des Verzichts auf russisches Öl unter Druck zu setzen. Es werde trotzdem weiter gekauft werden. Ebenso wenig wurden Sekundärsanktionen gegen China wegen der Umgehung des US-Embargos gegen Russland angedroht.

Alle Vereinbarungen wurden bisher nur mündlich getroffen. Die fehlende Konkretheit in einer Reihe von Verpflichtungen lässt Peking viel Spielraum. Dies ermöglicht es, das Verhalten der US-amerikanischen "Sanktionsverhänger" nachzuahmen, die es mögen, ihre Partner und Konkurrenten "an der kurzen Leine zu halten" und den Druck (einschließlich Sanktionen) je nach deren Verhalten zu verringern oder zu verstärken.
So versprach China, entschlossen gegen den Export von Fentanyl-Ausgangsstoffen, einem synthetischen Opioid, in die USA vorzugehen (im vergangenen Jahr starben in den Vereinigten Staaten mindestens 100.000 Menschen an einer Opioid-Überdosis), ohne jedoch auf Einzelheiten einzugehen. Im Gegenzug werden die USA die Zölle von 20 Prozent auf 10 Prozent senken. Darüber hinaus setzte Peking die strenge Lizenzierung des Exports von Seltenerdmetallen um ein Jahr aus. Diese sollte eigentlich am 9. November in Kraft treten und sah vor, dass alle Unternehmen, deren Produkte Seltenerdmetalle aus China enthalten (und das sind bis zu 90 Prozent des Weltmarktes für einige Positionen), eine Sonderlizenz erhalten müssen. Für Produkte für militärische Zwecke wäre es nahezu unmöglich gewesen, eine solche Lizenz zu erhalten. Dies würde Unternehmen wie Boeing (dessen Militärproduktion einen erheblichen Anteil ausmacht) vom Zugang zu chinesischen Seltenerdmetallen ausschließen. Aber vorerst sind all diese Zugeständnisse nur eine vorübergehende Lösung. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt. Innerhalb eines Jahres können die USA nicht auf andere Lieferanten umsteigen, da es einfach keine gibt.
Darüber hinaus erklärte sich Peking bereit, in den nächsten drei Jahren jährlich 25 Millionen Tonnen Sojabohnen zu erwerben. Dies ist von entscheidender Bedeutung für die sogenannten "roten" US-Agrarstaaten, in denen Trumps Wählerschaft ansässig ist. Im Frühjahr verzichtete China auf den Abschluss von Verträgen über den Kauf von US-amerikanischen Sojabohnen (die es normalerweise in einer Größenordnung von 12 bis 13 Milliarden US-Dollar erwarb) und wich auf Lieferanten aus Brasilien und Argentinien aus. Viele US-Landwirte gerieten dadurch in finanzielle Schieflage, da sie ihre Sojabohnen nicht mehr absetzen konnten: Chinas Exportanteil machte mindestens 25 Prozent aus. Im letzten Moment gelang es den Handelsdelegationen auch, sich auf eine einjährige Aussetzung der Erhebung von Hafengebühren für Schiffe zu einigen, die in die Häfen des jeweils anderen Landes einlaufen. Die USA hatten diese Gebühr für chinesische Schiffe bereits unter dem ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden eingeführt, woraufhin Peking kürzlich mit einer entsprechenden Gebührenerhebung für Schiffe mit Fracht in die USA reagierte.
Bislang weigert sich die USA, die Exportkontrollen im Bereich der Hochtechnologie zu lockern. Dies ist ein Knackpunkt in dem Konflikt zwischen den beiden Großmächten. Zuvor hatte Donald Trump zwar zugelassen, dass Gespräche über die Lieferung neuer leistungsstarker Blackwell-Chips von Nvidia aufgenommen werden könnten. Nun sagt er jedoch, dass die Chinesen diese Frage mit dem Konzern selbst klären sollten und er als Mediator fungieren werde. Es ist durchaus möglich, dass Peking in dieser Frage die Position der USA teilweise "umstimmen" kann. Erstens verzeichnet China bereits große Erfolge in der Chip-Produktion. In Massenproduktion werden Chips mit einem 28-nm-Prozess und höher hergestellt – für Industrie- und Haushaltselektronik. Das Unternehmen SMIC ist jedoch bereits in der Lage, Chips mit einem 7-nm- und sogar einem 5-nm-Prozess herzustellen. Huawei begann in diesem Jahr mit der Produktion von Mikrochips, die für künstliche Intelligenz (KI) benötigt werden, um die Abhängigkeit vom US-Unternehmen Nvidia zu verringern. Zweitens wurde in China eine kartellrechtliche Untersuchung gegen Nvidia eingeleitet, die dazu führen könnte, dass das Unternehmen gezwungen wäre, den chinesischen Premium-Markt zu verlassen.
Als Entgegenkommen setzen die USA die am 29. September angekündigte Regelung aus, wonach Tochtergesellschaften chinesischer Unternehmen in den USA auf eine schwarze Liste gesetzt wurden, wodurch für sie die Geschäftstätigkeit in den Vereinigten Staaten eingeschränkt wurde. Dies hätte zwischen 10.000 und 20.000 chinesische Unternehmen betreffen können. Was den geplanten Verkauf der Anwendung TikTok betrifft, erklärte das chinesische Handelsministerium, dass Peking mit den USA zusammenarbeiten werde, um "die Angelegenheit zu klären", ohne dabei jedoch ins Detail zu gehen. Voraussichtlich sollte das chinesische Unternehmen ByteDance eine Mehrheitsbeteiligung an ein Konsortium unter der Führung des US-Unternehmens Oracle übertragen, jedoch besteht weiterhin Unklarheit über die Höhe der verbleibenden Beteiligung von ByteDance und die Kontrollrechte über die Algorithmen. Bislang ist es den US-Amerikanern aber nicht gelungen, die Chinesen zu "überreden". Eine Enteignung würden sie indes nicht riskieren.
Zudem nahm Donald Trump von seinen Drohungen Abstand, zusätzliche Zölle auf chinesische Importe zu erheben. Diese bleiben bei durchschnittlich 47 Prozent. Angesichts der Tatsache, dass eine Reihe chinesischer Waren von den Zöllen befreit sind, wird der tatsächliche durchschnittliche US-Zollsatz für China von derzeit 40,8 Prozent auf 30,8 Prozent sinken. Für eine Reihe von Waren ist 47 Prozent der Höchstsatz. Dies wird die Wettbewerbsvorteile Chinas auf dem US-Markt nicht untergraben, und der enorme Handelsbilanzüberschuss zugunsten Chinas wird weiterhin Bestand haben.
Sollte der "Deal" mit Xi Jinping nicht klappen, werden die USA ihrerseits die Ermittlungen fortsetzen, die neue Zölle auf chinesische Importe nach sich ziehen könnten. Es geht um die Einhaltung des Handelsabkommens durch China, das bereits während der ersten Amtszeit von Donald Trump geschlossen wurde und aufgrund der COVID-Pandemie, also faktisch aufgrund höherer Gewalt, gescheitert war. Die US-Agrarproduzenten bestehen darauf, dass China seine Verpflichtung, in den Jahren 2020 und 2021 US-Agrarprodukte im Wert von 80 Milliarden US-Dollar zu erwerben, nicht erfüllt habe.
Obwohl diese vorläufigen Vereinbarungen zwischen Donald Trump und Xi Jinping die Beziehungen zwischen den beiden Ländern vorerst stabilisieren können, werden sie die grundlegenden Divergenzen nicht beseitigen. Beide Seiten gewinnen dadurch Zeit, um ihre gegenseitige Abhängigkeit in strategischen Bereichen weiter zu verringern. Vor allem zeigt diese neue Vereinbarung deutlich, wie sehr China im Vergleich zur ersten Amtszeit von Donald Trump an Stärke gewonnen hat.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 31. Oktober 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung "Rossijskaja Gaseta" erschienen.
Georgi Bowt ist ein russischer Politologe, Journalist und Radiomoderator.
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