
Was dem Westen am TV-Sender "RT" nicht passt

Von Alexander Jakowenko
In diesem Monat feiert der TV-Sender Russia Today (RT) sein 20-jähriges Bestehen: Er ist ein unbestreitbar erfolgreiches und herausragendes Medienprojekt des modernen Russlands. Nicht von ungefähr wurde er von westlichen Eliten als Ausdruck "russischer Informationsaggression" verboten. Dabei ließen sie sich von ihrem Gespür leiten – ebenso wie von hohen RT-Einschaltquoten: Wäre es ihnen möglich gewesen, hätten sie das Verbot bereits früher ausgesprochen – ohne es mit der militärischen Sonderoperation in der Ukraine zu verknüpfen und ohne unsere Reaktion auf ihre hybride Aggression in der Ukraine abzuwarten (wobei sie diese hybride Aggression – also die Informationsaggression – uns zuzuschreiben versuchten).

Wie lässt sich dieser Erfolg erklären? RT drang wie ein Piratenschiff in den von den Eliten streng kontrollierten "Hafen" des westlichen Informationsraums ein und begann, in einer für einfache Menschen verständlichen Sprache zu "feuern", unabhängig davon, um welches Land es sich handelte. Die traditionellen Medien, einschließlich der elektronischen, hatten zu diesem Zeitpunkt bereits das westliche und weltweite Publikum mit ihrem "Vogelgezwitscher", das in pure Langeweile überging, überfordert. Genau wie die Politiker verwendeten sie eine für den Durchschnittsbürger unverständliche Sprache der politischen Korrektheit und vermieden gesellschaftlich relevante Themen. Sie produzierten und schwatzten dem Publikum eine Parallelrealität auf, die den wahren Ist-Zustand in den westlichen Ländern verschleierte, also die Situation, in der sich die Mehrheit der Menschen befindet.
Diese Politik der "Durchschnittlichkeit" brachte den demokratischen Prozess im wahrsten Sinne des Wortes zum Erliegen: Der Pluralismus der Meinungen und politischen Programme ging verloren, sodass es keine Alternativen mehr gab. Es entwickelte sich eine Vertrauenskrise der Wählerschaft gegenüber dem Establishment und den von ihm kontrollierten Medien. Dies führte schließlich zu einer Krise des Liberalismus an sich, als die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Medien- und Informationsraum raffiniertere Formen annahm und unter dem Vorwand einer erfundenen Bedrohung durch "russische Aggression" durchgeführt wurde: Welche sachliche Diskussion sei überhaupt möglich, wenn "der Feind vor den Toren steht" und alles "Heilige" angreift, einschließlich ebendieser Meinungsfreiheit?
Ich habe dies in London beobachtet, als die konservative Regierung von David Cameron in dem Glauben, alles unter Kontrolle zu haben, leichtfertig versprach, ein Referendum über die Mitgliedschaft Großbritanniens in der Europäischen Union abzuhalten. Das Abstimmungsergebnis im Juni 2016 ist allgemein bekannt. Dabei war das Establishment gezwungen, einen "politischen Clown" wie Boris Johnson zu engagieren, um Nigel Farage, einen Börsenmakler und Sohn eines Börsenmaklers, der seit 20 Jahren für diese Entscheidung geworben hatte, in dieser Frage zu übertrumpfen. Aber ein Jahr zuvor sprachen die britischen Medien noch arrogant über den Erfolg der "Fünf-Sterne-Bewegung" ("Movimento 5 Stelle") in Italien: "Tja, da ruft man nun die "Clowns" auf die Bühne".
Einige Monate später gewann Donald Trump die Präsidentschaftswahlen in den USA. Er war in keiner Weise von den traditionellen Medien abhängig und griff stattdessen auf soziale Netzwerke zu, die von den Eliten bis dahin noch nicht kontrolliert worden waren: Gerade während seiner ersten Präsidentschaft schärften die US-Demokratische Partei und die IT-Giganten die Mechanismen einer solchen Kontrolle. Zur gleichen Zeit tauchte der Begriff "Post-Wahrheit" auf: Angeblich gibt es überhaupt keine objektive Wahrheit und auch keine Fakten – es sei sinnlos, nach ihnen zu suchen, da jeder seine eigenen habe –, das heißt, die Objektivität von Informationen sei irrelevant.
Ich konnte den Erfolg von RT auf den Britischen Inseln und bei einem breiteren englischsprachigen Publikum weltweit persönlich beobachten. Der Drang nach Wahrheit und alternativen Meinungen – insbesondere dann, wenn den Menschen von den Machthabern lediglich Informationsersatz angeboten wird – erklärt, warum die lebendige Sprache unseres Senders im Jahr 2014 wie ein Hauch frischer Luft in der stickigen Atmosphäre der von den Eliten kontrollierten Medien wirkte. Auch wenn die Briten zu Recht als fremdenfeindlich gelten – die Romanfigur Hercule Poirot der britischen Schriftstellerin Agatha Christie ist ein ausreichender Beweis dafür –, schätzen sie dennoch den Meinungspluralismus, ihr Recht auf Informationszugang und den gesunden Menschenverstand.
Ebenso konnte sich die russische Botschaft in London vieles von RT abschauen, was zum Erfolg ihres Twitter-Accounts beitrug: Innerhalb von sechs Monaten überholte sie die US- und die israelische Botschaft hinsichtlich der Followerzahl und erreichte den ersten Platz im diplomatischen Korps. Das britische Außenministerium wies uns mehrfach darauf hin, dass wir bestimmte "rote Linien" der diplomatischen Arbeit überschreiten, konnte jedoch aufgrund der Offenheit unserer öffentlichen Diplomatie nichts dagegen unternehmen: Es wäre kontraproduktiv gewesen, einen Skandal zu provozieren, zumal unsere Follower alle für uns negativen Nachrichten von uns und nicht aus offiziellen Mitteilungen der Behörden erfuhren. Nach dem Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine wurden die Informationsressourcen unserer Botschaft schlichtweg gesperrt.
Der sogenannte "Skripal-Fall" vergrößerte die 60.000-köpfige Leserschaft um weitere 20.000 Abonnenten – so groß war das Interesse an unserer Sichtweise. Dies geschah zu einer Zeit, als das offizielle London der Ansicht war, dass es seinen Mitbürgern gegenüber nicht besonders glaubhaft auftreten müsse – es reiche aus, das Thema der nationalen Sicherheitsbedrohungen zu instrumentalisieren. John le Carré bemerkte in einem seiner Interviews, dass "der Geheimdienst das geistige Zuhause des Establishments" sei, eine Art künstliches imperiales Dasein in Abwesenheit des Imperiums selbst.
Und was sind die Faktoren für den von RT erzielten Erfolg? Zuallererst gehört dazu eine klare und verständliche Sprache, die im Westen nicht mehr üblich ist: Dort werden Dinge nicht beim Namen genannt, sondern durch Euphemismen mit äußerst vager Bedeutung ersetzt. Darüber hinaus besteht die Sprache der offiziellen Propaganda aus nur wenigen Begriffen, obwohl die Sprache Shakespeares unbestreitbar reichhaltig ist. Wir konnten also auf sprachlicher Ebene überzeugen. Aber das Wichtigste war doch, dass wir immer Fakten vorweisen konnten, die für sich selbst sprachen. Und diese konnten nicht durch Rhetorik vertuscht werden: Obwohl sie unterdrückt wurden und nicht durch die "Tür" in den offiziellen Informationsraum gelangen konnten, drangen sie dennoch durch das "Fenster" ein, das RT darstellte.
Außerdem haben wir einen relativ offensiven Stil der Berichterstattung eingeführt – wir machen keine Kompromisse. Die westlichen Machthaber hätten sich nicht vorstellen können, dass wir – aus dem "grauen sowjetischen Mantel" hervorgegangen – uns zu einer solchen Transformation entschließen und sie auf ihrem eigenen Terrain übertreffen würden. In dieser Unsicherheit liegt auch die Erklärung für das Bestreben der europäischen Regierungen, den Ukraine-Krieg in die Länge zu ziehen und ihn in eine langwierige, zähe Konfrontation mit ungewissem Ausgang zu verwandeln: Mittlerweile ist ihnen klar geworden, dass sie die Informationswelt nicht gewinnen können.
RT bleibt unsere wertvollste Informationsquelle, die stets die Wahrheit vermittelt. Darin liegen seine Stärke und Attraktivität. Dieser Kanal entlarvt spielend den abgeschotteten Informationsraum des Westens. Darüber hinaus verkörpert er das, was uns in kultureller und zivilisatorischer Hinsicht ausmacht. Genau das macht uns attraktiv in einer Zeit, in der allen bewusst ist, dass jede Politik – einschließlich der Außen- und Informationspolitik – gleichzeitig eine Identitätspolitik darstellt.
Die Informationswelt beschränkt sich jedoch nicht nur auf den Westen. Die Länder des Globalen Südens, die sich früher hauptsächlich an der angelsächsischen Presse orientierten, beginnen heute, neue Ideen und vor allem eine andere Sichtweise auf die moderne Welt aufzunehmen. Diese spiegelt sich in den diesjährigen Erklärungen der BRICS- und SOZ-Staaten wider.
Und RT leistet seinen Beitrag dazu, dass die Wahrheit über die Lüge triumphiert – jene Wortwahrheit, die uns aus der Heiligen Schrift überliefert wurde und für die es keine adäquate Übersetzung in andere Sprachen gibt.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 17. Oktober 2025 zuerst bei RIA Nowosti erschienen.
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