Meinung

Die Unterwanderung der Demokratie: USA – NATO – WEF (Teil 2)

Erst war von der "Zeitenwende" die Rede, dann sollte Deutschland wieder "kriegstüchtig" werden. Und schon steht der Feind wieder in den eigenen Reihen. Die NATO-Aggression nach außen geht mit zunehmender Repression nach innen einher. Das Ziel – die vollständige Umgestaltung von Staat und Gesellschaft im Interesse von USA, NATO und transnationalem Kapital.
Die Unterwanderung der Demokratie: USA – NATO – WEF (Teil 2)Quelle: Gettyimages.ru © Spencer Platt/Getty Images

Teil 1 finden Sie hier.

Von Wolfgang Bittner

Einflussnahme und Ziele des Weltwirtschaftsforums

Die Pläne des WEF zu einer Neuordnung der Gesellschaft sind in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt, und wenn man die Bekundungen zu einem zeitgleich zum Jahrestreffen für ein erlesenes Publikum stattfindenden "Open Forum" liest, wirkt das alles recht vernünftig: "… die Öffentlichkeit an den Diskussionen zwischen EntscheidungsträgerInnen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft teilhaben zu lassen …

Zu unseren Panelisten zählen wir regelmäßig hochrangige RegierungsvertreterInnen, UnternehmensführerInnen, WissenschaftlerInnen, KünstlerInnen und AktivistInnen, welche ihre Geschichten und Sichtweisen mit dem Publikum teilen. Im Sinne des 'Spirit of Davos' soll das Open Forum den Dialog zwischen EntscheidungsträgerInnen aus unterschiedlichen Sparten und Lebenslagen fördern, um Lösungen zu den dringlichsten globalen Herausforderungen unserer Zeit zu suchen."

Kriminell wird die Zielsetzung, wenn das WEF in seinem "Global Redesign"-Bericht aus dem Jahr 2010 fordert, "dass eine globalisierte Welt am besten von einer Koalition aus multinationalen Unternehmen, Regierungen (auch über das System der Vereinten Nationen (UN) und ausgewählten zivilgesellschaftlichen Organisationen (CSOs) gesteuert wird". Regierungen seien nicht mehr "die überwältigend dominierenden Akteure auf der Weltbühne", sodass "die Zeit für ein neues Stakeholder-Paradigma der internationalen Governance gekommen ist". 

Demnach plant das WEF, demokratische Organisationsformen, in denen die Macht im Staat vom Volk mittels gewählter Vertreter ausgehen soll, durch ein Herrschaftssystem zu ersetzen, in dem eine Gruppe von "Stakeholdern", also "führenden Persönlichkeiten", ein globales Entscheidungsgremium bildet. Das bedeutet also eine plutokratische Diktatur in einer grenzenfreien, übernationalen Welt. Eine selbst ernannte "Elite" würde die Macht übernehmen und eine Art Weltregierung bilden.

Ausgehend von dieser Zielsetzung, stellt sich das WEF als eine mächtige, quasi-mafiöse Organisation dar, die eine Machtübernahme nicht demokratisch legitimierter "Führungspersönlichkeiten" in globalem Ausmaß vorbereitet. Zur Durchsetzung der Programmatik können dann Phasen globaler Instabilität genutzt werden, zum Beispiel die Corona-Pandemie, Hungersnöte oder die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine. Der US-amerikanische Kommunikationsforscher Nick Buxton, der sich eingehend mit den Absichten des WEF befasst hat, kommt zu dem Ergebnis, "dass wir zunehmend in eine Welt eintreten, in der Zusammenkünfte wie Davos keine lächerlichen Milliardärsspielplätze sind, sondern die Zukunft der Global Governance". Es sei "nichts weniger als ein stiller Staatsstreich".

Die Infiltration der Führungsebene

Mit seinem 1992 begonnenen Programm zur Förderung geeigneter zukünftiger Führungskräfte gelang es dem WEF, viele der wichtigsten Positionen in Politik und Wirtschaft im Sinne des "Spirit of Davos" zu besetzen. In einem Interview renommierte dessen Gründer Klaus Schwab: "Worauf wir sehr stolz sind …, dass wir mit unsern Young Global Leaders in die Kabinette eindringen." Auf diese Weise nimmt das WEF weltweit Einfluss auf das öffentliche Leben.

2019 wurde UN-Generalsekretär António Guterres von mehr als 400 zivilgesellschaftlichen Organisationen und 40 internationalen Netzwerken aufgefordert, ein Partnerschaftsabkommen zwischen dem WEF und den Vereinten Nationen zu beenden, da es eine "beunruhigende unternehmerische Vereinnahmung" der UN sei, die "die Welt gefährlich in Richtung einer privatisierten und undemokratischen Global Governance" bewege.

Weitere bekannte Persönlichkeiten warnten vor dem Einfluss des Forums. Die US-amerikanische Journalistin Diana Johnstone hält das WEF für eine "Kombination aus kapitalistischer Beratungsfirma und gigantischer Lobby", konzentriert auf »digitale Innovation, massive Automatisierung durch ›künstliche Intelligenz‹ und schließlich sogar auf die 'Verbesserung' des Menschen, indem sie ihn künstlich mit einigen Eigenschaften von Robotern ausstatten: z. B. Problemlösung ohne ethische Ablenkungen." Sie nennt das Forum eine "Stimme der Möchtegern-Global-Governance": "Von oben entscheiden Experten, was die Massen wollen sollen, und verdrehen die angeblichen Wünsche des Volkes, damit sie in die Profitschemata passen, mit denen sie hausieren gehen." 

Auch der Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, kritisierte, dass Menschen wie der Gründer und Organisator des WEF, der Ökonom Klaus Schwab, "auf dem Thron ihres Reichtums" säßen und von den alltäglichen Schwierigkeiten und Leiden der Menschen nicht berührt würden. Vielmehr sähen sie in Krisen wie der Corona-Pandemie eine Chance, ihre Programmatik eines meritokratischen globalen "Great Reset" mit zunehmender Kontrolle über die Gesellschaft durchzusetzen. Müller kritisierte eine Unterstützung unter anderem aus Bereichen des Transhumanismus, worauf ihm Antisemitismus vorgeworfen wurde.

Schwab veröffentlichte 2020 gemeinsam mit dem französischen Ökonomen und "Globalstrategen" Thierry Malleret einen Bestseller mit dem Titel "COVID-19: Der große Umbruch" ("The Great Reset"). Darin heißt es zu den Intentionen des WEF: "Es geht darum, die Welt weniger gespalten, weniger verschmutzend, weniger zerstörerisch, integrativer, gerechter und fairer zu machen, als wir sie in der Zeit vor der Pandemie hinter uns gelassen haben." Es könne zu Veränderungen kommen, "die vor dem Ausbruch der Pandemie unvorstellbar schienen", es werde eine "neue Normalität" geben.

Nach seinen Vorstellungen für den beabsichtigten "globalen Neuanfang" gefragt, antwortete Schwab in einem Interview vom 19. November 2020, also auf dem Höhepunkt der Corona-Krise: "Ich finde das Wort 'Reset' passend … Denn eines ist klar: Wir können nicht zur alten Normalität zurückkehren … Was wir also in unserer Welt brauchen, ist ein verstärkt systemischer Ansatz … eine Reform des internationalen Systems." Daran wird gearbeitet, und das bedeutet für das WEF offensichtlich die Implementierung einer "Stakeholder-Gesellschaft".

In welchem Ausmaß das WEF mit seinen Schulungen tatsächlich weltweit Einfluss auf das öffentliche Leben nimmt, beweisen die Teilnehmerlisten des Global-Leaders-Programms. Gleich zu Beginn 1992 gehörten später sehr bekannt gewordene Persönlichkeiten zum Kreis der Ausgewählten, unter anderem Angela Merkel, Tony Blair, Nicolas Sarkozy, Manuel Barroso und Bill Gates.

Es folgten Hunderte, die nach und nach wichtige Positionen einnahmen: Emmanuel Macron, David Cameron, Justin Trudeau, Sebastian Kurz, Matteo Renzi, Mark Rutte, Jacinda Ardern (Premierministerin von Neuseeland), Sanna Marin (Ministerpräsidentin von Finnland), Ida Auken (Ex-Umweltministerin von Dänemark), Königin Mary von Dänemark, Kronprinz Haakon von Norwegen, Elon Musk, Mark Zuckerberg (Gründer von Facebook), Larry Page (Mitgründer von Google), Leonardo DiCaprio (Schauspieler), Niklas Zennström (Mitentwickler von Skype), Jimmy Wales (Mitgründer von Wikipedia) …

Bekannte deutsche Teilnehmer der vergangenen Jahre waren: Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz, Markus Söder, Robert Habeck, Annalena Baerbock, Omid Nouripour, Cem Özdemir, Jens Spahn, Volker Bouffier, Armin Laschet, Winfried Kretschmann, Julia Klöckner, Wolfgang Ischinger, Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Claus Kleber, Sandra Maischberger, Kardinal Reinhard Marx … Der genannte umfangreiche Personenkreis lässt darauf schließen, dass die Durchsetzung der deutschen wie auch der europäischen Politikerkaste mit Persönlichkeiten, die der Zielsetzung des WEF folgen oder nahestehen, gelungen ist.

Für Irritationen hat gesorgt, dass der WEF-Gründer Schwab am 21. April 2025 von seinen Ämtern zurückgetreten ist. Ihm wurde Veruntreuung von Geldern vorgeworfen. Nachfolger ist der österreichische Manager und ehemalige Präsident des Verwaltungsrates von Nestlé Peter Brabeck-Letmathe.

Ende des zweiten und letzten Teils.

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. Er hat über 80 Bücher veröffentlicht, u. a. "Die Eroberung Europas durch die USA" (2014), "Deutschland – verraten und verkauft“ (2021) sowie "Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen" (Roman, 2019). Der vorstehende Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Geopolitik im Überblick. Deutschland-USA-EU-Russland", das kürzlich im Verlag Hintergrund in der Reihe WISSEN KOMPAKT erschienen ist.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde darauf verzichtet, die zahlreichen Anmerkungen in der Online-Fassung dieses Auszugs wiederzugeben.

Mehr zum Thema – Buchauszug: Wolfgang Bittner über das WEF und den "großen Umbruch"

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