
Achse herausfordern: Die Neuordnung der Welt aus Sicht der Kalten Krieger (Teil III)

Von Rainer Rupp
Fortsetzung von Teil I und Teil II.
Die "Achse des Umbruchs", bestehend aus China, Russland, Iran und Nordkorea, stellt eine ernsthafte Bedrohung für die von den USA geführte globale Ordnung dar. So zumindest urteilen die beiden Autoren dieser dreiteiligen Zusammenfassung ihres langen Essays, das mit der Forderungen nach einem neuen Kalten Krieg gegen die Achse endet.
Um der angeblich brandgefährlichen Herausforderung der "Achse" zu begegnen, müssten die Vereinigten Staaten China, Russland, Iran und Nordkorea als kollektive Bedrohung betrachten, nicht als isolierte Akteure. "Wenn die Vereinigten Staaten eine zunehmend koordinierte Achse bekämpfen wollen, können sie jede Bedrohung nicht als isoliertes Phänomen behandeln", betonen Andrea Kendall-Taylor und Richard Fontaine in ihrem Aufsatz in Foreign Affairs. Dementsprechend müsse die US-Außenpolitik ihre Strategie anpassen, um die destabilisierenden Effekte der Zusammenarbeit dieser revisionistischen Staaten zu neutralisieren.

Dazu schlagen die Autoren Washington einen zentralen Ansatz vor, der sich allerdings eher nach Realsatire anhört als nach einer ernst zu nehmende Strategie. Ihr Ansatz besteht darin, sogenannte "globale Swing States" wie Brasilien, Indien, Indonesien, Saudi-Arabien, Südafrika und die Türkei für die westliche Ordnung zu gewinnen. Diese Länder hätten genug geopolitisches Gewicht, um die zukünftige Richtung der internationalen Ordnung zu beeinflussen. "US-Politiker sollten es zur Priorität machen, der 'Achse des Umbruchs' in diesen Ländern Vorteile zu verweigern", raten die Autoren.
Durch US- und westliche Handelsanreize, militärisches Engagement, Entwicklungshilfe und Diplomatie soll verhindert werden, dass diese Swing States den gefährlichen Achsenmitgliedern Zugang zu militärischen Basen, Technologie oder Möglichkeiten zur Umgehung westlicher Sanktionen bieten. Allerdings scheinen die Autoren nicht verstanden zu haben, dass für die USA dieser Zug längst abgefahren ist.
An diesem Beispiel kann man erneut sehen, wie tief verwurzelt die Realitätsverweigerung selbst bei US-Experten ist. Sie scheinen immer noch im Wolkenkuckucksheim der "unverzichtbaren" und allmächtigen Nation USA zu leben. Der Glauben der beiden Autoren an die immer noch in alter Größe den Globus uneingeschränkt beherrschende US-Supermacht schimmert in ihren nachfolgenden Vorschlägen für die Lösung des Problems mit der "Achse des Umbruchs" in jeder Zeile durch.
Als Erstes wird Washington empfohlen, seine Sicherheitszusagen in Regionen wie dem westlichen Pazifik, dem Nahen Osten, der Koreanischen Halbinsel und der Ostflanke der NATO zu bekräftigen. Gleichzeitig müssten allerdings direkte Konflikte mit den Achsenmitgliedern vermieden werden. Die Autoren warnen jedoch vor opportunistischen Aggressionen der Achsenmitglieder, günstige Gelegenheiten auszunutzen: "Wenn eine chinesische Invasion Taiwans eine militärische Intervention der USA auslöst, könnte Russland versucht sein, gegen ein anderes europäisches Land vorzugehen." Um solche Szenarien zu verhindern, müssen die USA und ihre Verbündeten sich auf gleichzeitige Konflikte vorbereiten und die Fähigkeiten ihrer Partner stärken, um in mehreren Regionen gleichzeitig handlungsfähig zu bleiben.
Was hier vorgeschlagen wird, ist das Szenario aus den 1960er- und 1970er-Jahren, als die USA noch glaubten, die Fähigkeit zu besitzen, gleichzeitig in verschiedenen Weltregionen zwei große und einen kleinen Krieg zu führen und auch zu gewinnen. Heute gelingt es ihnen nicht einmal, den Huthis im Jemen ihren US-Willen aufzuzwingen. Und den einen kleinen Krieg in Vietnam haben die USA übrigens genau in diesem Zeitfenster verloren, in dem sie sich am stärksten gefühlt haben. Anspruch und Wirklichkeit haben in den USA schon immer weit auseinandergeklafft, heute jedoch mehr denn je.
Aber zurück zu den Autoren, die in einem Anflug von Realismus immerhin erkannt haben, dass die Bekämpfung der Achse "erhebliche Ressourcen" erfordern würde. "Die Konfrontation mit der Achse wird teuer sein", stellen die Autoren klar. Die (fast bankrotten) USA müssten ihre Ausgaben für Verteidigung, Entwicklungshilfe, Diplomatie und strategische Kommunikation erhöhen. Unterstützung für Länder wie Israel, Taiwan und die Ukraine, die direkten Bedrohungen durch Achsenmitglieder ausgesetzt seien, seien ebenfalls entscheidend. Eine umfassende, parteiübergreifend unterstützte Strategie im US-Kongress würde ein entscheidendes Signal senden, dass die USA entschlossen sind, ihre globale Führungsrolle zu verteidigen.
Allerding muss man den Autoren zugutehalten, dass sie erkannt haben, dass Versuche, Keile zwischen die Achsenmitglieder zu treiben, zum Scheitern verurteilt sind. Anders als in den 1970er-Jahren, als die USA die Spaltung zwischen China und der Sowjetunion ausnutzten konnte, gebe es heute keine vergleichbare ideologische oder geopolitische Rivalität, die Washington ausspielen könnte. Eine Annäherung an Russland oder China würde wahrscheinlich die Anerkennung ihrer Einflusssphären durch die USA erfordern – ein Preis, den die USA nicht zahlen sollten, meinen die beiden Kalten Krieger aus den USA.
Zum Schluss ihres Werkes kommt dann die übliche US-Selbstbeweihräucherung. Trotz der angeblichen Bedrohung durch die "Achse des Umbruchs" betonen die Autoren in Foreign Affairs das Selbstvertrauen des Westens: "Der Westen hat alles, was er braucht, um in diesem Wettbewerb zu triumphieren."
Die kombinierte Wirtschaftskraft, die militärische Überlegenheit, die geografischen Vorteile und die Attraktivität westlicher Werte bildeten ein starkes Fundament, schreiben die Autoren in einer Zeit, in der Europas Niedergang nicht mehr geleugnet werden kann und in der in den politisch und sozial polarisierten USA bürgerkriegsähnliche Zustände drohen. Dennoch fordern die Autoren, dass ein Rückzug der USA von ihrer dominanten Position auf der globalen Bühne und der Verlust der Kontrolle über wichtige Weltregionen für Washington nicht in Frage kommen dürfe.
Sie warnen, dass die wachsende Kooperation der Achse bereits Konflikte wie den Angriff der Hamas auf Israel oder Aserbaidschans Übernahme von Bergkarabach begünstigt habe. Die Normalisierung alternativer Regeln durch die Achse ermutige zudem potenzielle Aggressoren und schwäche die Furcht vor internationaler Isolation.
Um die bestehende Ordnung zu bewahren, müssten die USA und ihre Verbündeten die gegenwärtige Weltordnung stärken, neue Partnerschaften schmieden, die Kooperation der Achse stören und entschlossen gegen diejenigen Staaten vorgehen, die am aktivsten die regelbasierte Ordnung des Westens untergraben. Mit den Worten: "Es ist wahrscheinlich unmöglich, das Entstehen dieser neuen Achse zu verhindern, aber es ist ein erreichbares Ziel, sie daran zu hindern, das aktuelle System zu stürzen", schließen die Autoren.
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