Meinung

Illegale Hausdurchsuchung bei Juso-Mitglied: Gerichtsdirektorin ist Kanzler-Ehefrau

Wegen Merz-kritischer Graffiti durchsuchte die Polizei im April die Wohnung einer minderjährigen Juso-Politikerin in NRW. Der Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg entpuppte sich als anlasslos und illegal. Eine politische Motivation liegt nahe: Gerichtschefin Charlotte Merz ist des Kanzlers Gattin.
Illegale Hausdurchsuchung bei Juso-Mitglied: Gerichtsdirektorin ist Kanzler-EhefrauQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Von Susan Bonath

Gern schwadroniert der Westen von "demokratischen Werten", mit denen er die ganze Welt, gern auch militärisch, "beglücken" will. Mit derlei neokolonialem Überlegenheitsdünkel hetzen einflussreiche deutsche Politiker tagein, tagaus gegen vermeintliche "Autokratien" und "Diktaturen", die man bekämpfen müsse. Doch unterm Radar praktizieren sie selbst zunehmend repressiv, was sie ihren "Feinden" vorwerfen: die Verfolgung politischer Gegner mithilfe von Polizei, Justiz und anderen Institutionen.

Da fallen einem sofort bekannte Fälle ein: Der Organisator großer Demonstrationen gegen die Corona-Politik, Michael Ballweg, saß 2022 und 2023 neun Monate wegen großteils erfundener Vorwürfe zu Unrecht in Untersuchungshaft, wie man heute weiß. Die deutschen Journalisten Alina Lipp, Thomas Röper und Hüseyin Dogru sind seit Mai EU-weit sanktioniert, weil ihnen ein nicht vom Volk gewähltes EU-Gremium die "Verbreitung prorussischer Propaganda" unterstellte. Man denke auch an zahlreiche Hausdurchsuchungen und Anklagen gegen Palästina-Demonstranten wegen der Parole "From the River to the Sea...".

Ein neuer Fall zeigt nun: Die Schwelle, ab der jemand in der BRD als Staatsfeind gilt, sinkt weiter. Am 1. April durchsuchte die Polizei die elterliche Wohnung der damals 17-jährigen Ortsvorsitzenden des SPD-Jugendverbandes Jusos, Nela Kruschinski, im nordrhein-westfälischen Menden. Sie konfiszierte Laptop und Handy der Abiturientin unter dem Vorwand: Kruschinski habe Parolen gegen Friedrich Merz (CDU) vor dessen Wahlkampfauftritt an Wände gesprüht. Den Beschluss hatte das Amtsgericht Arnsberg erlassen – unter des Kanzlers Gattin Charlotte Merz als Direktorin, anlasslos und rechtswidrig, wie sich herausstellte.

Kein plausibler Verdacht

Wie der WDR berichtete, warf die Justiz Kruschinski vor, sie sei wohl für einige Graffiti verantwortlich. An der Schützenhalle Menden waren nämlich Ende Januar, vor einem Wahlkampfauftritt von Friedrich Merz und seiner Ehefrau Charlotte Merz, Parolen gegen den CDU-Politiker aufgetaucht, darunter etwa "Merz aufs Maul" oder "Antifa in die Offensive". Gut zwei Monate später klingelten demnach frühmorgens bewaffnete Polizisten bei Familie Kruschinski und wedelten mit dem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Arnsberg.

Auf einen Schlag hätten die Beamten die Schülerin ihrer gesamten Vorbereitungen für die bevorstehenden Abiturprüfungen beraubt: Computer, Smartphone, Notizblöcke – sie nahmen alles mit, wie es hieß. "Ich habe mich gefragt: Wer möchte mir schaden?", sagte Kruschinski dem Rundfunksender. Sie betonte, sie wisse nicht, wie man auf sie gekommen sei.

"Weil ich einfach nichts damit zu tun habe."

Laut WDR-Recherchen rief die Familie zwischenzeitlich das Landgericht an, und das bewertete den Beschluss der Vorinstanz als eindeutig rechtswidrig. Danach basierte das Pamphlet allein auf zwei fragwürdigen "Hinweisen", die nicht einmal Indizien für Kruschinskis Beteiligung geliefert hätten. So habe eine Zeugin lediglich erklärt, zwei unbekannte jüngere Personen, einen Mann und eine Frau, des Nachts vor Ort gesehen zu haben. Zudem habe die Polizei einen anonymen Zettel erhalten, mit der Botschaft, die Polizei solle wegen der Schmierereien doch mal Kruschinski und einen ihrer Bekannten ins Visier nehmen.

Merz' Frau will "nichts gewusst" haben

Kurz gesagt: Es handelte sich wohl um Denunziation. Und selbst bei einem echten Verdacht wäre eine Hausdurchsuchung gegen eine Minderjährige in einem solchen Fall unverhältnismäßig gewesen, wie der Düsseldorfer Strafrechtsprofessor Till Zimmermann gegenüber dem Sender darlegte.

Es gebe überdies noch mehr Ungereimtheiten, sagte er: In den Strafrechtsakten soll der gesetzlich vorgeschriebene Durchsuchungsantrag der Staatsanwaltschaft fehlen. Vielmehr habe die Polizei den Antrag selber beim Amtsgericht "angeregt" und dazu geschrieben, die Staatsanwaltschaft schließe sich dem an. Diese fand auf Journalisten-Anfrage nichts dabei: Das Vorgehen sei zulässig, wenn es eilig sei, erklärte die Behörde. Solche Eile wegen eines Bagatelldelikts, dazu noch ohne plausiblen Verdacht?

Kruschinskis Anwalt Thomas Kutschaty, ebenfalls SPD-Mitglied, meldet weitere Zweifel an, die für einen Merzschen CDU-Klüngel im gerichtlichen Einflussbereich seiner Frau sprechen könnten: Der an dem Fall beteiligte Polizeibeamte Wolfgang Exler, CDU-Mitglied im Mendener Stadtrat und ehemaliger Landtagsabgeordneter, habe die Graffiti für den Wahlkampf ausgeschlachtet, sich davor fotografieren und sie medienwirksam "auf CDU-Kosten" übermalen lassen. Exler habe auch die Zeugin befragt, deren wertlose Aussagen als Ermittlungsbericht gegen Kruschinski deklariert und diesen unterzeichnet – obwohl er nicht mit dieser Aufgabe betraut war.

Die Frau des Bundeskanzlers, Gerichtsdirektorin Charlotte Merz, streitet freilich jede Einflussnahme auf den Beschluss ihrer Behörde ab. Angeblich sei das Dokument von einem Richter auf Probe ohne ihr Wissen unterzeichnet worden, erklärte sie auf WDR-Nachfrage. Glaubwürdig klingt das nicht. Doch wenn es so wäre, müsste sie wohl ihr Amt wegen fehlender Kontrolle niederlegen. Das ist bisher aber nicht passiert

BRD drangsalierte immer politische Gegner

Der Fall Kruschinski ist freilich weder neu noch einzigartig in Deutschland, auch ist er weitaus nicht der schlimmste dieser Art. Den Corona-Maßnahmen-Kritiker und Demo-Anmelder Michael Ballweg überzog die deutsche Justiz mit schikanösen Verfahren und sogar neunmonatiger Untersuchungshaft, ohne dass sich die offenkundig an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe des Steuerbetrugs je belegen ließen. Der Journalist Hüseyin Dogru sitzt ohne Geld, Kontozugriff und Ausreisemöglichkeit in Berlin fest, weil er zu kritisch über Palästina-Demos berichtet hatte, was angeblich Russland in die Hände spiele. Wegen ähnlicher Vorwürfe dürfen die deutschen Journalisten Lipp und Röper nicht mal mehr Verwandte in Deutschland besuchen.

Schöngeredet wird auch die "demokratische" Vergangenheit der BRD, die schon vor 70 Jahren mehr von Schein als Sein getragen war. Erinnert sei hier an das Verbot der KPD von 1956. Man denke an brutale Polizeigewalt und politische Verfolgung gegen die 68er-Studentenbewegung bis hin zu den 1972 erlassenen sogenannten Berufsverboten im öffentlichen Dienst, die mit "Extremismusklauseln" übrigens bis heute in gewisser Weise fortbestehen. So gelten in Bayern beispielsweise sogar Mitglieder der Linkspartei als "extremistisch" und daher "ungeeignet für den öffentlichen Dienst".

Es ist auch nicht neu, dass mutmaßliche CDU-Netzwerke Skandale produzieren. Erinnert sei an die 1999 aufgeflogene Spendenaffäre unter der Kanzlerschaft von Helmut Kohl. Auch in der Provinz waren solche Klüngel schon sehr rege aktiv, ob bei der Dessauer Fördermittelaffäre oder beim größten Müllskandal Deutschlands im sachsen-anhaltischen Burg, wo sich CSU-Politiker dann gegenseitig deckten.

Verfolgungseifer mit neuer Qualität

Trotzdem ist der Fall Kruschinski bemerkenswert. Zeigt er doch, dass selbst Leuten die politische Verfolgung droht, die staatskonformen, ja sogar mitregierenden Parteien wie der SPD angehören. Und ersichtlich existieren politische Netzwerke in den Institutionen, die so etwas zuweilen schon mal durchsetzen. Da wird Kritik zur "Majestätsbeleidigung" und zum Kardinalverbrechen, egal ob dies sich seinerzeit gegen den grünen Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck richtete oder nun CDU-Kanzler Friedrich Merz betrifft.

Die hier verantwortlichen CDU-Strukturen in den Institutionen sind vermutlich über Jahrzehnte gewachsen. Doch auch die Ampel war nicht träge beim Drangsalieren politischer Gegner. Ein staatlich geförderter Online-Pranger gegen alternative Medien und dort arbeitende Journalisten unter dem bezeichnenden Namen "Gegneranalyse"  ist bereits seit 2018 im Netz zu finden. Betrieben wird dieser vom "Zentrum Liberale Moderne" unter dem Vorsitz der Grünen-Politiker Marieluise Beck und Ralf Fücks. Doch auch die AfD nimmt längst politische Gegner ins Visier, wenngleich (noch) nicht mit Staatsbeihilfe: mit Meldeportalen, auf denen Schüler unliebsame Lehrer anzeigen können.

Der aktuelle Fall belegt besonders eindrucksvoll: Der politische Verfolgungseifer frisst inzwischen sogar seine eigenen Kinder, wie man im Volksmund sagen würde. Heißt: Niemand ist mehr sicher, der auch nur im Ansatz eine ganz oben unbeliebte Meinung vertritt. Gefährlich wird dies besonders dann, wenn politische Netzwerke so weit reichen, dass staatliche Stellen dabei mitmischen. Das lässt doch ziemlich stark an Autokraten und Diktatoren erinnern, die deutsche "Moral"-Politiker stets nur in anderen Ländern wittern.

Man könnte meinen: Der postkoloniale Westen wird mehr und mehr zu dem, was er anderen Staaten vorwirft. Wenn seine Propaganda die Bevölkerung nicht mehr bei gehorsamer Laune zu halten vermag, nehmen sichtbar die Repressionen zu, nicht nur gegen Außenseiter und irgendwelche "Extremisten". Am Ende kann es jeden treffen, der irgendetwas tut oder äußert, was die Regierung nicht mag. Deutschland hat das Anfangsstadium der politischen Verfolgung längst überschritten.

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