Meinung

Angriff auf Arbeiterrechte: CDU-Politiker fordert 80-Cent-Pflichtjobs für alle Bürgergeldbezieher

Nachdem bereits einige Kommunen Asylbewerber unter Sanktionsdrohung zur Pflichtarbeit für nur 80 Cent pro Stunde verdonnern, fordert ein Thüringer CDU-Landrat selbiges für Bürgergeldbezieher. Durch derart Ausgebeutete könnte der Staat reguläre Arbeitskräfte ersetzen und Lohnkosten drücken.
Angriff auf Arbeiterrechte: CDU-Politiker fordert 80-Cent-Pflichtjobs für alle BürgergeldbezieherQuelle: www.globallookpress.com © Jens Kalaene/dpa

Von Susan Bonath

Grundsicherung, Gesundheitswesen und mehr: Die Union und ihre Kapitalverbände, mit der SPD im Schlepptau, setzen ihre Angriffe auf die lohnabhängige Bevölkerung im Deutschland unvermindert fort. Die neueste Kampagne hat nun ein CDU-Kommunalpolitiker gestartet: Der Greizer Landrat Ulli Schäfer will wohl Gehälter sparen und fordert eine Arbeitspflicht für alle Bürgergeldbezieher. Die sollen "gemeinnützig" für Kommunen ackern, für 80 Cent pro Stunde, ohne rechtlichen Anspruch auf Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit, erzwungen durch Sanktionen im Fall der Weigerung. An Flüchtlingen wird dies bereits getestet.

Ein-Euro-Jobs noch billiger

Wie unter anderem die Berliner Zeitung berichtete, will Schäfer damit die vor einem Jahr eingeführte Arbeitspflicht für Asylbewerber, ebenfalls für 80 Cent pro Stunde, auf alle ausweiten, die als Erwerbslose oder aufstockende Geringverdiener ins Bürgergeld gerutscht sind. Sie müssten alle dazu verpflichtet werden, sagte der Chef des Thüringer Landkreises, und forderte entsprechende Gesetze.

Das wäre eine Art Neuauflage der sogenannten Ein-Euro-Jobs, die im Jahr 2005 mit Hartz IV eingeführt wurden, allerdings verbunden mit noch mehr Zwang und trotz immenser Inflation zu einem noch geringeren Salär. Die "Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung", wie sie auf Amtsdeutsch heißen, fielen nie unter das Arbeitsrecht, sondern gelten als "Maßnahmen". Betroffene erhalten dafür einen bis zwei Euro pro Stunde zusätzlich zu ihrer Leistung. Für eine 30-Stunden-Woche gibt es also, je nach Region, rund 120 bis 240 Euro monatlich dazu – ohne Recht auf Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Kommunen sparen Lohnkosten

Aus gutem Grund wurden die Ein-Euro-Jobs vor Jahren stark reduziert. Denn viele Kommunen nutzen sie ausgiebig, um regulär bezahltes Personal durch die vom Jobcenter Verpflichteten zu ersetzen und Ausgaben zu sparen. Man traf die Billigstjobber bei der Grünanlagen-, Park- und Denkmalpflege, bei Waldarbeiten oder als Hilfsbetreuer in Jugendclubs und Sportvereinen. Der Autorin sind sogar Fälle bekannt geworden, in denen sie Werbeplakate für Volkshochschulen und städtische Events erstellen, Akten in Archiven und Berufsschulen sortieren, den Winterdienst oder die Friedhofspflege bewerkstelligen mussten.

Kurzum: Ein-Euro-Jobber verdrängten, erzwungenermaßen, zunehmend reguläre kommunale Arbeitsstellen sowie lokale Unternehmen, die Städte und Gemeinden für ihre zu erledigenden Aufgaben sonst hätten anheuern und bezahlen müssen. Denn sie müssen schließlich dafür sorgen, dass Hecken, Bäume, Rasen und Denkmäler in öffentlichen Grünanlagen gepflegt werden. Diese Zeiten sehnt manch ein Kommunalpolitiker offenbar zurück – umso besser, wenn es noch ein wenig billiger geht.

Getestet an Asylbewerbern

Und wie es meistens läuft, ist der erste Schritt bereits gegangen. Man hat die 80-Cent-Jobs – böse Zungen nennen es Zwangsarbeit – längst ausgetestet an der am meisten marginalisierten Gruppe: Asylbewerbern. Sie ackern bereits in städtischen Bauhöfen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt, wie der MDR im Februar schwärmte, im Beeskower Freizeitzentrum im brandenburgischen Oder-Spree-Kreis, wie der RBB zu Jahresbeginn darlegte, und anderen bundesdeutschen Orten, wie aus vielen Medienberichten hervorgeht.

Für ihre abgeleisteten 30 Wochenstunden erhalten die neuen 80-Cent-Jobber weniger als 100 Euro zusätzlich zu ihren kläglichen Asylbewerberleistungen, die noch geringer sind als Bürgergeld. Wer sich weigert, dem wird auch das noch radikal gekürzt, wie der RBB erklärte. Auch müssten Verweigerer demnach wohl fürchten, rasch abgeschoben zu werden, da sie noch "auf ihre Asylbescheide warten" und daher auch kein Recht haben, regulär in Deutschland zu arbeiten. Aber Arbeit sei doch gut, fördere die Integration und befreie von Langeweile, beschönigen die öffentlich-rechtlichen Sender diese Hungerlöhnerei.

Salamitaktik zum Löhne drücken

Man könnte diese 80-Cent-Jobs mit vielen Begriffen beschreiben: Extreme Ausbeutung, Zwangsarbeit, Erpressung, Killer regulärer Arbeitsplätze, Lohndumping, Unterlaufen des Mindestlohns, Aushöhlung von Arbeits- und Grundrechten, und so weiter. Das trifft objektiv betrachtet alles zu. Nur blieb der Aufschrei bisher wie erwartet aus: Trifft es doch nur Migranten – noch. Und so schreiten die Politiker dann weiter mit ihrer Knute zur nächsten marginalisierten Gruppe – am Anfang steht immer die Forderung.

Man stelle sich vor, die praktizierte Salamitaktik ginge auf und alle vier Millionen erwachsenen Bürgergeldbezieher würden derart zwangsverpflichtet, wie es CDU-Politiker verlangen: Dann könnte wohl ein beachtlicher Teil der Landschaftsgärtner, Hausmeister, Jugendclubbetreuer, Waldarbeiter, Straßenreiniger und Putzkräfte einpacken und sich selbst auf Arbeitslosigkeit plus 80-Cent-Job vorbereiten – nachdem die Betroffenen nach ihrer Entlassung ihr bisschen Angespartes auf Sozialhilfeniveau "aufgegessen" haben. 

So ein Heer aus Zwangsverpflichteten eignet sich auch bestens zur Erpressung aller Beschäftigten. Schließlich stellt es die Drohung in den Raum, selbst als weitgehend rechtloser 80-Cent-Jobber zu enden, falls man seine Stelle verliert. Wer traut sich dann noch aufzumucken gegen schlechte Arbeitsbedingungen, mieses Gehalt oder unbezahlte Überstunden, wenn er das riskieren würde?

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