Meinung

Credit Suisse war nur der Anfang: Jetzt kippt Trumps Zollhammer die ganze Schweiz

Die Schweiz taumelt in den Handelskrieg mit den USA – und findet sich plötzlich auf Augenhöhe mit Myanmar wieder. Der Zollhammer Trumps trifft ein Land, das sich jahrelang auf seine politische Neutralität und wirtschaftliche Cleverness verlassen hat. Ein Selbstbetrug mit fatalen Folgen.
Credit Suisse war nur der Anfang: Jetzt kippt Trumps Zollhammer die ganze SchweizQuelle: RT © Hans-Ueli Läppli

Von Hans-Ueli Läppli

Die Schweiz hatte sich etwas vorgemacht. Sie glaubte, cleverer, geschickter, diplomatisch überlegener zu sein – und ist nun aufgewacht in einer Realität, die sie nicht versteht. Über Jahrzehnte lebte das kleine Alpenland vom Image des neutralen Vermittlers, vom Ruf eines verlässlichen Partners, vom Exportmodell "Swissness" oder "Made in Switzerland". Und von der Illusion, man könne es sich leisten, allein gegen den Rest der Welt zu stehen.

Diese Illusion ist nun zerplatzt.

Donald Trump hat geliefert. Was er im April im Weißen Haus noch als Warnung formulierte, setzte er am Schweizer Nationalfeiertag eiskalt um: Zölle von 39 Prozent auf Schweizer Hightech, Maschinen, Luxusuhren, Schokolade und Käse. Ein ökonomischer Tiefschlag für ein Land, dessen Wohlstand auf diesen Exporten basiert. Noch bitterer: Die Schweiz wurde in einen Zollkorridor eingereiht, in dem sich sonst nur Diktaturen und Krisenstaaten bewegen.

Doch was tat die Regierung? Statt die Eskalation ernst zu nehmen, wähnte sich Bern in Sicherheit – getragen von einer Mischung aus Naivität, Selbstüberschätzung und fatalem Pragmatismus.

Die Schweizer Politik – insbesondere vertreten durch Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter – setzte auf das Altbewährte: auf freundliche Gespräche, diplomatische Höflichkeit, persönliche Zugänge. Die Bundespräsidentin ließ verlauten, sie habe einen "Zugang zu Trump" gefunden. Man sprach lieber von "gemeinsamen Werten" als von harten wirtschaftlichen Interessen.

Diese Strategie funktionierte einst im Kalten Krieg, sie funktionierte mit Saudi-Arabien, mit China – und man glaubte, sie funktioniere auch mit Donald Trump. Doch Trump führt keinen Diskurs – er kalkuliert, provoziert, vollstreckt. Und während Europa längst begriffen hat, dass diese USA keine Partner im klassischen Sinne mehr sind, hielt sich die Schweiz für klüger. Für unabhängiger. Für resistent.

Schon 2023 versagte die Regierung beim Zusammenbruch der Credit Suisse – einem Debakel, das von offizieller Seite als alternativloser Notverkauf dargestellt wurde. In Wahrheit aber war es das Eingeständnis einer regulatorischen Bankrotterklärung. Jetzt, knapp zwei Jahre später, folgt der nächste Schock: Die Exportwirtschaft steht vor einer systemischen Krise, ausgelöst durch die eigene Selbstüberschätzung im Umgang mit einem geopolitischen Akteur, der keine Rücksicht kennt.

Der Versuch, mit Trump "ein Geschäft zu machen", endet wie so oft bei dessen Geschäftspartnern: mit maximalem Schaden – für den kleineren.

Mit einem eilig zusammengestellten Delegationsteam hob Keller-Sutter am Dienstag ab nach Washington. Die Inszenierung erinnerte an einen Spionagethriller, aber das Drehbuch war schlecht. Wirtschaftsminister Guy Parmelin, bekannt für sein "I can English understand", sollte verhandeln – und das in einer Situation, die außenpolitisch längst entschieden war.

Trump empfing die Schweizer Delegation nicht einmal. Und während Keller-Sutter über ein "offenes Gespräch" mit Außenminister Rubio twitterte, verfestigte sich in Bern der Eindruck: Die Schweiz wird nicht mehr ernst genommen.

Die Schweiz steht am Wendepunkt. Der diplomatische Schiffbruch in Washington hat nicht nur eine außenpolitische Schwäche offenbart, sondern ein tiefer liegendes Problem freigelegt: das Selbstbild eines Landes, das sich jahrzehntelang für klüger, flexibler und unantastbarer hielt als seine Nachbarn.

Der Glaube an die Sonderrolle, an stille Deals hinter verschlossenen Türen, an Neutralität als Schutzschild – all das hat sich in einer Welt überlebt, in der Macht nicht mehr moderiert, sondern demonstriert wird. Wer nicht bereit ist, klare Interessen zu formulieren und notfalls durchzusetzen, wird ignoriert. Genau das ist der Schweiz nun passiert. Doch der Nullpunkt ist auch ein Anfang – wenn man bereit ist, ihn als solchen zu begreifen.

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