
Risse in der Fassade – Trumps Rückhalt bröckelt

Von Rainer Rupp
Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus verkündete für viele Republikaner und vor allem auch für parteilose Amerikaner ein Ende
- der neokonservativen Kriegstreiber im Weißen Haus,
- des der Bevölkerung aufgezwungenen Kulturkampfs, der bereits totalitäre Züge trug und mit dem woke Fanatiker die traditionellen Werte der Menschen in Kern-Amerika auf den Kopf stellen wollten,
- der unkontrollierten Masseneinwanderung, von der sich einheimische Amerikaner – egal welcher Herkunft – zunehmend bedroht fühlten.
Zugleich haben viele Menschen mit der zweiten Trump-Amtszeit die Hoffnung auf den Beginn einer neuen Ära von "America First" verbunden. Darunter verstanden die Trump-Anhänger und auch Wähler den Wiederaufbau der Infrastruktur und der industriellen Basis in den USA sowie viele neue, gut bezahlte Jobs. Das sollte Amerika wieder groß machen, denn nichts anderes verstanden sie unter Trumps MAGA-Mantra.

Aus all diesen und noch mehr Gründen wurde Trump zu Beginn seiner Amtszeit am 20. Januar dieses Jahres von einer breiten Welle hoffnungsvoller Unterstützer getragen, nicht nur von MAGA-Anhängern, sondern von breiten Teilen der Öffentlichkeit. Davon zeugen alle diesbezüglichen Umfragen zum Beginn des Jahres. Von einer loyalen Anhängerschaft getragen, schien es, als könnte Trump nichts erschüttern, keine Skandale, keine Prozesse und keine polarisierende Rhetorik.
Doch seither hat sich das politische Klima spürbar verändert. Trumps Zustimmungswerte sinken – je nach Bevölkerungsgruppe teils dramatisch – und erstmals zeigen auch Teile seiner hartnäckigsten Unterstützergruppen erste Bruchlinien. Was ist passiert?
Abwärtstrend bei der Gesamtbevölkerung
Laut aktuellen Umfragen von Gallup, Reuters/Ipsos und dem Marquette Law Poll ist die Zustimmung für Präsident Trump in der Gesamtbevölkerung seit Januar 2025 je nach Umfrage um sieben bis zehn Prozentpunkte gefallen. Während er im Januar noch bei rund 47 Prozent Zustimmung lag, rutschte dieser Wert bis Ende Juli auf 40 Prozent – in einzelnen Umfragen sogar auf nur 37 Prozent.
Besonders deutlich ist der Stimmungsumschwung bei unabhängigen (parteilosen) Wählerinnen und Wählern. Diese Gruppe war maßgeblich für Trumps Wahlsieg im November 2024 verantwortlich, kehrt ihm aber nun vermehrt den Rücken. Eine Gallup-Analyse bringt es auf den Punkt: "Independents are driving the president’s approval to new lows in his second term." (zu Deutsch: "Die Parteilosen haben die Zustimmungswerte für den Präsidenten auf neue Tiefpunkte in seiner zweiten Amtszeit getrieben.")
Die Ursachen: Wirtschaft, Zölle, Immigration
Die Gründe für den Rückgang der Zustimmung sind vielfältig – doch drei Themen stehen laut den Umfragen besonders im Fokus der Gesamtbevölkerung: die wirtschaftliche Unsicherheit, die kontroversen Zollmaßnahmen und Trumps rigorose Abschiebungspolitik.
Zunächst zur Wirtschaft: Die von Trump verkündete "Zoll-Revolution" im Rahmen seiner "America First"-Strategie sorgte nicht für den gewünschten wirtschaftlichen Aufschwung. Auch die fristlose Kündigung der Abteilungsleiterin im Arbeitsministerium, die die jüngsten schlechten Statistiken geliefert hat, ändert daran nichts. Stattdessen äußerten in Umfragen über 70 Prozent der Befragten die Sorge, dass neue Importzölle auf Waren aus Europa, Mexiko und Asien zu steigenden Preisen führen. Über die Hälfte lehnt Trumps Wirtschaftspolitik inzwischen offen ab.
Hinzu kommt die Belastung durch eine weiterhin hohe Inflation, vor allem für Lebensmittel, die für die Mehrheit der Amerikaner die Kaufkraft spürbar erodiert. Immer mehr Amerikaner sehen daher Trump nicht als kompetenten Krisenmanager, sondern als Verstärker wirtschaftlicher Unsicherheit. In den YouGov-Umfragen sank die Zustimmung zu seiner Wirtschaftspolitik um bis zu 19 Prozentpunkte – ein katastrophaler Wert, vor allem im amerikanischen Wahlzyklus, der immer stark von wirtschaftlicher Stimmung geprägt ist.
Auch die Einwanderungspolitik sorgt für Kontroversen. Trump setzte bereits kurz nach seiner Amtseinführung im Januar 2025 auf harte Maßnahmen: bundesweite Razzien, Massendeportationen, öffentlichkeitswirksame ICE-Aktionen. Die radikale Art der Umsetzung dieser Maßnahmen, die vielen von Trumps Basis gefällt, stößt jedoch bei weiten Teilen der Bevölkerung zunehmend auf Ablehnung. Laut CBS News bewerten heute über 55 Prozent der Amerikaner Trumps Deportationspolitik negativ – ebenfalls ein neuer Tiefpunkt.
Republikanische Loyalität – aber mit Rissen
Und wie reagiert das republikanische Lager? Zunächst stabil: Die Zustimmung unter republikanischen Wählerinnen und Wählern liegt laut Umfragen noch immer bei 83 bis 87 Prozent – ein hoher Wert, verglichen mit historischen Präzedenzfällen. Allerdings ist auch hier ein Rückgang von etwa zwei bis sechs Punkten seit Jahresbeginn zu verzeichnen.
Vor allem moderate Republikaner und wirtschaftsliberale Konservative zeigen sich zunehmend besorgt über Trumps konfrontativen Regierungsstil und die diplomatischen Spannungen mit Handelspartnern, die seine Zollpolitik ausgelöst hat. Die innerparteiliche Einigkeit beginnt zu bröckeln – auch wenn offene Kritik noch selten ist.
Die MAGA-Bewegung: Treue mit Bauchschmerzen
Noch steht die MAGA-Bewegung –Trumps radikal loyale Anhängerschaft – wie ein Fels in der Brandung mit über 90 Prozent Zustimmung zum Präsidenten. Doch auch hier gibt es erste Warnzeichen. Nicht etwa ein fundamentaler Vertrauensverlust, sondern eine wachsende Frustration darüber, dass Trump einige der zentralen Erwartungen seiner Basis noch nicht erfüllt hat, beziehungsweise nicht einmal in Angriff genommen hat.
Ein Beispiel: Marjorie Taylor Greene, eine der prominentesten Stimmen im MAGA-Lager, kritisierte kürzlich offen, dass Trump keine ausreichenden Schritte unternehme, um das "Establishment" innerhalb der republikanischen Partei zu entmachten. Auch die Aufarbeitung des 6. Januar, die Freigabe der Epstein-Dokumente und eine radikale Umgestaltung des FBI seien bislang ausgeblieben. "Wir haben ihn zurück ins Amt gebracht, weil er versprochen hat, das System zu zerlegen – nicht, um sich mit Kevin McCarthy und Mitch McConnell zu arrangieren", sagte Greene gegenüber Fox News.
Ein weiteres Beispiel ist der vom Trump-Unterstützer zum offenen Trump-Kritiker gewandelte republikanische Kongressabgeordnete Thomas Massie von Kentucky. Massie lehnt Trumps Kehrtwendungen bei Staatsschulden sowie die weitere Unterstützung von Kriegen im Nahen Osten und in der Ukraine ab, die Trump zuvor versprach zu beenden. Unterstützt von zionistischen US-Milliardären wurde auf Trump verbale Initiative hin eine Organisation gegründet, um die Wiederwahl von Thomas Massie in den Kongress zu verhindern. Trump gibt zudem Massie die Schuld für den Stimmungswandel gegen Israel bei MAGA-Wählern und nicht dem von Benjamin Netanjahu betriebenen Genozid in Gaza.
Thema Israel und US-Auslandseinsätze spalten zunehmend Trumps Anhänger
Während Trump mit seiner Unterstützung und militärischen Hilfe für Israel den Konsens im traditionellen republikanischen Establishment bedient, wächst unter jüngeren MAGA-Anhängern – besonders in Onlineforen und auf Plattformen wie Trumps persönlichem Kanal Truth Social der Widerstand. Die dort gestellten Forderungen lauten: keine "endlosen Auslandskriege" mehr, keine Milliardenhilfen ins Ausland, solange amerikanische Städte verfallen. Ein Meinungsartikel in der konservativen New York Post fasste die Stimmung so zusammen: "Die Basis bricht nicht mit Trump – aber sie murmelt zum ersten Mal laut."
Verliert Trump die Kontrolle über seine eigene Bewegung?
Noch ist es zu früh, von einem Bruch zwischen Trump und seiner Basis zu sprechen. Zu stark ist die Personalisierung der Bewegung, zu tief das Misstrauen gegenüber Medien, Institutionen und Gegnern, als dass eine Abwanderung im großen Stil denkbar wäre.
Doch politische Loyalität in den USA ist – wie auch in Deutschland – heute flüchtiger denn je zuvor. Die Gefahr für Trump besteht nicht darin, dass MAGA sich abwendet – sondern dass sie sich enttäuscht zurückzieht und in den Jahren 2026 oder 2028 nicht mehr mobilisierbar ist. Das Momentum, das ihn im Jahr 2024 ins Amt brachte, könnte verpuffen, zumal er einen großen Teil der Parteilosen Wähler bereits verloren hat.
Trump in der Sackgasse
Trump steht heute, knapp acht Monate nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus, unter größerem Druck als in jeder Phase seiner ersten Amtszeit. Die innenpolitische Polarisierung hat zugenommen, die wirtschaftlichen Probleme verschärfen sich, und selbst in seiner Partei wächst das Unbehagen. Ob der Präsident gegensteuert oder den Kurs verschärft, bleibt offen. Klar ist: Ohne Kurskorrektur droht ihm der Verlust jener "schweigenden Mehrheit", auf die er sich so oft berufen hat. Selbst ein neuer Krieg, gegen Iran oder in Zentralasien, würde Trumps Probleme mit seiner Anhängerschaft nicht lösen und könnte das Ende der MAGA-Bewegung bedeuten.
Mehr zum Thema - Böse Absicht oder Faux Pas? Republikaner werben mit Lada-Automodel für MAGA-Kampagne
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.