Meinung

Donbass-Militärblogger antwortet Tagesschau – keine Folter ukrainischer Kriegsgefangener in Russland

Am Dienstag berichtete die ARD-Tagesschau erneut aus Kiew. Die Reportage drehte sich um angebliche Misshandlungen und Folter ukrainischer Soldaten, die in russische Kriegsgefangenschaft geraten waren. Doch der Bericht setzt hauptsächlich auf Emotion, erscheint höchst widersprüchlich und schlecht recherchiert.
Donbass-Militärblogger antwortet Tagesschau – keine Folter ukrainischer Kriegsgefangener in RusslandQuelle: www.globallookpress.com © Keystone Press Agency

Von Roman Donezki

Eine Reportage der Tagesschau dürfte weithin für Verwunderung sorgen. Eine gewisse Susanne Petersohn hat einen langen Bericht mit dem Titel "Zurück, aber kaum wiederzuerkennen" verfasst und einen Filmbericht dazu erstellt, in dem ein "gefolterter" Soldat der ukrainischen Streitkräfte zu sehen ist, der in russische Kriegsgefangenschaft geraten war.

Die Propagandistin erzählte den Deutschen schreckliche Dinge. Schrecklich und absurd, wenn man genauer darüber nachdenkt. Die Propaganda setzt jedoch darauf, dass niemand genauer nachdenkt, sondern jeder sich von Emotionen überwältigen lässt. Wenn doch nur alle Logik und gesunden Menschenverstand anwenden würden…

Petersohn steigt mit dieser schrecklichen Geschichte ein (nachfolgend kursiv und in fetter Schrift die Zitate aus dem erwähnten Tagesschau-Artikel, in der Schreibweise des Originals; Anm. d. Red.):

"Im Februar 2024 wird der 33-Jährige während heftiger Kämpfe im Donbas verwundet und von russischen Soldaten gefangen genommen. Die Folter habe sofort begonnen, berichtet er. 'Meine Hände waren gefesselt, meine Augen verbunden. Dann sagten sie: 'Das ist für unsere Jungs'. Sie schlugen mir dreimal mit einer 5-Liter-Flasche Wasser ins Gesicht. Ich verlor das Bewusstsein.'"

Warum muss man jemandem die Augen verbinden, bevor man ihn schlägt? Und warum mit einer Fünf-Liter-Flasche schlagen? Wie kann man überhaupt mit einer solchen Flasche ins Gesicht schlagen? Hat Petersohn schon einmal eine Fünf-Liter-Flasche gesehen? War sie schon einmal an der Front? Dort, wo ständig Drohnen im Einsatz sind, herrscht ein schrecklicher Wassermangel, niemand würde Wasser zum Schlagen verwenden, nur zum Trinken. Ich sage gar nicht erst, dass es schon gefährlich ist, lange an einem Ort zu bleiben. Es ist doch logisch: Wenn man ein Maschinengewehr, eine Pionierschaufel und ein Messer hat, warum sollte man dann mit einer Flasche schlagen? Was soll dieser Unsinn?

Weiter im Text. In dem Bericht geht es um ein Foto desselben (mit einer Fünf-Liter-Flasche geschlagenen) Mannes, das die Aufschrift "Ruhm für Russland" auf seinem Bauch zeigt, die ihm angeblich unsere Ärzte eingebrannt haben. Während sie ihn operierten...

Aber mich hat nicht diese Aufschrift interessiert. Über den Bauchnabel, von der Scham bis zum Solarplexus verläuft eine riesige medizinische Naht. Das deutet auf eine schwere Bauchverletzung hin. Wissenschaftlich gesprochen, muss er einen Durchschuss durch die Bauchhöhle gehabt haben. In einem solchen Zustand kann man einen Menschen nicht auf die Beine stellen, um ihn zu schlagen. Er würde sofort sterben. Entscheiden Sie sich, Frau Propagandistin: Haben Sie einen Toten interviewt, der vor seinem Tod zusammengeschlagen wurde, oder ist er doch auf eigenen Beinen in Gefangenschaft gegangen und die Inschrift und die Narbe wurden erst in der Ukraine hinzugefügt?

Das zweite Beispiel hat mich noch mehr verwundert:

"Auch Valerij Selenskyj war in russischer Gefangenschaft. Auch er wurde gefoltert. Er selbst kann nicht mehr über seine Erlebnisse berichten."

Verwundert hat mich nicht der Nachname, nein, sondern die vorgelegten "Beweise" der "Folter":

"'Das Erschreckendste, was mir aufgefallen ist, war sein Blick, als er zurückkam. Er war ein Mann, er ... er hatte diesen Adlerblick. Er strahlte Selbstvertrauen und Stärke aus. So war er eben. Doch er kehrte mit leeren, erloschenen Augen zurück.'"

Wie können die "erloschenen" Augen eines Mannes, der durch die Hölle der Schützengräben gegangen ist und dann in Gefangenschaft, wo diejenigen, die im Austausch nach Hause zurückkehren wollen, manchmal monatelang darauf warten, in die Listen aufgenommen zu werden, von Folter zeugen? Nach seiner erwachsenen Tochter zu urteilen, war der Mann weit in seinen Vierzigern. Nachdem ich Geschichten über den Mangel an Nahrung und Wasser bei ukrainischen Soldaten an der Frontlinie gehört habe, über den schrecklichen Stress aufgrund der Ungewissheit, nachdem ich den Gefangenen, die nicht vor der Kamera standen, zugehört habe, dass sie Angst haben, zu Hause verurteilt zu werden, verstehe ich sehr gut, warum die Augen eines mobilisierten Mannes, der den Krieg und den Tod in der Nähe sah und dann in der Schlange auf einen Austausch wartete, nicht glänzen. Kiew tauscht ja vorrangig Nationalisten aus...

Der Grund für den Tod einige Monate später ist mir ebenfalls klar: Stress und eine durch den Krieg angegriffene Gesundheit. Was hat Folter damit zu tun? Obwohl uns keine konkrete Diagnose mitgeteilt wird, müssen wir der ukrainischen Propaganda glauben, die vom scheinbar seriösen deutschen Fernsehen ungeprüft verbreitet wird.

Aber es geht noch absurder. Susanne Petersohn erteilt Bogdan Ochrimenko das Wort, der Mitglied des sogenannten Koordinierungszentrums für die Behandlung von Kriegsgefangenen ist. Und dieser beginnt, ohne jegliche Beweise, wildeste Lügen aufzutischen. Zum Beispiel, dass die Gefangenen nicht ärztlich behandelt würden. Susanne Petersohn hat offenbar sofort wieder vergessen, dass sie bei der Schilderung des Schicksals des ersten Gefangenen geschrieben hat, dass er operiert wurde...

Außerdem behauptet Ochrimenko noch, dass sie alle, die Kriegsgefangenen, entschuldigen Sie, vergewaltigt werden. Das ist ein sehr interessantes Thema. Die Sache ist nämlich die: In der Ukraine herrscht noch immer weitgehend die kriminelle Kultur der 90er Jahre, und homosexuelle Vergewaltigungen von Häftlingen waren in der Sowjetzeit und in der frühen postsowjetischen Periode ein Mittel, um sie auf die unterste Stufe der Strafvollzugs-Hierarchie zu stellen. Dies hat sich in der ukrainischen Gesellschaft weit verbreitet, und die Gefahr, "herabgestuft" zu werden, ist für Menschen aus der ukrainischen Provinz erschreckend.

Die Ukraine ist ein homophobes Land, trotz aller Versuche, das Gegenteil zu demonstrieren, und Menschen, die einer solchen Behandlung ausgesetzt sind, werden von ihrem Umfeld schikaniert. Von Freunden, Nachbarn, Verwandten, Kollegen... Da sie dies wissen, zwingen die ukrainischen Behörden die Gefangenen unter Androhung der Verhaftung wegen "Staatsverrats" ("derschawna srada" ‒ gemeint ist Hochverrat; Anm d. Red.), die russischen Streitkräfte zu verleumden, um ihre Soldaten einzuschüchtern und massenhaftes Überlaufen in Gefangenschaft zu verhindern. Und in Europa, wo Vertreter der LGBT-Bewegung eine Sonderstellung genießen, wird dies ebenfalls sehr negativ wahrgenommen, was ebenfalls zum Schüren von Russophobie genutzt wird. Dabei gibt es, wie Sie sich vorstellen können, keinerlei Faktengrundlage für behauptete Vergewaltigungen. Im Gegenteil, eine humane Behandlung der Kriegsgefangenen ist für Russland von Vorteil. Sie ermutigt andere Ukrainer, sich zu ergeben. Und darum wird die Einhaltung der Regeln streng überwacht.

Aber kommen wir zum Sahnehäubchen! 

"Ein weiteres Problem ist laut Ohrimenko das Ungleichgewicht: In russischer Gefangenschaft befänden sich weitaus mehr Ukrainer als umgekehrt."

Der ganze Artikel war es wert, gerade wegen dieser Information gelesen zu werden. Sie erklärt die ukrainische Propagandakampagne gegen Russland und die abstrusen Horrorgeschichten über das Schicksal jener in russischer Kriegsgefangenschaft. Trotz der Einschüchterung durch die ukrainische Propaganda ergeben sich die ukrainischen Soldaten viel häufiger als Russen. Davon will man sie abhalten. 

Und das ist besonders zynisch:

"Seit Kriegsbeginn hat die Ukraine laut offiziellen Angaben 5.857 Gefangene zurückgeholt. Neue Vereinbarungen betreffen weitere 1.200. Doch mehr als 70.000 Menschen gelten als vermisst. Wie viele davon leben, ist unklar."

Russland hat im Sommer mehrere Tausend dieser "Vermissten" an die Ukraine übergeben. Besser gesagt, deren Leichen: Es handelt sich um auf dem Schlachtfeld Gefallene. Aber ihr Land repatriiert die sterblichen Überreste nur äußerst widerwillig, denn Kiew muss für jeden bestätigten Tod eines seiner Soldaten die lauthals versprochene Entschädigung an die Familien zahlen. Und dafür gibt es kein Geld. Deshalb erkennen sie den Tod von Soldaten auf dem Schlachtfeld nicht an, wenn die Leiche nicht geborgen ist – sie erklären sie für vermisst. Die von der Tagesschau erwähnten, "vermissten" 70.000 Soldaten hatten einfach nicht das Glück, lebend in russische Gefangenschaft zu geraten.

Bislang ist es uns nicht gelungen, die Ukraine zur Rücknahme aller Toten zu bewegen. Tausende weitere Leichen sind wir bereit, zu übergeben. Tausende liegen noch ungeborgen auf dem neutralen Streifen, an Orten, wo die Front Stellung bezogen hat. Russland hat einen Waffenstillstand angeboten, um die Toten zu bergen, die Ukraine lehnt es ab. Sie quälen die Angehörigen ihrer Soldaten, foltern sie moralisch. Und jetzt benutzen sie ihre Toten für schmutzige Propaganda.

Bei meinen Besuchen in Kriegsgefangenenlagern habe ich zum Beispiel einen 49-jährigen Mann aus dem Gebiet Schitomir getroffen (Foto im Originalbeitrag; Anm. d. Red.). Er ist von Beruf Holzfäller und musste in die ukrainische Armee, als er zum Militärkommissariat ging, um seinen Aufschub vom Wehrdienst zu verlängern. Er geriet in Gefangenschaft, als das Kommando sie unbewaffnet an die Front schickte, um Schützengräben auszuheben. Ohne Waffen.

Es gibt unzählige Beispiele solcher Fälle. Hier ist ein junger Mann, 21 Jahre alt (Foto im Originalbeitrag; Anm. d. Red). Er stammt aus dem Gebiet Kirowograd. Nachdem er in Gefangenschaft geraten war, rief er seine Mutter an. Die "bösen" Russen im Lager erlauben den Gefangenen, ihre Angehörigen anzurufen. Immer. Aber sie hat ihn... verleugnet.

Auf dem Video unter dem Link verflucht er das Regime von Selenskij. Und dafür braucht es keine Folter. Er hat überlebt. Im Grunde genommen eher durch Zufall, weil er schlecht vorbereitet war. Und er hat erfahren, dass ihn zu Hause niemand braucht. Seine Angehörigen halten ihn für einen Verräter. Und das ist wirklich tragisch, im Gegensatz zu den von ukrainischen Propagandisten erfundenen Folterungen.

Hier finden Sie ein Interview mit einem Häftling, der im Grunde zwangsweise in die Reihen der ukrainischen Streitkräfte eingezogen wurde, keinen Austausch will und berichtet, dass die Ukrainer im Gebiet Kursk Mörder und Vergewaltiger eingesetzt haben, um friedliche Dörfer zu säubern.

Und hier folgt ein Interview mit einem Offizier der ukrainischen Streitkräfte, der wegen eines Konflikts mit anderen Kommandeuren in den sicheren Tod geschickt wurde. Im Grunde genommen haben wir ihn gerettet. Und hier gibt es noch eine Live-Aufzeichnung mit den Gefangenen.

Sie sind alle unverletzt, satt und in ihre alte, aber saubere Uniform gekleidet. Die Gefangenschaft ist kein Urlaub. Sie haben zwar Vollpension, aber keine Einzelzimmer, zumal das Lager ständig seinen Standort wechselt – nach dem Austausch im April versuchte die Ukraine, es mit HIMARS-Raketen zu zerstören. Aber sie haben Kontakt zu ihren Familien, bekommen Essen, Kleidung und medizinische Versorgung. Im Rahmen internationaler Konventionen.

Umgekehrt ist dies für russische Gefangene bei weitem nicht immer der Fall. So haben beispielsweise Soldaten der russischen Streitkräfte, die ehemalige Bürger der Ukraine sind, nicht einmal den Status von Kriegsgefangenen. Sie gelten in der Ukraine als Kriminelle und müssen sich wegen Hochverrats vor Gericht verantworten.

Dies ist in der Ukraine bereits seit 2014 gängige Praxis. Mein Freund, der Journalist Juri Kowaltschuk, starb 2021, nachdem er durch den SBU (ukrainischer Geheimdienst; Anm. d. Red.) in Cherson gefoltert worden war, mit Stromschlägen und mit Schlägen mit einem Hocker auf den Kopf. Ihm wurde der Schlaf verweigert, bis er ein Video aufnehmen musste, in dem er angeblich seine Überzeugungen bereute. Weithin bekannt sind die Worte des ukrainischen Arztes und Leiters des mobilen Krankenhauses Gennadi Drusenko, der öffentlich zugab, dass er den Befehl gegeben habe, russische Gefangene zu kastrieren. Weithin bekannt ist ein Video von Folterungen und Erschießungen russischer Gefangener im Gebiet Charkow. Es wurde von ukrainischen Soldaten ins Internet gestellt.

Solche Fälle gibt es zuhauf. Und einer der Gründe für die ukrainischen Vorwürfe gegen Russland ist der Versuch, von der Folter durch die Ukraine abzulenken. Von der Wahrheit, wer in Wirklichkeit Sadist und Henker ist.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst auf der Plattform Livejournal am 5. August 2025 erschienen. Redaktionelle Anmerkung: Die im Original-Blogbeitrag enthaltenen Fotos wurden aus rechtlichen Gründen nicht in die Übersetzung aufgenommen.

Roman Donezki ist ein ukrainischer Historiker, Militärexperte und Blogger. Derzeit lebt er in Donezk und kommentiert seit Beginn der militärischen Sonderoperation die Ereignisse in einem täglichen Podcast. Man kann ihm auf seinem Telegram-Kanal folgen.

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