
Verhitlerung der Russen erreicht neuen Höhepunkt: "Russland fordert Auslöschung aller Ukrainer"

Von Platon Gontscharow
Wie erklärt man den Widerspruch, dass die ukrainische Armee im Westen in den Medien und von Militäranalysten überschwänglich gelobt und sogar als "beste Armee der Welt" tituliert wird, während gleichzeitig die US-Armee die russische Kriegsführung als Vorbild studiert? Als Vorbild im Sinne, wie sich die russischen Streitkräfte an einen langen, zermürbenden Krieg anpassen – und welche Lehren das US-Militär daraus ziehen kann. Und das ganz offiziell, mit einem Trainingshandbuch des Forschungs- und Analysezentrums der US-Army.

Der Kolumnist Kirill Strelnikow von der in der EU verbotenen staatlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti deckte diesen Widerspruch auf, indem er sich mit der (durchaus nüchtern und kritisch geschriebenen) US-Studie "Wie Russland kämpft" auseinandergesetzt und sich zu einem Artikel (in der EU wegen Sperren nicht zugänglich) entschlossen hat. Die Veröffentlichung dieses Dokuments, das erst seit dem 21. Juli online zugänglich ist, bot den eigentlichen Anlass für seinen Artikel. Alle anderen Informationen, die er für seine Analyse verwendet, beispielsweise die Nutzung der Ukraine als Testgelände für westliche Waffen und Technologien, sind seit Langem bestens bekannt.
Der Autor schildert, wie in dem mehrere Hundert Seiten langen Dokument US-Kommandeuren die effektive Taktik des Sturms befestigter Städte erläutert wird, etwa die "dreifache Schlinge"; oder die Organisation eines "Feuernetzwerks" aus ballistischen Raketen, gelenkten Fliegerbomben, Artillerie und Drohnen; oder der Übergang von der gestaffelten Luftverteidigung zu einer "Matrix"; oder die "Strike-Envelope"-Taktik zur schnellen Isolierung ganzer Gebiete; die Einführung einer "Hybridlogistik"; die Reduzierung der "Erkennungs-Strike"-Verbindung auf ein Minimum; die Organisation einer "absoluten Aufklärungszone" mit einer Tiefe von bis zu 120 Kilometern. Das Fazit der US-Amerikaner dazu lautet:
"Die russische Armee ist eine Denk- und Lernstruktur, in der Engpässe durch schnelle Anpassung ausgeglichen werden".
Den Widerspruch zwischen der pathetischen Lobpreisung der Ukrainer und dem Lernen von den Russen, das im Verborgenen stattfindet, löst der Kolumnist mit der Feststellung auf, dass das Lob nichts weiter als ein "abgenagter Knochen" ist, "den ihre weißen Herren den dankbaren Einheimischen hinwerfen". Viele Ukrainer seien bereit, dafür zu sterben, dass die Amerikaner und die Europäer sie als "die beste Armee der Welt" bezeichnen. In Wirklichkeit drohe den ukrainischen Soldaten aber nur ein Schicksal: das von Laborratten, die für Experimente gnadenlos getötet werden.
Für Letzteres liefert der Autor viele bekannte Zitate der Politprominenz aus dem angelsächsischen Raum, etwa vom britischen Verteidigungsminister Wallace, der gesagt hatte: "Die Ukraine hat sich in ein Militärlabor verwandelt" und "es wäre sehr dumm, diese Erfahrung zu ignorieren und sie nicht in unseren eigenen Streitkräften umzusetzen."
In einem Fernseh-Gespräch wurde die Chefredakteurin des Economist, Zanny Minton Beddoes, noch offener: "Der Ukraine zu helfen und ihr Geld zu geben, ist für die Vereinigten Staaten der günstigste Weg, ihre Sicherheit zu verbessern. Die Ukrainer kämpfen, sie sind diejenigen, die sterben." US-Senator Roger Wicker, ebenso im Fernsehen, bestätigte diese Sichtweise: "Die Ukrainer sind bereit, bis zum letzten Mann für uns zu kämpfen, wenn der Westen sie beliefert. Das ist ein sehr gutes Geschäft."
Und sein Kollege, der bekannte Waffenlobbyst und Senator Lindsey Graham, brachte es so auf den Punkt: "Mir gefällt der strukturelle Kurs, den wir eingeschlagen haben. Solange wir der Ukraine mit den nötigen Waffen und wirtschaftlicher Unterstützung helfen, werden sie bis zum letzten Mann kämpfen." Schlecht belegt mit Zitaten ist der RIA-Artikel nicht.
Selbst mit dem unappetitlich wirkenden Vergleich mit Laborratten hat der Autor nicht übertrieben, denn es gibt genügend Hinweise auf Medikamentenversuche an unwissenden ukrainischen Patienten, einschließlich Soldaten, etwa in einem Buch des deutsch-österreichischen Autors Flo Ostainik "Donbassdonner. Ein Reisebericht von der anderen Seite der Geschichte" dokumentiert. Die Existenz der ominösen US-Biolabore in der Ukraine hat bekanntermaßen sogar die US-Diplomatin Viktoria Nuland höchstpersönlich bestätigt.
Aber als er Belege dafür suchte, dass die Ukrainer sogar mit diesem Schicksal "zufrieden" sein sollten, könnte er mehr liefern. Natürlich meinte er mit "Ukrainern" Regierungsvertreter, die Entscheidungen für das ganze Land treffen und damit für das Leben von Millionen Menschen verantwortlich sind. Ihm zufolge wiederholten und wiederholen sowohl der ehemalige Verteidigungsminister der Ukraine Alexei Resnikow als auch sein Amtsnachfolger Denis Schmygal, dass es "kein besseres Testgelände für die globale Rüstungsindustrie" gebe, das allen westlichen Rüstungsherstellern offenstehe. Resnikow lud die US-Waffenhersteller sogar kurz nach Beginn der russischen Militäroperation persönlich ein, "ihre Produkte in der Ukraine" zu testen.
Richtig, genau das haben sie gesagt. Ebenso äußerte sich aber auch der ehemalige Außenminister der Ukraine, Wadim Pristajko, und natürlich auch Wladimir Selenskij selbst. Und das Interessante: Auch die deutschen Waffenhersteller betrachten die Ukraine mittlerweile ganz unverhohlen als Testgelände für hochtechnologische Waffensysteme. "Ukraine als Test: Waffenhersteller sollen Prototypen an der Front ausprobieren", titelte etwa der Buseness-Insider vor Kurzem.
Den berühmt-berüchtigten bitteren Zusatz "bis zum letzten Ukrainer" nehmen besonders fanatisierte Ukrainer gern in den Mund. So schrieb NOZ 2024, wenn die Ukraine den Donbass und die Krim zurückbekäme, seien viele im Land bereit, "bis zum letzten Ukrainer" zu kämpfen. Selenskij selbst nutzte die Formulierung sogar noch im Jahr 2021 ("bis zum Letzten").
Laut dem russischen Präsidenten Wladimir Putin habe Kiew diese Absichten in der Kommunikation mit dem Kreml auch offen bekundet. Und zwar schon unmittelbar nachdem es sich geweigert hatte, 2022 ein in Istanbul ausgehandeltes Friedensabkommen mit Moskau zu unterzeichnen. "Wie man uns damals sagte: Jetzt werden wir bis zum letzten Ukrainer kämpfen. Entweder wir euch oder ihr uns, kurz gesagt, wir werden kämpfen", sagte Putin rückblickend im Januar.
Und schließlich das Wichtigste: Das ganze europäische Ukraine-Konzept basiert auf dem Mythos, die Ukraine bringe Opfer, damit Europa "in Freiheit" leben könne. Dort werde so lange wie nötig gekämpft, und dies sei auch im "deutschen" Interesse (!), behauptet etwa Bundeskanzler Friedrich Merz. Dass "Kämpfen" in vielen Fällen auch "Sterben" bedeutet, weiß jeder. Der deutsche Reservistenverband bringt es auf den Punkt:
"Mit hunderttausenden Opfern hält die Ukraine das aggressive Russland auf Abstand zu Europa".

Mit anderen Worten: Weiter so, liebe Ukraine, und lass vor allem Russland "ausbluten" (Merz). Genau diesen Zynismus westlicher und ukrainischer Politeliten und Meinungsführer prangerte der Autor in seinem Artikel an. Die einfachen Ukrainer wollen nämlich nicht für "Europa" geopfert werden, wie die brutale Zwangsmobilisierung (Bussifizierung genannt) durch das TZK (die ukrainische Militärpolizei) eindrucksvoll belegt.
Am Ende des Artikels schreibt Strelnikow: "Alle Fristen zur Erleuchtung sind bereits abgelaufen, und wir werden niemanden mehr zu irgendetwas aufrufen oder überreden. Wenn die Menschen bewusst und freudig bereit sind, für ihre Herren zu sterben, ist das ihre Entscheidung. Es gibt nur ein Problem: Die Toten brauchen keine Spitzenhöschen" (Spitzenhöschen ist ein Meme aus der Maidan-Zeit, das die prowestliche Gehirnwäsche aufs Korn nimmt. Damals hielt eine junge Frau ein Plakat mit dem Text in die Höhe: "Ich bin ein Mädchen und möchte nicht in die EAWU, ich will Spitzenhöschen und in die EU.").
Womit hat der Autor in seiner Kolumne Unrecht, kann man sich fragen. Er kritisierte die westliche Propaganda, den Zynismus, die List und die gespielte ukrainische Aufopferungsbereitschaft, die in der Regel nur jene demonstrieren, die selbst nicht in die Schützengräben müssen. Im Titel zitiert er seine Protagonisten noch einmal zugespitzt: "Es gibt keine andere Option: Niemand sollte in der Ukraine am Leben bleiben." Dem fügte er ein düsteres KI-generiertes Bild zur Illustration bei.
Das war ein Fehler. Der Propaganda-Apparat der antirussischen Fraktion wartete die ganze Zeit genau darauf: dass der russische Staat sich selbst ein Bein stellt und "Beweise" für seine angeblichen genozidalen Ansichten liefert. Sarkasmus, rhetorische Fragen, polemische Überspitzung, Zwischentöne oder indirekte Zitate waren gestern. All das versteht heutzutage keiner mehr. "Das russische führende Staatsmedium" habe sich mit seinem Leitartikel selbst bezichtigt – der Titel lieferte den Beweis.
In der X-Blase fing es schon am Mittwoch zu brodeln an. Der Nutzer Arthur Weigandt, der sich als "streitbarer Intellektueller" bezeichnet ("zufälligerweise" auch Übersetzer für die Bundeswehr bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten am Leopard 1), lieferte einen Screenshot mit Überschrift und schrieb:
"Das ist keine Propaganda mehr, das ist der blanke Vernichtungswille. Russland zeigt, was es will: Völkermord. Und der Westen? Zögert, diskutiert, relativiert. Geschichte wiederholt sich – und ihr schaut zu."
Ich sage als Russlandversteherin: nehmt die Worte der Propaganda ernst. In diesem Fall die unverhohlene Befürwortung eines Genozids. Erst die Worte, dann die Taten. Mit der „russischen Welt“ fing es an, mit dem russischen Massenverbrechen endet es. Wenn wir sie lassen. https://t.co/pkRhBTZL7v
— Anna Vero Wendland (@VeroWendland) July 31, 2025
Anschließend teilten den Tweet weitere Propagandisten, darunter der notorisch russophobe Geschichtsprofessor Jan Class Behrends, der die Frage stellte: "Was sagt nun mal 'Russenfreund' Ralf Stegner dazu". In den Kommentaren entbrannte daraufhin eine rege Diskussion, in der die meisten Nutzer allerdings eher der Argumentation des RIA-Kolumnisten recht gaben, nachdem sie den Artikel gelesen hatten.
Ähnliches geschah auf Facebook, nur mit dem Unterschied, dass auf dieser Plattform viele Nutzer in den Kommentaren zur Zerstörung Moskaus und zu Mord an den Russen aufriefen. Die Heftigkeit der Hasswelle war erschreckend und überstieg alles Bisherige. "Russland verrecke" – analog zu "Juda verrecke". Das hatte sich bisher noch keiner zu schreiben getraut. Die kriminellen Äußerungen wurden nicht gelöscht. Hier eine Auswahl einiger Screenshots:




Am nächsten Tag landete das Thema auf dem Schreibtisch des Bild-Großpropagandisten Julian Röpcke. Er prangerte mit dem Nazi-Vergleich "Nie wieder ist jetzt" die Bundesregierung dafür an, dass die Taurus-Marschflugkörper noch nicht freigegeben wurden.
Russlands Staatsnachrichten fordern heute Morgen den ukrainischen Holocaust – die physische Vernichtung aller lebenden Ukrainer.Und @_FriedrichMerz, @larsklingbeil, #Pistorius & Co. haben Angst davor, den Ukrainern ein paar Marschflugkörper zu geben.„Nie wieder ist jetzt!“ … pic.twitter.com/MMfFT3rnhk
— Julian Röpcke🇺🇦 (@JulianRoepcke) July 31, 2025
Röpcke erwies sich als besonders hartnäckig und lieferte sich noch im Kommentarbereich weitere Schlachten mit denjenigen Lesern, denen es trotz der EU-Sperren dennoch gelang, sich mit technischen Mitteln Zugang zu dem Artikel zu verschaffen und ihn zu lesen.
Auch seriösere Medien wie die moderate Berliner Zeitung oder die explizit antirussische Frankfurter Rundschau (FR) veröffentlichten Artikel dazu. Während die Berliner Zeitung fairerweise umfassend aus dem Artikel zitierte, aber dennoch reißerisch titelte ("Russisches Medium schockiert mit Leitartikel: 'In der Ukraine sollte niemand am Leben bleiben'"), beschränkte sich die FR auf die bloße Wiedergabe der Sichtweise proukrainischer Propaganda-Kanäle.
Gerade die Beteiligung von englischsprachigen Kampfblättern wie Kiyv Independent oder Nexta an der Kampagne legt eine gesteuerte psychologische Operation des ukrainischen Propaganda-Netzwerks nahe. Denn schon innerhalb weniger Stunden tauchte eine unüberschaubar große Zahl ähnlich klingender Artikel in vielen europäischen Sprachen auf.
Es bleibt abzuwarten, ob die Empörungswelle über den vermeintlichen Genozid-Aufruf auf weitere deutsche Medien überschwappt und die einschlägig bekannten Großpropagandisten erreicht. Der Russenfresser" Roderich Kiesewetter retweetete immerhin Weigandts Post, allerdings ohne weiteren Kommentar. Die Vorteile einer derartigen Kampagne lägen auf der Hand: Mit dem Holocaust-Vorwurf gegen die Russen lässt sich ziemlich gut von dem echten, tatsächlichen Genozid Israels im Gazastreifen ablenken.
Doch davor hütet man sich offenbar bislang, denn die Befürchtung, dass zu viele Leser durch die Kampagne in die Versuchung geraten, die gut recherchierten RIA-Artikel zu lesen, und möglicherweise zu anderen Schlüssen kommen, ist offenbar groß. Lieber lässt man die wahren Absichten des Westens, die der Senator Graham so ungeschminkt zum Besten gab, weiterhin im Verborgenen.
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