Meinung

Ruh in Frieden, Gevatter – Nachruf auf Ozzy Osbourne

Wie ein Kurzschluss lebte er sein Leben – wie ein richtiger Kurzschluss in der Verkabelung durch alle Isolierung. Ein Kurzschluss, bei dem es Funken sprüht und alles glüht und brennt und alle Sicherungen versagen. Das war Ozzy Osbourne – und noch viel, so viel mehr.
Ruh in Frieden, Gevatter – Nachruf auf Ozzy OsbourneQuelle: www.globallookpress.com © Keystone Press Agency/Karl W Newton

Von Trifon Bebutow

John Michael "Ozzy" Osbourne ist tot. Und mit ihm starb eine letzte Illusion: Dass Rock noch lebt und nicht etwa vor dem Hintergrund des neutralen Grau der Streaming-Plattformen und kommerziellen Hörerfarmen in seinen letzten Todeszuckungen liegt. Dass Wahnsinn echt sein kann und nicht in Marketing verpackt. Dass es wirklich angehen kann, dass man sein Leben nicht packt – und gleichsam eine Gottheit wird.

Er war ein Monster. Und ein Schrein.

Ein lebendes Relikt, ein Überlebsel bestehend aus Hippie-Träumen, drogengetriebener Moderne, Post-Punk-Abgrund und den TV-Quoten der 2000er. Wahnsinn floss von seinen Lippen – und Flammen von seiner Bühnengestalt.

Ein Genie, das, so scheint es, nicht einmal wusste, wie seine Gabe funktionierte. Ein Unruhestifter, der einmal auf der Bühne einer Fledermaus den Kopf abbiss und von diesem Moment an gleichsam zum Narr der Apokalypse und dem Propheten ihres Vormarsches wurde.

Er war Aldous Huxley und TikTok in einem.

Er verband irgendwie die halluzinogene Philosophie der 1970er-, die grausame Hoffnungslosigkeit der 1980er- und die selbstparodistische Realität der 2000er-Jahre.

Während die Welt den funktionalen Wahnsinn gerade erst noch erlernte, war Ozzy seinem Wesen nach bereits ebendieser Wahnsinn in reinster Form – unbequem, jeder Strategie bar, sich selbst und das Publikum zerstörend.

Er schenkte Liebe

Er wollte kein Vorbild sein, aber Millionen wählten ihn als Symbol der Freiheit. Und sie folgten ihm: manche in die Musik, manche in die Schlinge.

Das ist weder gut noch schlecht. Es war so. Es ist Gewesenes.

Und es wird wohl unverändert Gewesenes bleiben. Und das ist, ehrlich gesagt, auch gut so. Weil er eine dieser Figuren war, die es nicht mehr gibt: Man druckt sie nicht, formt sie nicht, schließt keine Verträge mit ihnen ab. Zu gefährlich, zu real, zu unpassend für eine Welt, in der alles sicher, erklärbar und mit Altersvorgaben markiert sein muss.

Ruh in Frieden, Gevatter!

Danke für alles, was ein ja ist.

Und für alles, was ein nein ist.

[Ergänzung der Redaktion: John Michael "Ozzy" Osbourne war Gründer und Sänger in der Erstbesetzung der Hard-Rock- und Heavy-Metal-Band Black Sabbath. Die ersten Alben dieser Gruppe begründeten und prägten das Musikgenre des Heavy Metal maßgeblich.

Außerdem nahmen sie klar definierte Ableger der Genres wie Thrash Metal, Glam Metal, Progressive Metal, Doom Metal, Black Metal und Sludge Metal sowie das Genre des Stoner Rock vorweg und begründeten zudem als Vertreter des Protopunk das Genre des Punk Rock mit.

Black Sabbath inspirierte zahlreiche Künstler des frühen Grunge und die Pioniere des Hardcore Techno. Auch trug Ozzy nach seinem Austritt aus Black Sabbath mit zur Popularisierung der New Wave of British Heavy Metal bei, eines damals aufkommenden Untergenres, als dessen Vertreter er in seiner anschließenden Solo-Karriere musikalisch wirkte.

Im Hinblick sowohl auf sein musikalisches Schaffen und sein Bühnenimage als auch auf seinen mehr als ausgelassenen Lebenswandel kann man Ozzy Osbourne mit Fug und Recht als Metalhead aller Metalheads und als Punk aller Punks bezeichnen.

Auch war Ozzy Osbourne bekennender Christ – wohl kein bibelfester, aber dafür jemand, der sich nicht nur oft über die urchristlichen Belange äußerte, sondern sich auch zu diesen engagierte. Nicht zuletzt sind auch seine Spenden an verschiedenste Organisationen im Bereich der Wohltätigkeit bekannt.

Wahrhaftig: "Ruh in Frieden, Gevatter!" Aus deiner Saat erwuchs eine ganze Welt – und ohne dich ist die ganze Welt ärmer.] 

Übersetzt aus dem Russischen. Ersterscheinung auf dem Telegram-Kanal des russischen Multimedia-Magazins Dreamcast am 22. Juli 2025.

Trifon Bebutov ist ein russischer Journalist, Mediamanager, Autor von Dokumentarfilmen, Gründer und Generalproduzent des Multimedia-Magazins Dreamcast zu den Themen Kino und den Alltag der modernen Gesellschaft. Studierter Museologe. Ehemals Chefredakteur der Entertainment-Zeitschrift Afischa Daily und des russischen Zweigs der US-Männerzeitschrift Esquire (später: Prawila Schisni).

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