Meinung

Steckt in den Deutschen immer noch der alte Todestrieb?

Der Germanist und Journalist Rottenfußer beantwortet diese Frage mit "ja" und er führt dafür gute Gründe an. Tatsächlich scheint dieser historische Trieb der deutschen Eliten, ihr eigenes Volk zu zerstören, auch heute unbewusst die Handlungen führender Politiker und ihrer medialen Hofschranzen zu bestimmen.
Steckt in den Deutschen immer noch der alte Todestrieb?Quelle: Gettyimages.ru © Wirestock/iStock/Getty Images Plus

Von Rainer Rupp

Was ist los mit Deutschland? Diese Frage muss sich jeder stellen, der genauer hinsieht auf eine Gesellschaft, die antriebslos, gespalten und kulturell entkernt wirkt. Die Deutschen scheinen müde – ja, regelrecht lebensmüde. "Der deutsche Todestrieb" lautet denn auch der Titel eines sehr langen Essays von Roland Rottenfußer*, das der Germanist, Journalist und Autor auf der Internet-Plattform Manova (zuvor Rubikon) jüngst veröffentlicht hat. Darin beschreibt er eine Nation, die historisch einen Hang zur Selbstzerstörung kultiviert hat und diesen heute in modernisierter Form fortsetzt.

Tatsächlich kommen einem beim Blick auf die aktuelle Politik in unserem Land zuhauf Ereignisse zur Untermauerung von Rottenfußers These in den Sinn, etwa das Verhalten von Bundeskanzler Friedrich "Drecksarbeit" Merz. Mit Vorbildfunktion für das deutsche Volk hatte er schon im Mai 2022 in einem Interview mit RTL/ntv seine Furchtlosigkeit – oder war es Gleichgültigkeit – vor Krieg und Zerstörung bekannt. Auf die Frage, ob er befürchte, dass Deutschland aufgrund seiner Waffenlieferungen an die Ukraine von Russland zur Kriegspartei erklärt werden könnte, was möglicherweise zu einem Atomkrieg führen würde, gab Merz zur Antwort:

"Ich habe keine Angst vor einem Atomkrieg mit Russland."

Allerdings zeigte er – zumindest pro forma – Verständnis für die Weicheier, die anderer Meinung sind und sich nicht wie Lemminge auf dem von Merz vorgezeichneten Weg in den atomaren Abgrund stürzen wollen, während Merz sich mit seinem Privatflugzeug längst aus dem Staub gemacht hat.

Auch Boris "Kriegstüchtig" Pistorius, der offensichtlich ein Faible dafür hat, sich aus Joseph Goebbels' Nazi-Wortschatz mit griffigen Vokabeln zu bedienen, scheint nur noch ein Ziel im Auge zu haben, und das ist nicht der Frieden in der Ukraine, denn davor haben er und seinesgleichen die größte Angst, denn dann könnten er und seine Kriegstreiber-Kumpane zur Rechenschaft gezogen werden!

Allerdings hat die allseits beliebte Berliner Hofberichterstatterin und ZDF-Moderatorin Dunja Hayali in Bezug auf Propaganda mit implizierter Todessehnsucht für Deutschland vorerst den Vogel abgeschossen. In der Nachrichtensendung ZDF heute konnte sie ihre Freude nicht verbergen, als sie ihren Bericht über neue Waffen für die Ukraine mit folgenden Worten anmoderierte:

"Immerhin, eine gute Nachricht gibt es. Kiew wird weitreichende Waffen in hoher dreistelliger Stückzahl von Deutschland bekommen."

Ebenso effektvoll hätte sie auch sagen können: "Freut Euch, der Dritte Weltkrieg und die Zerstörung Deutschlands sind endlich zum Greifen nah." Zur Abrundung dieses bevorstehenden Ereignisses fehlen jetzt nur noch romantische Abhandlungen aus den Jahren 1914 und Diskussionsrunden zum Thema "Süß und ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben", das damals – und später wieder bei den Nazis – in aller Munde war.

Vor diesem Hintergrund passt das Essay "Der deutsche Todestrieb" von Roland Rottenfußer wie die Faust aufs Auge! Nachfolgend habe ich seine wichtigsten Thesen und Beobachtungen zusammengefasst und mit einigen Bemerkungen ergänzt. 

Rottenfußer beginnt seinen Essay mit einer kurzen Abhandlung des berühmten Nibelungenlieds und dessen Auswirkungen auf die deutsche "Seele". Im Nibelungenlied weigern sich die Burgunder, den Mörder Hagen auszuliefern, obwohl sie genau wissen, dass sie damit ihr eigenes Ende besiegeln. Sie ziehen es vor, "Nibelungentreue" zu halten – ein Ehrbegriff, der absolute Loyalität fordert, auch um den Preis des eigenen Untergangs. Dieses Motiv wurde später politisch instrumentalisiert und 1909 erstmals von Reichskanzler von Bülow politisch eingesetzt, um die unbedingte Waffenbrüderschaft mit Österreich-Ungarn zu rechtfertigen. Das Ergebnis war der Erste Weltkrieg – über zwei Millionen Deutsche verloren ihr Leben.

Noch drastischer bedienten sich die Nationalsozialisten dieses Mythos'. Hitler forderte noch in den letzten Kriegstagen 1945 in einem "Führerbefehl" von jedem Deutschen "Pflichterfüllung bis zum Äußersten". Als klar war, dass der Krieg verloren war, ließ er eine Politik der verbrannten Erde umsetzen. Nichts sollte dem Feind in die Hände fallen – lieber sollte alles zerstört werden. Damit wurde das Land in Schutt und Asche gelegt und Millionen in den Tod geschickt. Der Mythos vom heroischen Opfer ging in einem Alptraum aus Bomben, Massengräbern und moralischem Bankrott unter.

Rottenfußer verweist darauf, dass diese historischen Extreme zwar auf den ersten Blick fern erscheinen mögen – schließlich ist das heutige Deutschland ein Land der Smartphone-Nutzer und Netflix-Konsumenten. Doch die Tendenz zur Selbstaufgabe, die Lust am Untergang, wie sie der Philosoph Jochen Kirchhoff nennt, sei nicht verschwunden. Kirchhoff beschreibt eine "lichtferne Schicht des deutschen Geistes", aus der eine zerstörerische Todessehnsucht hervorbreche – eine Bereitschaft, den eigenen Untergang nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern geradezu zu wollen.

Diese These wirkt zunächst pathetisch. Aber Rottenfußer findet im heutigen Deutschland viele Indizien, die darauf hindeuten. Ein Beispiel: Die Politik folgt in vielen Fragen weitgehend willfährig den Interessen der USA. Deutschland übernimmt massive Rüstungsverpflichtungen, die vor allem der NATO-Logik dienen. Es liefert immer schwerere Waffen in die Ukraine, auch wenn dies die Spannungen mit Russland gefährlich zuspitzt. Rottenfußer erkennt darin keine selbstbewusste Friedenspolitik, sondern eine gefährliche Hörigkeit – die Bereitschaft, für fremde Interessen das eigene Land erneut in einen Krieg hineinzuziehen.

Als weiteres Beispiel für die deutsche "Nibelungentreue" nennt Rottenfußer das deutsche Verhältnis zum zionistischen Apartheidstaat unter Führung des Netanjahu-Kriegsverbrecher-Regimes. Aus der immer noch sorgfältig gepflegten historischen Schuld von vor 80 Jahren erwächst eine kritiklose Loyalität zu aktuellen Kriegsverbrechern. Denen liefert Deutschland modernste Waffen, auch wenn diese in einem Konflikt eingesetzt werden, der international massiv als Genozid verurteilt wird. In diesem Zusammenhang nennt Rottenfußer Israel einen "aggressiven Staat".

Gleichzeitig werden viele Menschen aus Ländern nach Deutschland geholt, die mit Israel verfeindet sind. So importiert man die Konflikte des Nahen Ostens in deutsche Städte. Demonstrationen mit anti-zionistischen Parolen, aber auch pauschale Gewalt gegen Juden – all das wird sichtbar. Doch eine offene Debatte darüber wird unter Strafe blockiert, wobei jede Kritik an der offiziellen Regierungspolitik sofort als "rechts" diffamiert wird.

Rottenfußer geht noch weiter und nennt den Zustand der deutschen Wirtschaft einen weiteren Beleg für den aktuellen "Todestrieb" der Deutschen. Trotz warnender Stimmen ließ sich die Regierung ohne Proteste den wichtigsten Pfeiler der deutschen Energie-Infrastruktur unter ihrem Hintern wegsprengen, ohne auch nur ernsthaft zu protestieren. Infolgedessen sind wichtige Industrien abgewandert oder lahmgelegt worden – nicht zuletzt aufgrund einer überhasteten, von grünen Wolkenkuckucksheim-Vorstellungen fehlgeleiteten Energiepolitik und einer Bürokratie, die produktive Investitionen zu einem Marsch durch einen Irrgarten macht. Die Maßnahmen gegen die Corona-Plandemie und internationale Konflikte taten ihr Übriges. Die Folge: Massenverarmung, Absturz in der Wettbewerbsfähigkeit, steigende Depressionen und Krankheiten, zunehmende sozialpolitische Polarisierung und wachsende gesellschaftliche Instabilität.

Besonders klar werde der suizidale Trend aber im Geburtenrückgang. Deutschland verliert konstant Bevölkerung – auf sanfte, aber unaufhaltsame Weise. Rottenfußer zitiert Zahlen des Statistischen Bundesamts: Seit 1990 sank die Zahl der Geburten um 23 Prozent. Dieser Trend habe schon in den 1960er-Jahren begonnen, wurde aber durch Corona, Kriegsangst und wirtschaftlichen Niedergang noch einmal verstärkt. Rottenfußer nennt dies eine "sanfte Form des kollektiven Suizids".

An dieser Stelle holt er auch Thilo Sarrazin ins Boot – nicht als uneingeschränkten Gewährsmann, sondern als Statistiklieferanten. Sarrazins Buch "Deutschland schafft sich ab" prognostizierte, dass sich die Zahl der Nachfahren der 1965 lebenden Bevölkerung massiv reduzieren werde. Rottenfußer findet Sarrazins Ton zwar unsympathisch kalt, er erkennt aber in seinen Beobachtungen einen Kern Wahrheit: Eine Gesellschaft, die sich selbst nicht mehr reproduziert, die keine Zukunft will – stirbt aus.

Zudem verweist er auf die kollektiv-psychologische Dimension: dass viele Deutsche diesen Untergang als eine Art gerechte Strafe für die Verbrechen des Dritten Reiches ansehen (Anmerkung: Dabei fallen mir besonders die "Antideutschen", die "Antifa-Jugend" und grüne Parteigänger und Sympathisanten ein, die sich allesamt als sehr progressiv und ganz toll links empfinden). Rottenfußer zitiert konkrete Vorfälle, die diesen Selbsthass illustrieren: Politiker wie Claudia Roth demonstrieren hinter Bannern mit der Aufschrift "Deutschland, du mieses Stück Scheiße", während Bands wie Feine Sahne Fischfilet mit Texten wie "Deutschland ist Dreck" öffentlich gefeiert werden.

Rottenfußer wendet sich auch gegen die unkritische Aufnahme islamischer Einflüsse. Beispiele nennt er viele: Lehrerinnen mit Kopftuch, getrennte Eingänge bei islamistischen Veranstaltungen an deutschen Unis, den Schweinefleischverzicht in der Nationalmannschaft. Er stellt klar: Das Problem sei weniger die Zuwanderung, sondern das Fehlen einer klaren Selbstbehauptung der Mehrheitsgesellschaft. Kritik werde schnell als "islamfeindlich" gebrandmarkt und abgewürgt.

Doch nicht nur aus dem Orient, auch aus dem Westen kommt eine Form der deutschen Selbstaufgabe, nämlich die Amerikanisierung. Rottenfußer sieht in der bedingungslosen deutschen Unterwerfung unter das Diktat Washingtons eine besonders gefährliche Spielart des Selbstzerstörungstriebs. Statt eigene Interessen zu vertreten, nickt Berlin nahezu alles ab, was das Weiße Haus verlangt: massive Rüstungsausgaben, riskante Sanktionen gegen Russland und einen Energieverzicht, der die eigene Industrie ruiniert. Für ihn ist das keine "transatlantische Freundschaft", sondern eine Vasallentreue, die Deutschland in den Abgrund führen kann.

Des Weiteren widmet er sich der Anglo-Amerikanisierung des Kulturträgers "Sprache". Englisch sei in Wissenschaft und Wirtschaft schon längst Zwangssprache geworden, und viele junge Leute könnten sich kaum noch vorstellen, einen Film auf Deutsch zu schauen. Rottenfußer sieht hier ebenfalls eine paradoxe Form von Unterwerfung: Während die Zahl der Übertritte zum Islam überschaubar bleibt, geschieht die Anglo-Amerikanisierung weitgehend freiwillig und begeistert.

Er nennt die Anglizismen-Flut einen Indikator für ein größeres Problem: Die Deutschen hätten kaum noch Interesse an ihrer eigenen Sprache und Kultur. Wer Deutsch pflege, gelte als provinziell. Das Deutsche werde so zwischen den Einflüssen muslimischer Communitys und anglo-amerikanischer Globalisierung zerrieben. Rottenfußer beobachtet eine Flucht ins Internationale – allerdings nicht als Weltoffenheit im besten Sinne des Wortes, sondern als Verweigerung des Eigenen. Wer sich als "Weltbürger" definiert, glaubt, damit die "Last der deutschen Schuld" abwerfen zu können.

Auch das Einbürgerungsrecht thematisiert er kritisch. Zwar sei das "ius soli" (Geburtsortprinzip) moderner und weniger rassistisch als das alte "ius sanguinis" (Abstammungsprinzip), aber er fragt: Kann man jemanden wirklich als Deutschen anerkennen, der nicht ein Wort Deutsch spricht oder sich gar nicht mit den hiesigen Werten identifiziert? Rottenfußer vermeidet platte Pauschalurteile, zeigt aber reale Spannungen auf – etwa mit Erdogan-Anhängern oder islamistischen Gruppen, die hierzulande andere Gesellschaftsmodelle propagieren.

Für Rottenfußer lautet die zentrale Frage: Wollen die Deutschen überhaupt noch als Deutsche leben? Oder ist ihr kollektives Desinteresse an der eigenen Kultur, Sprache und Zukunft der Ausdruck einer tiefsitzenden Todessehnsucht?

Er verweist zum Schluss auf den Philosophen Jean-Paul Sartre. Dieser warnte bereits 1947 vor einer "willfährigen Selbstverleugnung" der Deutschen. Sartre forderte stattdessen eine "aufrichtige Verpflichtung auf eine Zukunft in Freiheit und Arbeit". Rottenfußer macht daraus seinen Appell: Deutschland kann sich nicht einfach auflösen, um seine Schuld loszuwerden. Es muss eine Kultur entwickeln, die offen, aber selbstbewusst ist. Eine, die Kritik zulässt und Streit aushält, statt jede Debatte im Keim zu ersticken.

Denn ohne dieses Bekenntnis bleibt Deutschland ein Land, das sich selbst abschafft – aus Bequemlichkeit, aus Scham oder aus einer seltsam konsequenten Lust am eigenen Ende. Und wer verhindern will, dass der Satz "Deutschland, verrecke!" zur politischen Realität wird, muss anfangen, darüber nachzudenken, was dieses Land zusammenhalten kann. Nur so lasse sich der alte Todestrieb zähmen.

*Roland Rottenfußer, geboren 1963 in München, ist ein deutscher Journalist und Autor. Nach dem Studium der Germanistik arbeitete er als Buchredakteur, Texter und Journalist für verschiedene Verlage. Von 2001 bis 2005 war er Redakteur bei der spirituellen Zeitschrift Connection. Seit 2006 ist er Chefredakteur des Online-Magazins Hinter den Schlagzeilen und von 2020 bis 2023 Chefredakteur von Rubikon (heute Manova). Er hat auch zu Publikationen wie Natur und Heilen, Publik Forum und Neues Deutschland beigetragen. Seine Arbeit beschäftigt sich oft mit spirituellen, kulturellen und politischen Themen, mit Büchern wie Schuld-Entrümpelung und Strategien der Macht. Er hat an Projekten mit namhaften Persönlichkeiten wie Konstantin Wecker zusammengearbeitet.

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