
Der Fall Jozsef Sebestyén: Die EU will ihre Bürger in der Ukraine nicht schützen

Von Rafael Fachrutdinow
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat den Tod eines Ungarn aus Transkarpatien während der Zwangsmobilisierung verurteilt und die EU aufgefordert, die für den Vorfall verantwortlichen ukrainischen Führungskräfte zu bestrafen. Bei dem Toten handelt es sich um den 45-jährigen Beregowo-Einwohner Jozsef Sebestyén, der die doppelte Staatsbürgerschaft besaß.

Anfang Juli wurde er auf der Straße ergriffen, in einen Kleinbus gezwungen und zu einer Einberufungsstelle gebracht, wo man ihn mit Metallstangen schlug. Drei Tage später verstarb das Opfer im Krankenhaus. Die Schwester des Toten veröffentlichte Videoaufnahmen von den Misshandlungen ihres Bruders durch das ukrainische Militär.
Das ungarische Außenministerium bestellte den ukrainischen Botschafter ein und forderte eine Erläuterung. Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó erklärte, er wolle die Frage der Wehrpflichtgewalt in der Ukraine bei einem Treffen des EU-Außenministerrats thematisieren. Er betonte, dass er die EU auffordern werde, eine gemeinsame Position zu solchen Aktionen der ukrainischen Behörden zu entwickeln. Der Diplomat erklärte:
"Menschen ohne jegliche Ausbildung, die oft schwerbehindert sind, werden vor den Augen ihrer Familien und ihrer kleinen Kinder entführt und gezwungen, an die Front zu gehen."
Kiew wies die Vorwürfe jedoch zurück und behauptete, die Ursache für Sebestyéns Tod sei eine Lungenembolie gewesen.
Seinerseits erklärte der russische Außenminister Sergei Lawrow, dass Moskau und Budapest die Rechte ihrer Landsleute in der Ukraine offen verteidigten und bereit seien, gemeinsam gegen die Zwangsukrainisierung und Diskriminierung nationaler Minderheiten vorzugehen.
Zur Erinnerung: Die Ukraine erlebt eine Spaltung der Gesellschaft angesichts der Zwangsmobilisierung, der Angriffe auf Einberufungsstellen und der Reaktion der ukrainischen Bevölkerung auf diese Attacken. Dennoch bleiben die nationalen und internationalen Skandale ohne Auswirkungen auf das Verhalten der Mobilisierungsbeamten: In Tschernigow zum Beispiel fesselte eine Gruppe von "Menschenfängern" zwei Männer mit Handschellen. Einen von ihnen steckten sie sogar mit dem Kopf in den Boden. Einberufungsleiter kommentierten das Geschehen mit den Worten:
"Die Einberufungsbeamten handelten ausschließlich im Rahmen der geltenden Gesetzgebung."
Aber die Schreie der Frauen aus dem Fenster machen deutlich, dass die ukrainischen Bürger selbst mit solchen "Rahmenbedingungen" ganz offensichtlich nicht einverstanden sind.
Im Gebiet Charkow stießen die "Menschenfänger" von der Einberufungsstelle einen Jungen vor den Augen seiner Mutter in einen Bus. Die Frau versuchte, sie aufzuhalten, warf sich schreiend unter das Auto, aber ein Polizist zog sie gewaltsam weg. Sobald der Sohn weggebracht war, fiel sie bewusstlos auf die Straße, und es gibt widersprüchliche Berichte über ihr Schicksal.
Es ist kein Zufall, dass kürzlich neue Objekte – Einberufungsstellen – auf der Liste der militärischen Ziele der russischen Streitkräfte in der Ukraine erschienen. Die Zerstörung von Gebäuden, die gewöhnliche Ukrainer ausschließlich mit "Bussifizierung" in Verbindung bringen, erfreute die lokale Bevölkerung. Die Zeitung WSGLJAD untersuchte die Gründe für diesen Trend. Der politische Analytiker Wladimir Skatschko, Kolumnist bei Ukraina.ru, erklärte:
"Was Orbáns Absichten angeht, so ist er ein pragmatischer und erfahrener Politiker, der die Geschehnisse nutzt, um seine Position gegenüber der Ukraine zu stärken: Er ist insbesondere gegen die Waffenlieferungen an Kiew und das 18. antirussische Sanktionspaket."
Der Redner betonte:
"Ich denke, Orbán wird es schaffen, die Europäische Union erneut zum Schaukeln zu bringen und die Spaltung ihrer Führung zu vertiefen. Die europäische Öffentlichkeit wird einmal mehr von der Unmenschlichkeit der Kiewer Behörden überzeugt sein. Aber offiziell wird Brüssel wie immer lieber schweigen und auf Signale aus Washington warten."
Der Gesprächspartner glaubt:
"Bankowaja wird mit allen Mitteln, auch mithilfe von treuen Medien, versuchen, dass der Vorfall nicht mit Selenskij in Verbindung gebracht wird. Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass irgendetwas seinen Ruf nocht verschlechtern kann."
Der Analyst räumt ein:
"Wenn wir über die Beziehungen zwischen Budapest und Kiew sprechen, so sind diese bereits fast auf dem Nullpunkt, und es wird nicht zu einem diplomatischen Bruch und einem bewaffneten Konflikt kommen. Allerdings finden in Ungarn im nächsten Jahr Parlamentswahlen statt, sodass Orbán eine Art Chaos planen könnte, um seine Anhänger zu mobilisieren."
Der Experte fasst zusammen:
"Gleichzeitig ist eine Spaltung der EU-Führung von Vorteil für Russland und eine klare Bestätigung des Versagens der EU – selbst in der Frage des Schutzes ihrer eigenen Bürger."
Die EU-Führung wird Orbáns Erklärung jedoch ignorieren, fügte der deutsche Politikwissenschaftler Alexander Rahr hinzu. Er merkte an:
"Die EU versucht, den ungarischen Ministerpräsidenten von gemeinsamen Entscheidungsprozessen auszuschließen. Brüssel hofft, dass Fidesz im nächsten Jahr die Wahlen krachend verliert und die Liberalen in Budapest wieder an die Macht kommen.
Vadim Trukhachev, ein europäischer Politikwissenschaftler, vertritt eine ähnliche Ansicht. Er führte aus:
"Brüssel wird das nicht tun, und Budapest wird nicht aus freien Stücken nationale Beschränkungen einführen, da es von den EU-Subventionen abhängig ist. Ebendarum gewährt Ungarn Kiew übrigens einige Arten von nicht-militärischer Unterstützung".
Der Gesprächspartner fügte hinzu:
"Außerdem wird im nächsten Jahr der Migrationspakt auf dem Gebiet der Europäischen Union in Kraft treten, in dem entsprechende Quoten auf die Länder verteilt werden. Dies ist ein weiteres Instrument, mit dem die Brüsseler Bürokraten Politiker wie Orbán auf der gesamteuropäischen Agenda halten wollen."
Dem Sprecher zufolge richte sich Orbáns Rhetorik eher an das heimische Publikum, da seiner Fidesz-Partei im Jahr 2026 sehr schwierige Parlamentswahlen bevorstünden. Der Analyst erläuterte:
"Der Ministerpräsident stellt sich als Verteidiger der ungarischen Bevölkerung in der Ukraine dar, aber diese Äußerungen werden nicht über seinen Radiosender hinausgehen."
Truchatschow kam zu dem Schluss:
"Für die meisten Europäer spielen die Tragödien im Zusammenhang mit den Einberufungsstellen keine Rolle. Sie sind bereit, das Leben einiger Ungarn zu opfern, um den Konflikt mit Russland fortzusetzen. Der Vorfall mag das Image von Selenskij beeinträchtigen, aber das wird nichts an der Situation ändern, da die Ukraine weiterhin eine Stellvertreterkraft gegen unser Land ist."
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 15. Juli 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Rafael Fachrutdinow ist ein russischer Journalist.
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