
"Landschaft des Todes" – US-Bericht über ukrainische Besatzung in Kursk

Von Wladislaw Sankin
"Landschaft des Todes: Was bleibt da, wo die Ukraine in Russland einmarschiert ist". So titelte vor wenigen Tagen die Journalistin der US-Zeitung New York Times Nanna Heitmann ihren Erlebnisbericht. Unter dem Schutz der Soldaten der Spezialeinheit Achmat besuchte sie im März den Ort Sudscha und mehrere umliegende Dörfer. Das zum Titel gehörige Bild zeigt diese Soldaten. Gederbte, unrasierte Gesichter bei ihrer schweren täglichen Arbeit – die Toten zu lokalisieren und zu bergen.

Das, was sie in den Häusern, Kellern und Feldern finden, tragen sie in einem schwarzen Plastiksack weg und laden es ins Auto. Der Betrachter begreift die Situation sofort und setzt den unsichtbaren, aber deshalb nicht weniger grausigen Inhalt des Beutels in den Händen von Soldaten mit der dazugehörigen Schlagzeile in Verbindung. Die Botschaft ist klar: Die Ukraine hat in diesem Teil Russlands Zerstörung und Tod hinterlassen. Zuvor war in den westlichen Medien so etwas nur Russland "gegönnt".
Die Journalistin hält sich im Laufe des Artikels jedoch mit Anschuldigungen gegen die Ukraine zurück. Alle russischen Angaben zu Todes- und Vermisstenzahlen versieht sie trocken mit dem Disclaimer, dass sie nicht unabhängig überprüft werden könnten, und alle russischen Vorwürfe gegen die Ukraine mit dem Vermerk, die Belege dazu seien nicht ausreichend.
An dieser Stelle trickst die Autorin, denn die Beweise sind erdrückend und die russischen Behörden präsentieren sie, wie es z. B. auf einer internationalen Konferenz des russischen Außenministeriums am 5. Juni der Fall war. Eingeladen waren auch westliche Journalisten und internationale Organisationen, doch sie hielten es nicht für nötig, an der Informationsveranstaltung teilzunehmen.
Sie findet sogar Zivilisten aus Sudscha, die etwas Positives über ukrainische Soldaten zu sagen haben. Während der Besatzung hätten sie im Ort verbliebene Menschen respektvoll behandelt und das Nötigste zur Verfügung gestellt. Sie blieben offenbar in jenem Teil des Ortes, der als Kulisse für Reportagen der westlichen Medien diente. Diese Journalistin reist aber auch in die umliegenden Dörfer und kann einer anderen, ungeschönten Realität ins Auge sehen.
Diese Realität begegnet ihr mit dem starken Verwesungsgeruch des Leichnams eines Zivilisten. Er war über Monate in einem mit Kugeln durchsiebten Auto liegen geblieben. Sie begegnet ihr mit dem Anblick einer Socke an dem Fuß einer toten Frau, die am Eingang ihres Hauses eingewickelt in einen Teppich liegen geblieben war. Oder mit den Folterspuren am Körper eines toten Mannes, der offenbar erschossen worden war.
Von wem und unter welchen Umständen – unbekannt, betont die US-Journalistin, denn soweit sind die westlichen Beobachter noch nicht, die Ukraine direkt des Kriegsverbrechens zu beschuldigen. Ihr Sprech erinnert an höhnisch-nichtssagende Berichte der OSZE, die verschiedene Vorfälle zwar meldeten, aber über die Urheber der Beschüsse der Zivilisten in den selbst aufgerufenen Donbass-Republiken über die Jahre keine Angaben machten.
Dennoch, der Bericht der Journalistin ist eine kleine Revolution. Denn dort kommen viele Russen zu Wort. Fast ausschließlich Russen. Kriegsgeschädigte Zivilisten, die ihre Entbehrungen stoisch ertragen und über die NATO klagen. Manche von ihnen haben schon dutzende während der Besatzung getötete Zivilisten begraben. Müde, verletzte Soldaten, die ihren schweren täglichen Job machen, ob in der Aufklärungs-, Sturm-, Minenräumungseinheit oder als Militärmediziner. Ohne Hass auf die Ukrainer erzählen sie über ihren Einsatz – gegenüber einer Journalistin aus einem "unfreundlichen" Staat wohlgemerkt.
Auch hinterhältiger Minenkrieg ist ein Thema. "Ukrainer haben hier das Gebiet stark vermint", merkt die NYT-Journalistin an. Und bezichtigt sie damit eines möglichen Kindstodes, wenn dieses Jahre nach dem Krieg beim Spiel irgendwo auf eine unentdeckte Mine trifft. Auch zeigt sie ein Foto mit dem gepanzerten US-Militärfahrzeug, das in Kursker russischen Feldern zu einem Haufen Altmetall wurde.
Dass es im Krieg auch eine andere Wahrheit geben kann, als jene, die täglich in den Medien gepredigt wird – für diese Erkenntnis reicht der Bericht allemal, trotz all seinen Mängeln. Und das verstehen die Vertreter des Regimes in Kiew sehr wohl, denn ihr Geschäftsmodell basiert auf einem absoluten Monopol über das, was die Leute sehen und hören.
Jetzt sehen sie den jahrelangen journalistischen Konsens über den russisch-ukrainischen Krieg, zumindest in den USA, langsam am Wackeln. Und sie schreiten ein, um dies zu verhindern. Der Sprecher des Außenministeriums Georgi Tichij hat auf dem Netzwerk X seine Empörung zum Ausdruck gebracht.
NYT habe mit der Veröffentlichung der Reportage eine äußerst "dumme Entscheidung" getroffen, schrieb der Beamte. Seiner Meinung nach ist eine solche Veröffentlichung kein Ausdruck von Ausgewogenheit oder einer "anderen Sichtweise", sondern "ermöglicht es der russischen Propaganda, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen".
Prominentere Regierungsvertreter in Kiew hielten sich bislang mit Kritik an der US-Zeitung zurück. Mit der Wiederaufnahme der massiven Militärhilfen vonseiten Washingtons haben sie nun allen Grund zur Freude und können das Tröpfchen Wahrheit der New York Times für eine Bagatelle halten. Aber stetes Wasser höhlt den Stein. Ob nun die EU oder die USA für Waffen für Kiew bezahlen, ein von außen am Leben gehaltenes Regime ist auch mit massivsten Lügen und Medienmanipulationen auf lange Sicht nicht zu halten.
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