
Trump lockert Russland-Sanktionen – aber die EU will sich weiter strangulieren

Von Rachel Marsden
Sieht aus, als wolle Washington der EU das Frühstücksbrot klauen. Schon wieder.
Die Trump-Regierung hat eben Sanktionen gegen ein russisch geführtes Atomprojekt in Ungarn aufgehoben, genauer gesagt eines, das von dem Moskauer Atomenergiegiganten Rosatom betrieben wird.
"Die Regierung von Präsident Trump hat diese Sanktionen aufgehoben. Das ermöglicht es, die Sicherheit der ungarischen Energieversorgung langfristig zu garantieren. Endlich gibt es in den Vereinigten Staaten eine Art von Präsidialverwaltung, die die Wirklichkeiten auf der Karte respektiert, sie berücksichtigt", sagte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó.
"Wir sind kein Land mit einer großen Menge an Öl- und Erdgasfabriken, die von trockenem Land umgeben sind. Daher kann unsere nachhaltige, billige und sichere Stromversorgung nur durch Atomenergie geliefert werden."

"Hört zu, ihr koffeinberauschten Brüsseler Bürokraten, die ihr dieses Gruppenprojekt aus der Hölle betreibt. Wir sind ganz gut mit russischem Öl und Gas gefahren, bis ihr es uns weggenommen habt wie einem Kleinkind den Schnuller. Und jetzt beschimpft ihr uns, weil wir keine neue Energie aus der Luft zaubern? Gut. Dann greifen wir zu Atom. Mit Russland."
Der Bau des Atomreaktors Paks 2 unter der Führung von Rosatom war durch die Sanktionen der Biden-Regierung eingefroren worden. Jetzt, da Trump zurück ist, gibt Ungarn bei dem Projekt wieder Gas.
Ungarns erster Paks-Reaktor liefert bereits die Hälfte der Elektrizität des Landes. Paks 2 wird den Anteil in den 2030er Jahren auf 70 Prozent erhöhen und jedes Jahr 3,5 Milliarden Kubikmeter Gas ersetzen – genug, um Brüssels Generatoren der zur Schau gestellten Tugend und der moralischen Empörung eine Woche lang zu betreiben. Er wird auch Ungarns CO₂-Emissionen um 17 Millionen Tonnen senken, was Ungarn theoretisch ein goldenes Klimasternchen aus Brüssel einbringen müsste.
Aber vor einigen Wochen bemerkte Ungarn, dass in Brüssel eine neue üble Idee gebraut wurde. Diesmal Sanktionen gegen nuklearen Brennstoff. Denn wenn man schon mit einer selbst verursachten Gaskrise zu tun hat, ist der nächste logische Schritt offensichtlich, seinen atomaren Optionen auch noch ins Knie zu schießen.
"Wenn die Europäische Kommission und Brüssel den zentraleuropäischen Ländern, darunter Ungarn, verbieten, Brennstoff in Russland zu kaufen, hätte das tragische Konsequenzen nicht nur für Ungarn, sondern für den gesamten europäischen Energiemarkt", warnte Szijjártó im Mai vor dem schrägen Blick auf den Atombrennstoff.
Währenddessen waren in Brüssel die EU-Führer schwer damit beschäftigt, die 18. – richtig, die 18. – Runde an Russland-Sanktionen zu erarbeiten. Diese Sanktionen haben inzwischen mehr Fortsetzungen als die Filmreihe Fast & Furious. Bei dieser Geschwindigkeit sollte jemand anfangen, eine Achterbahn und einen Vergnügungspark mit Sanktionsthemen zu bauen. Der könnte dann geschlossen bleiben, mit der Begründung, die Energie dafür sei zu teuer.
Und während die EU-Politiker auf der Weltbühne ihre besten Monologe der moralischen Überlegenheit aufführen, schleichen die europäischen Firmen hinter den Kulissen herum, um trotzdem Nuklearverträge mit Russland zu schließen. Das Rudel wird von Frankreichs Framatome angeführt, das mit Rosatom bei ebendiesem Projekt Paks 2 zusammenarbeitet.
Framatomes Rolle ist tatsächlich gewachsen, da sich Deutschland selbst vom Spielbrett genommen hat, wie es das derzeit generell zu tun pflegt. Die Grünen in der vorhergehenden Regierung blockierten die Beteiligung von Siemens Energy. Genau das brauchte die deutsche Industrie – eine weitere Selbstverstümmelung. Und Framatome liefert für Rosatom nicht nur die Prozesskontrollsysteme. Die beiden haben auch einen Vertrag geschlossen, um Nuklearbrennstoff zu produzieren – in Deutschland. Ruiniere das nicht, Berlin! Spoileralarm: Die Chancen sind ziemlich gut, dass es genau das tun wird.
Wenn die EU-Sanktionen diese franko-russische Partnerschaft töten, ist es Deutschland, das den nächsten Schlag einsteckt.
Man muss sich ohnehin wundern, warum ausgerechnet Washington der EU hier einen Gefallen tun sollte. Die USA sehen Europa als Konkurrenten auf der Bühne der Weltwirtschaft. Vielleicht ist die Aufhebung der Sanktionen gegen das russisch geführte Projekt Paks 2 ein strategischer Schritt, damit der US-Atomgigant Westinghouse Europas Frühstück stehlen kann, gerade so, wie das passierte, als die EU angestachelt wurde, ihre eigene Versorgung mit russischem Gas zu sanktionieren – und es mit US-LNG zu ersetzen.
Damals im März traf sich Szijjártó mit US-Außenminister Marco Rubio. Beide "diskutierten die Möglichkeiten einer Energiekooperation zwischen Ungarn und den USA, mit Atomenergie als Hauptinteressensfeld", schrieb Szijjártó auf Facebook. "Wir sind daran interessiert, diese Technologie in einer Partnerschaft mit Westinghouse zu entwickeln", fügte er hinzu.
Vielleicht geht es beim Fallenlassen der Sanktionen gegen Paks 2 also weniger um Ungarn und vielmehr darum, es wiedergutzumachen, mit Russland auszugehen – sodass Washington einlaufen und Europas Verabredung für den Schulball stehlen kann.
Aber man wüsste nichts von all dem, wenn man den EU-Trotteln zuhört, die die ganze Show betreiben. Amerika wirft ein Auge auf ein europäisches Industrievermögen, und Brüssels Reaktion ist anscheinend, den Rückzug in ein Kloster antirussischer moralischer Reinheit zu betreiben, damit Washington bekommt, was es will.
"Die Europäische Union soll zudem in den nächsten Tagen ein 18. Sanktionspaket annehmen. Nie dagewesen in seinen Ambitionen und den darin enthaltenen Maßnahmen für den Finanz- und Energiesektor", sagte der französische Präsident Emmanuel Macron Ende Juni.
Hallo Kumpel, verstehst du, dass, wenn sich diese Sanktionen auf Atombrennstoff erstrecken – eine ernsthafte Überlegung, wenn man nach der Schlagzeile der Financial Times vom 15. Juni geht: "Die EU will die nuklearen Verbindungen nach Russland kappen" –, also auch die Atomindustrie deines eigenen Landes über Framatome betroffen sein wird?
"Politisch müssen wir den Druck auf Russland aufrechterhalten, ernsthafte Gespräche zu beginnen, angefangen mit einem wirklichen Waffenstillstand. Und daher zielt unser 18. Sanktionspaket darauf ab. Wir sollten in der Position sein, bald ein abgestimmtes Paket zu haben", sagte Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission und faktische Königin der EU.
Klingt, als hätte die EU das Gewehr präzise auf den eigenen Fuß gerichtet. Ihr Finger zuckt ein wenig am Abzug. Anscheinend kämpft sie mit dem Beschluss, Atombrennstoff in die letzten Sanktionen einzubeziehen.
Königin Ursula hat das Stück irgendwie nicht verstanden. Vielleicht, weil sie in einem Raum in der Nähe ihres Büros lebt – Verzeihung, in ihren königlichen Gemächern – und keine Stromrechnung zahlen muss wie jeder andere in der EU, der zwischen Lebensmitteln und Heizung wählen muss.
Ungarn und die Slowakei haben ein weiteres Mal versucht, diesen letzten Geniestreich der EU zur Erhöhung der Lebenskosten zu blockieren. Denn irgendwer muss das tun, wenn der Rest zu sehr damit beschäftigt ist, sich vor den Hoheiten zu verbeugen.
Jetzt also die eigentliche Frage: Schafft es die EU, die Spur zu wechseln und Washingtons Führung in ein Tauwetter bei den Beziehungen mit Russland zu folgen? Oder wird sie einfach weiter über ihre eigenen Schnürsenkel fallen und dabei vorgeben, ein brillant choreographiertes Ballett zu tanzen, und einen "swan dive" [plötzlicher Kurssturz] als Szene aus "Schwanensee" auszugeben?
Übersetzt aus dem Englischen.
Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin von unabhängig produzierten Talkshows auf Französisch und Englisch. Man findet sie auf rachelmarsden.com.
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