Meinung

Kanzler Merz macht Druck auf EU, Nord Stream 1 zu sanktionieren. (Teil II)

Unter dem Titel: "Merz will EU-Sanktionen gegen Nord Stream, um zu verhindern, dass die USA und Russland die Gas-Pipeline (nach Deutschland) wieder starten" berichtet eine renommierte Londoner Wirtschaftszeitung am 23. Mai über einen neuen Skandal mit Bundeskanzler Friedrich Merz im Mittelpunkt.
Kanzler Merz macht Druck auf EU, Nord Stream 1 zu sanktionieren. (Teil II)Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Noah Wedel

Teil 1

Von Rainer Rupp

Laut Financial Times (FT, Bezahlschranke) bemüht Bundeskanzler Friedrich Merz die EU, weil er befürchtet, ein solches amerikanisch-russisches Konsortium könnte schon bald unter Führung eines US-Konzerns Gas von den Russen kaufen, um es dann formal als amerikanische Gas durch die NS-1-Pipeline nach Deutschland und in andere EU-Länder zu verkaufen. Der "Russland-muss-ruiniert werden"-Krieger Merz würde dann vor einem Dilemma stehen, denn wenn Deutschland den neuen US-Besitzer von NS-1 mit Sanktionen belegen würde, müsste Merz mit empfindlichen Reaktionen aus Washington rechnen.

Zugleich würde Merz mit starken innenpolitischen und auch innerparteilichen Problemen konfrontiert, wenn schon bald ein US-geführtes, russisch-amerikanisches Nord-Stream-1 (NS-1) Pipeline-Konsortium die Gaslieferungen nach Deutschland und andere europäische Länder wieder aufnehmen würde. Ein US-Konzern verhandelt bereits in Moskau. Nicht wenige Menschen in Deutschland würden in der Aussicht auf preiswertere Gas-Importe aus Russland eine Erlösung von ihren schlimmsten Problemen sehen und diese Initiative politisch kräftig unterstützen, schätzt die FT. Denn in jüngster Vergangenheit sind selbst in CDU-Reihen auf hohem politischen Niveau solche Forderungen bereits laut geworden. Zudem haben laut FT Trumps Bemühungen um eine Normalisierung mit Russland die Debatte über Nord Stream in Deutschland neu entfacht:

  • Eine Umfrage von Forsa habe ergeben, dass 49 Prozent der Einwohner von Mecklenburg-Vorpommern, die Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen befürworten.

  • Im März dieses Jahres habe Michael Kretschmer, CDU-Ministerpräsident des ostdeutschen Bundeslandes Sachsen gesagt, dass die Aufrechterhaltung von Strafmaßnahmen gegen Moskau völlig veraltet sei und überhaupt nicht zu dem passe, was die Amerikaner derzeit tun.

  • Die AfD fordere, die Pipelines wieder in Betrieb zu nehmen, da die größte Volkswirtschaft der Eurozone mit hohen Energiepreisen und Stagnation zu kämpfen habe.

  • Laut FT wird die Ansicht der AfD von etlichen Unternehmensführern und Politikern aus Merz' eigener CDU und der Partei seiner Koalitionspartner in der SPD geteilt.

  • Auch Dietmar Woidke, SPD-Ministerpräsident des ostdeutschen Bundeslandes Brandenburg, forderte jüngst eine Normalisierung der Handelsbeziehungen Deutschlands mit Russland nach einem Friedensabkommen.

  • Thomas Bareiß, CDU-MdB und Mitglied des neuen Haushaltsausschusses des Bundestags, merkte in einem Post auf LinkedIn positiv an, wie geschäftsorientiert "unsere amerikanischen Freunde" unter Trump im Umgang mit Russland seien.

Genau das aber will Friedrich Merz verhindern. Er will nicht, dass die Pipelines wieder in Betrieb genommen werden. De facto will er mit seiner Politik der Verweigerung die überhöhten Energiepreise in Deutschland auf unabsehbare Zukunft beibehalten und nichts tun, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie wieder herzustellen und die wirtschaftliche Stagnation, die Abwanderung oder Schließung wichtiger Industriezweige wegen zu hoher Energiepreise und den allgemeinen Abwärtstrend in unserem Land zu stoppen.

Russland zu ruinieren, scheint Kanzler Merz wichtiger als Deutschland zu retten. Um jedoch die wachsende Kritik im ganzen Land und sogar in den eigenen politischen CDU-Reihen gegen seine Politik abzuleiten, greift Merz in die politische Trickkiste, um die EU-Kommission als "Blitzableiter" vorzuschieben. Denn wenn es ihm gelingt, die EU trotz erheblicher Widerstände in anderen Mitgliedsländern dazu zu bringen, auch NS-1 zu sanktionieren, dann könnte er ruhigen Gewissens seine "Hände in Unschuld waschen" und auf die EU-Anordnung verweisen, die ihn zur Untätigkeit verdammt.

Alexander Mercouris, ein in alternativen Medienkreisen weltbekannter geopolitischer Kommentator mit Sitz in London, hat am 23. Mai ebenfalls die Causa "Merz und NS-1-Sanktionen durch die EU" aufgegriffen. Er argumentiert, dass Merz offensichtlich bereit sei, die deutsche Wirtschaft auf dem Altar der anti-russischen EU-Sanktionen zu opfern. Vor allem sei Merz besorgt, dass sich die Politik in Deutschland ändern könnte, womöglich schon bevor den nächsten regulären Bundestagswahlen in drei Jahren, was zu einer Wiederinbetriebnahme von NS-1 führen könnte.

Da Merz zukünftigen deutschen Regierungen nicht traut, dass sie die Politik deutscher Regierungen in den letzten 15 Jahren – nämlich die Zerstörung der deutschen Industrie – fortsetzen werden, will er die bisherige "Russland-muss-ruiniert-werden"-Politik mithilfe von EU-Sanktionen gegen NS-1 auch gegen eine mögliche zukünftige AfD-Regierungsbeteiligung "wetterfest" machen. Denn wenn NS-1 erst einmal auf der EU-Sanktionsliste steht, dann wäre ein potenziell großes politisches Problem für Merz beseitigt. Im Umkehrschluss bedeute das, so Mercouris, dass eigene politische Probleme für Friedrich Merz wichtiger sind als die wirtschaftliche Gesundheit Deutschlands oder die Lebensbedingungen der deutschen Bevölkerung oder die materiellen Bedingungen der Menschen in Europa!

Weiter führt der britische Geostratege Mercouris unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten EU-Beamten aus, dass eine weitere Erklärung für das seltsame Verhalten von Merz im Umlauf ist; dass nämlich Merz beabsichtige, das Problem der NS-1-Pipeline zu "europäisieren". Dann wäre Berlin im Fall des Zustandekommens des amerikanisch-russischen NS-1-Konsortiums nicht allein dem Druck der USA und Russlands ausgesetzt.

Wie auch immer, Fakt bleibe, dass Friedrich Merz bei der Europäischen Kommission lobbyiert, um Deutschlands eigene Pipeline sanktionieren zu lassen. Wörtlich meint Mercouris:

"Ich muss sagen, ich bin fassungslos. Ich finde es absolut unglaublich, dass der deutsche Bundeskanzler bereit ist, derartige Maßnahmen zu ergreifen, um die Zukunft der deutschen Wirtschaft zu sabotieren, indem er zukünftigen deutschen Regierungen die Reaktivierung von Nord Stream verwehrt. Wie gesagt, es macht mich sprachlos, aber das ist, wozu Deutschland geworden ist, und es zeigt auch, wozu die Europäische Union selbst geworden ist.

Denn Merz will eine Situation schaffen, in der zukünftige deutsche Regierungen keine Option haben, sich anders zu entscheiden. Wenn z. B. in ein oder zwei Jahren im Rahmen einer vorgezogenen Bundestagswahl die AfD die meisten Stimmen erhält und eine Regierung gebildet wird, ob mit oder ohne AfD, die mit Unterstützung der großen Mehrheit im Bundestag die North Stream-Pipelines wieder öffnen will, kann sie das nicht tun, weil die EU-Sanktionen, für die Merz derzeit in Brüssel lobbyiert, den Weg versperren.

Mit anderen Worten, was Merz derzeit tut, soll nicht nur politische Herausforderungen für Merz persönlich unterdrücken, sondern auch Optionen für Deutschland in der Zukunft ausschließen und den Deutschen die Wahl verweigern, was sie tun können, um die langfristigen Bedingungen Deutschlands zu verbessern. Ich bin wirklich fassungslos! Nach all den Jahren, in denen wir immer mehr von derartigen Sachen gesehen haben, sollte ich vielleicht aufhören, überrascht zu sein, aber ich bin es immer noch."

Vor etwa zwei Wochen, als Putin die 17. Runde der EU-Sanktionen diskutierte, die das Leben der Russen erschweren, merkte der russische Präsident an, es sei viel wahrscheinlicher, dass dadurch nicht das Leben der Russen, sondern das der Menschen in Europa erschwert werde. Obwohl die EU-Eliten völlig irrational handelten, müssten die Russen laut Putin weiter davon ausgehen, dass solche außergewöhnlich irrationalen Dinge weiter getan werden, weil die Führungskader der EU-Länder ausgesprochene "Dummköpfe" seien.

Ursprünglich hieß es in der englischen Übersetzung auf der offiziellen Webseite des Kremls, dass die EU-Eliten "Idioten" seien. Später wurde das abgeschwächt, weil das von Putin benutzte russische Wort eher jemanden mit "Halbwissen" beschreibt. Das kommt dem deutschen Wort "Dummkopf" wahrscheinlich am nächsten. Wie auch immer, die Mehrheit der Leser wird wahrscheinlich die erste Version der Übersetzung bevorzugen.

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