Meinung

Gefahr für Russland durch Infiltration mittelasiatischer Islamisten aus Syrien – wie vorbeugen?

Terroristen aus dem Ausland, darunter "Praktikanten" aus Usbekistan und Tadschikistan, spielten eine bedeutende Rolle bei Massakern an Alawiten und Christen. Später werden sie aus Syrien vertrieben und dürfen auch nicht in ihre Heimat zurück. Es bleibt nur ein Weg – nach Russland.

Von Geworg Mirsajan

In Russlands Medienwelt ist eine Phase US-amerikanisch-ukrainischer Einheitsthemen angebrochen. Der Löwenanteil der Artikel und Kommentare ist den Handlungen, Worten, sogar Gedanken und Absichten von Donald Trump in der Ukraine-Frage gewidmet. Und in dieser Hinsicht sind sogar die tragischen Ereignisse in Syrien, die vor 8–10 Jahren ebenso ein Einheitsthema waren, in den Hintergrund getreten.

Wohl wahr, Russlands Gesellschaft sympathisierte mit den Opfern des Völkermords, den die neue syrische Terrorregierung verüben ließ – mehr aber auch nicht. Teilweise, weil sie die Unmöglichkeit versteht, dass die russische Armee, die ja in der Ukraine im Einsatz ist, in Syrien irgendetwas hätte radikal ändern können – und teilweise, weil sie erkannt hat, dass es nicht Russlands Verantwortungsbereich ist. Sicher, einst haben wir Syriens Alawiten und Christen beschützt – doch jetzt müssen sie sich selbst verteidigen, und wenn sie Hilfe brauchen, dann in erster Linie den Iran um Hilfe bitten.

Das Problem besteht jedoch darin, dass es immer noch Russlands Sorge bleibt. Die Folgen des in Syrien begangenen Völkermords stellen eine direkte Bedrohung für die Sicherheit auch Russlands dar – in Form der Ankunft der Täter auf russischem Staatsgebiet.

Es ist kein Geheimnis, dass Terroristen nicht syrischer Herkunft, darunter "Praktikanten" aus Usbekistan und Tadschikistan, eine bedeutende Rolle beim Massenmord an Alawiten und Christen spielten. Diese Militanten, die nach Syrien gingen, um ihre niederen Wünsche zu verwirklichen, erhielten dort die nötigen Qualifikationen, Verbindungen und gegebenenfalls die notwendige ideologische Indoktrination. Und ihr zukünftiges Schicksal ist offensichtlich:

Syriens heutige Regierung, die derzeit versucht, sich vom Makel der Beteiligung am Völkermord reinzuwaschen, wird Sündenböcke suchen und sie auch demonstrativ ernennen. Die ersten Kandidaten für die Rolle des Sündenbocks werden dann eben die ausländischen Kämpfer sein, die den einheimischen Militanten fremd sind und mit denen sie die ohnehin schon mageren syrischen Ressourcen wirklich nicht teilen wollen. Dementsprechend werden sie auf die sicherste und billigste Art und Weise entsorgt – ins Exil.

Aber wohin? Für die tadschikischen und usbekischen Militanten dürfte die Rückkehr in ihre Heimatländer schwierig werden, da die örtlichen weitgehend säkularen Behörden dem politischen Islam de facto den Krieg erklärt haben. Daher werden sie höchstwahrscheinlich nach Russland gehen, wo die Regeln etwas milder sind und es ihnen durchaus möglich ist, sich zu "legalisieren".

Folglich besteht die Gefahr, dass sich auf Russlands Territorium potenzielle ideologische Terroristen befinden, die deutlich gefährlicher sind als die Täter des Terroranschlags in der Crocus City Hall in Krasnogorsk bei Moskau, die von den Organisatoren in irgendwelchen Ecken zusammengeklaubt und quasi am Straßenrand trainiert wurden.

Die Frage ist, wie man dies verhindern kann. Noch vor ein paar Jahren stellte sich diese Frage gar nicht – denn Moskau schickte seine Truppen nach Syrien ja unter anderem dafür, um dort, im syrischen Sand, ebensolche "Praktikanten" vorbeugend zu liquidieren, was ihm auch gelang. Nach dem Abzug der russischen Truppen funktioniert diese Methode nun nicht mehr. Russland muss sich etwas anderes einfallen lassen.

Natürlich haben radikale russische Nationalisten bereits eine Antwort. Ihrer Meinung nach besteht die universelle Lösung aller Migrationsprobleme mit den Ländern Zentralasiens darin, ein Visaregime mit ihnen einzuführen. Doch sowohl Russlands Außenminister Sergei Viktorowitsch Lawrow als auch alle ernst zu nehmenden Experten, die sich mit mittelasiatischen Angelegenheiten mehr oder weniger gut auskennen, sind sich einig: Die Abschaffung der Visafreiheit für Russlands Partner im eurasischen Raum entspricht nicht den nationalen Interessen des Landes.

Denn diese erstrecken sich sehr weit – weit über die Sicht auf die Welt durch das beengende Prisma des Nationalismus hinaus. Daher muss das Problem der aus Syrien kommenden islamischen Terroristen anders gelöst werden, statt einer sinnlosen und sogar schädlichen und zu nichts als leerem Aufsehen führenden Diskussion über die Visafrage – und zwar durch Kontrolle und Ordnung.

Kontrollmaßnahmen werden tatsächlich schon jetzt ergriffen. So kündigte Russlands Ministerpräsident Michail Wladimirowitsch Mischustin am 26. März an, dass das Land ab dem 30. Juni ein sogenanntes "digitales Migrantenprofil" einführen werde: Von jeder Person, die ins Land kommt, werden Fingerabdrücke und ein Lichtbild genommen, die als Kennung für ihr Profil dienen. Dort werden dann alle Daten eingegeben, die sich auf die Aktivitäten der betreffenden Person oder auf Besonderheiten ihrer Biografie beziehen.

Theoretisch schützt das Russland nicht vor der Ankunft ausländischer Islamisten, die im Land noch nicht durch irgendetwas aufgefallen sind. In der Praxis kann jedoch alles anders kommen, als man denkt – wenn diese Profile mit Daten aufgefüllt werden, die von den Geheimdiensten unserer Nachbarn bereitgestellt werden.

Ich weiß nicht, wie es in Tadschikistan ist, aber in Usbekistan weiß innerhalb einer Mahalla (eine Art örtliche Gemeinschaft wie etwa ein Viertel) jeder alles über jeden – und informiert die örtlichen Ordnungsdienste sehr aktiv. Wenn also ein Einheimischer für ein "Praktikum" nach Syrien oder Afghanistan abreist, so sind bereits dann sämtliche Daten über ihn erfasst – manchmal sogar inklusive der Fingerabdrücke, die in verschiedenen Fällen genommen werden. Genau deswegen ist solchen Personen die Rückkehr in ihre Heimat versperrt. Und diese Daten sind es nun, die es vollständig und in Echtzeit an die russischen Kollegen zu übermitteln gilt – möglicherweise sogar durch vollständigen unmittelbaren Zugriff aus Russland auf tadschikische oder usbekische Datenbanken. Und sollte es dann zu einer teilweisen Übereinstimmung zwischen einem Foto, Fingerabdrücken oder etwas Anderem im digitalen Profil kommen, das in Russland gegebenenfalls gerade erst neu erstellt wurde, wird der Islamist direkt an der Grenze festgenommen.

Wenn aber die freundlichen Staats- und Regierungsoberhäupter der mittelasiatischen Länder eine solche Zusammenarbeit ablehnen, kann Russland sie unaufdringlich daran erinnern, dass der Beitrag ihrer Wanderarbeiter zur Volkswirtschaft ebendieser zentralasiatischen Länder selbst in etwa ganzen Ausgabenposten in ihren Staatshaushalten entspricht. Und dass dieser Beitrag geschätzt und geschützt werden muss: sowohl vor einer Diskreditierung durch Islamisten – nach dem Terroranschlag auf Crocus schlossen einige usbekische und tadschikische Cafés in Moskau vorübergehend, und die Immigranten versteckten sich zu Hause – als auch vor verschiedenen Einschränkungen im Kontext der Weigerung der Regierungen, bei der Gewährleistung der russischen Sicherheit mitzuwirken.

Was die Ordnung betrifft, so müssen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden, um ein für radikale Islamisten inakzeptables und unerträgliches Umfeld im Land zu schaffen. Insbesondere ist das Tragen des Gesicht bedeckenden Niqabs – nicht zu verwechseln mit dem Haare bedeckenden Hidschab – zu verbieten. Eine Ausnahme kann ausschließlich für ausländische Diplomaten aus Ländern gemacht werden, in denen das Tragen des Niqabs und anderer Kleidungsstücke, die das Gesicht vollständig bedecken, vorgeschrieben ist, wie für Saudi-Arabien – um diplomatische Skandale zu vermeiden.

Russland muss sich auch mit Organisationen befassen, deren Aktionsfeld durch radikale Islam-Strömungen oder deren Größen vorgegeben wird. Dabei geht es sowohl um radikale Nationalisten, denen die Islamisten reichlich Nachrichtenanlässe und ideologische Munition liefern – als auch andererseits um verschiedene religiöse Organisationen, die da beschlossen haben, mit radikalen Vorschlägen etwa zur Polygamie und so weiter eine neue Schar von Anhängern radikaler Versionen des Islams zu rekrutieren – hauptsächlich aus denselben Immigranten.

Und schließlich ist es notwendig, in den Migrationszentren strenge Kontrollen einzuführen. Bis zu realen Haftstrafen für diejenigen, die Migranten ununterbrochen durch die Migrationskontrollen durchwinken. Artikel 276.1 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation "Unterstützung des Feindes bei Handlungen, die wissentlich gegen die Sicherheit der Russischen Föderation gerichtet sind" wäre hier durchaus geeignet. Die Mindesthaftstrafe hierfür beträgt 10 Jahre.

Nur so kann das Land umfassend, konsequent, methodisch und ohne Pathos und Hysterie um ein Visaregime vor der Invasion radikaler Islamisten geschützt werden. Und gleichzeitig eine gesunde Atmosphäre seiner inneren Gesellschaft herstellen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 27. März 2025 zuerst in der Zeitung Wsgljad erschienen.

Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren wurde er 1984 in Taschkent. Er machte seinen Abschluss an der Staatlichen Universität Kuban und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.

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