
Trump in der Falle Kiews und Europas

Von Alexandr Jakowenko
In den vergangenen drei Jahren wurde es zu einer banalen Wahrheit, dass weder Russland noch China isoliert werden können: Eine derartige Rolle haben diese globalen Mächte, die durch die Fäden gegenseitiger Abhängigkeit nicht nur miteinander, sondern auch mit einer ganzen Reihe anderer Staaten verknüpft sind. Im Hinblick auf Russland ist es offensichtlich wegen der grundlegenden Eigenständigkeit des Landes der Fall. Prinzipiell stimmt dies auch in Bezug auf die USA, die durch Trumps Politik während seiner ersten Amtszeit zu einer führenden Energiemacht wurden. Wieso begannen also im Westen Gespräche über eine gewisse Isolation Trumps?
Klar ist, dass die zunehmenden revolutionären Veränderungen unter Trump auf immer stärkeren Widerstand der liberalen Eliten mit der Demokratischen Partei an der Spitze stoßen, die die Wahlen verlor und immer noch keine charismatische und hinreichend junge Führungsfigur finden kann. Es reicht, festzustellen, dass sowohl Elon Musk als auch Robert Kennedy den liberalen "Sumpf" sowohl aus persönlichen Gründen als auch wegen Ablehnung der ultraliberalen Utopie, die die USA zerstörte, verlassen haben. Es stellte sich die Frage nach der Rettung des Landes vor diesem Wahnsinn, der von Verletzung der Elternrechte und Redefreiheit begleitet wurde. Letztere wurde gemeinsam mit dem gesunden Menschenverstand mit dem Etikett der "rechten Agenda", wenn nicht gar des Faschismus, versehen.
Deswegen stellt sich die große Frage: wenn nicht Trump und seine Ideen, wer dann? Das Land wurde förmlich, wie einst die Sowjetunion, zum Opfer einer radikalen und lebensfremden Ideologie. Für viele, vor allem für die weiße einheimische Bevölkerung, war klar, dass nicht das Land für die Ideologie, sondern die Ideologie für das Land existieren sollte. So war es mit dem Globalismus, wodurch sich die USA vom Besitzer in einen Besitz irgendwelcher anonymer Eliten verwandelte. Gerade das stellt die Alternative für Trump und verhilft ihm zu seiner Popularität, egal wie steinig sein Weg zur Normalisierung des Landes nach konservativen Mustern ist. Am anderen Pol stehen jene, die zu Opfern der Gehirnwäsche durch Demokraten wurden und entweder kein anderes Leben kennen oder nicht die Kosten des liberal-globalistischen "Fortschritts" sehen wollen.

Bisher ist es äußerst fraglich, ob Demokraten und die von ihnen regierten Bundesstaaten, einschließlich der Gerichte, Trump widerstehen können. Er hat gerade erst angefangen, und man kann nur mutmaßen, was ihm noch bevorsteht. So könnte er unerwünschte Migranten in demokratische Bundesstaaten abschieben und sie damit schlicht in den Bankrott treiben. Die Macht der Präsidialregierung, die in vielerlei Hinsicht nach der britischen konstitutionellen Monarchie des 18. Jahrhunderts modelliert wurde, ist nicht zu unterschätzen.
In der Außenpolitik ist die Spaltung unter den westlichen Verbündeten der USA und deren Eliten offensichtlich. Ein Teil von ihnen strebt nach einer Anpassung an die im Wandel begriffene Welt und die sich transformierenden Vereinigten Staaten, zumal die Rede vom Rückgang zu einem gesunden Konservatismus ist, der den Interessen des Establishments so lange dienlich war. Und dann schien es, als hätte der Teufel seine Hand im Spiel – und am meisten traf es die Demokraten in Amerika. Somit wäre es logisch, der "Parteilinie" der USA zu folgen, deren Vormacht in Worten, aber keinesfalls durch Taten infrage gestellt werden kann. Davon zeugen auch die Meinungsverschiedenheiten zum Ukraine-Konflikt: Europa setzt auf Krieg, was aber ohne Unterstützung durch die USA kein Vertrauen erweckt.
Die einen in Europa verstehen, dass die Herausforderungen für die eigene Entwicklung, die gelöst werden müssen, offensichtlich sind. Die anderen setzen auf einen Erhalt der dominierenden Positionen des Westens in der Welt als eine notwendige Bedingung für die Entwicklung des eigenen Landes. In jedem Fall ist die Spaltung innerhalb der westlichen Gesellschaft offensichtlich. Sie kann einen aggressiveren Kurs gegenüber Russland, China und sonstigen ideellen Gegnern verursachen. Die Frage ist, ob eine Konfrontation mit dem Rest der Welt möglich ist, wenn diese Welt, darunter Indien, gleich seit dem Beginn der russischen Spezialoperation eine Position der "Multiaffiliation" einnimmt, also mit allen Seiten Kontakte pflegt und sich an eigenen nationalen Interessen orientiert.
Unter Trump traten an die Stelle der liberalen "regelbasierten Ordnung" wieder die nationalen Interessen, die von den Liberalen lange zugunsten der Ideologie vernachlässigt wurden und die sich situativ – abhängig von den Gegebenheiten und nicht ihnen zum Trotz – herausbilden. Bei Trumps MAGA und "Frieden durch Stärke" geht es gerade darum, und nicht um die Aufrechterhaltung der liberalen Weltordnung der letzten 30 Jahre. Diese ist selbst nach Meinung der jüngsten Studie des britischen Chatham House mit dem Titel "Konkurrierende Visionen der internationalen Ordnung" zusammengebrochen. Demnach werde die Welt "fragmentiert", egal, ob man dies als Regionalisierung oder Ausbildung von Einflusssphären bezeichnet.
In diesem Kontext ist es kaum zu leugnen, dass der von Trump geerbte Ukraine-Konflikt zu weit gegangen ist und dass Bidens Administration die Einsätze so hochgetrieben hat, dass der Konflikt nicht mehr auf eine für Trump gewohnte Ebene des Gleichgewichts zwischen Profiten und praktischen Interessen einerseits und Ausgaben andererseits überführt werden kann. Dieser Konflikt steht Trump lediglich im Weg. Und gerade darin besteht Trumps Problem. Der US-Präsident beginnt erst, in die für ihn ungewohnte Materie des Existenziellen bei anderen Zivilisationen – der Identität, der Geschichte und des Schicksals – einzutauchen. Davon zeugen Meldungen über neue Sanktionen gegen Russland, was diesen Konflikt zu einem Krieg werden lässt und die Perspektive einer russisch-amerikanischen Normalisierung für lange Zeit verschließen wird. Dann wären die USA nicht für sich selbst, sondern für ihre Verbündeten – Macron, Merz, das verhasste transnationale Brüssel – da.
Deswegen könnte man wohl von einer Falle sprechen, in die Trump aufgrund von Kiews Verhalten auf Betreiben der europäischen Hauptstädte geraten ist, die die Transaktionsorientierung seiner Politik nicht akzeptieren. Russland hat seinerseits nicht vor, eigene Interessen aufzugeben, was aus den Erklärungen des Präsidenten Wladimir Putin in Murmansk deutlich wird.
Unter diesen Bedingungen sieht die Welt gespannt zu, ob es Washington gelingt, den Verbündeten und Kiew den eigenen Willen bei der Lösung des Ukraine-Konflikts aufzuzwingen, oder ob Trump im "Käfig" der alten außenpolitischen Philosophie gefangen bleibt, die seiner Vision der amerikanischen Interessen grundlegend widerspricht. Kiews Sabotage von Trumps sämtlichen Initiativen ist ein gefährliches Spiel vor allem der europäischen Hauptstädte, denn das Weiße Haus kann sich mit oder ohne Ultimatum von einer Konfliktbeilegung zurückziehen.
Merkwürdigerweise wurde der Tod von vier US-Militärangehörigen in einem litauischen Sumpf, der nicht auf Karten verzeichnet war, zu einem Element der für Trump entstandenen kritischen Lage. Der Zwischenfall illustriert deutlich die Position der führenden europäischen Hauptstädte, die ihr Schicksal an die Konfrontation mit Russland und die These der unvermeidlichen "russischen Aggression" in Europa geknüpft haben. Wird Trump auf diese Weise nicht in den Stall der westlichen Solidarität zurückgerufen?
In jedem Fall steht die Zukunft von Trumps Revolution und der USA selbst auf dem Spiel – eine Frage, bei der innenpolitische und außenpolitische Aufgaben eng verknüpft sind. Der Präsident der USA kann das unmöglich nicht verstehen, was ihm einen starken Anreiz verleiht, mit dem Kreml in Kontakt zu bleiben. Vergessen wir nicht, dass Moskau auch zu einem anderen Ausgang der US-amerikanischen Wahlen bereit war. Wie Trump zu Selenskij, können wir ihm sagen, dass die Probleme bei Amerika liegen, nicht bei uns.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 2. April 2025.
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