Meinung

Die ewig Gestrigen: Merz, Klingbeil und der Traum von deutscher Führung

In der Bundestagsdebatte zur Änderung des Grundgesetzes belegen die Vorsitzenden von CDU und SPD, dass sie den Kontakt zur Realität verloren haben. Das betrifft sowohl die Außen- als auch die Innenpolitik. Sie stehen für das, was das Volk abgewählt hat. Ihre Koalition hat daher keine Zukunft.
Die ewig Gestrigen: Merz, Klingbeil und der Traum von deutscher FührungQuelle: www.globallookpress.com © Frederic Kern

Von Gert Ewen Ungar

In der Bundestagsdebatte zur Änderung des Grundgesetzes zeigte sich gleich zu Beginn, wie sehr sich das politische Personal von SPD und CDU von den geopolitischen Entwicklungen einerseits, aber auch vom Respekt gegenüber dem Wählerwillen andererseits verabschiedet hat. 

Sowohl der Vorsitzende der SPD, Lars Klingbeil, als auch der Vorsitzende der CDU, Friedrich Merz, behaupten, an Deutschland werde angesichts der geopolitischen Entwicklungen ein Führungsanspruch herangetragen. Deutschland sei aufgerufen zu führen und Verantwortung zu übernehmen, ist eine wiederholte Behauptung der deutschen Politik. Das klingt gut und vor allem gewichtig, aber bei näherer Betrachtung ist nichts dran.

Obwohl ich Politik aufmerksam beobachte, habe ich noch nie gehört, dass ausländische Politiker öffentlich mit der Bitte aufgetreten wären, "Deutschland, bitte führe uns!" Der Gedanke, dass so etwas passieren könnte, ist geradezu absurd. Er ist der deutschen Großmannssucht geschuldet, lediglich herbeifantasiert, kurz, er hat mit der Realität absolut nichts zu tun. Warum korrigiert niemand diese schlimmste aller deutschen Illusionen? Ist der Glaube an deutsche Überlegenheit und Führungsstärke wieder so tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt, dass man das Absurde daran schon gar nicht mehr wahrnimmt? 

Dem Realitätsverlust bleibt auch Merz in seiner Rede konsequent treu. "Die ganze Welt schaut auf Deutschland", behauptet er und liegt so daneben, wie man nur daneben liegen kann. Denn während er das behauptet, landet ein Flugzeug in Moskau. An Bord der US-Sondergesandte Steve Witkoff, der Moskau über die Ergebnisse der Unterredung einer US-Delegation mit Vertretern der Ukraine in der saudischen Hafenstadt Dschidda unterrichten und Möglichkeiten für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs ausloten will. 

Darauf schaut die Welt. Zu diesen Ereignissen hat Deutschland nicht nur nichts beigetragen, es hat sogar versucht, die Entwicklung zu sabotieren. Für Deutschland und seine bizarren Aufrüstungspläne interessiert sich international derzeit niemand. Dass Deutschland der Wille zum Frieden fehlt, ist inzwischen klar. Das hat das Land der Welt in den letzten Jahren deutlich vor Augen geführt. 

In ähnlicher Weise, wie Merz und Klingbeil den Kontakt zur geopolitischen Realität verloren haben, haben sie den Kontakt zum Volk verloren. Klingbeil bietet den Grünen eine Art Kenia-Koalition light an, wenn sie der Grundgesetzänderung und der damit verbundenen Militarisierung Deutschlands zustimmen. Grundsätzlich haben die Grünen nichts gegen Militarisierung. Sie sind aktuell unter allen im Bundestag vertretenen Parteien die bellezistischste. Nur soll auch noch was für das Klima drin sein. Klingbeil kommt den Grünen entgegen.

"Wir haben angeboten, das Sondervermögen um Aspekte des Klimaschutzes zu erweitern", wirbt Klingbeil daher im grünen Lager. "Sie haben die feste Zusage, dass bei der Ausgestaltung des Sondervermögens und bei der Reform der Schuldenbremse für die kommende Legislatur sie eng eingebunden sind und dort mitarbeiten."

Mehr Verachtung für die Wähler und gegenüber der Demokratie lässt sich schwer vorstellen. Weil in der kommenden Legislaturperiode die Mehrheit für eine Grundgesetzänderung fehlt, soll sie noch vor der Konstitution des neuen Bundestages durchgepeitscht werden. Weil dazu die Stimmen der Grünen notwendig sind, verspricht Klingbeil ihnen das Recht auf Mitsprache. Die krachend abgewählte Politik der Ampel soll gegen den Wählerwillen fortgeführt werden. Dazu passt, dass die Merz-CDU alle ihre Wahlversprechen bricht und auf einen rot-grünen Kurs einschwenkt.

Im Wahlkampf versprach Merz Haushaltsdisziplin. Von einer faktischen Aushebelung der Schuldenbremse war nicht die Rede. Im Wahlkampf wetterte Merz gegen "grüne und linke Spinner". Jetzt ist er bereit, deren Politik umzusetzen. Der Gipfel der Verhöhnung der Wähler aber ist, dass diese politische Hinterlist und Heimtücke damit begründet wird, dass sie dem Schutz der Demokratie diene, da dadurch die "extremistischen Parteien" um ihr Recht auf anteilige politische Partizipation gebracht werden. Gemeint sind die AfD und das BSW. Der Wählerwille soll sich nicht im Bundestag niederschlagen. 

Was auch immer der Bundestag in Bezug auf das Grundgesetz und die Schuldenbremse beschließen mag, klar ist schon jetzt, diese Koalition hat keinen Bestand, denn sie will gegen die Realität regieren. Sie verkennt die geopolitischen Realitäten und sie richtet sich noch vor der offiziellen Aufnahme der Regierungsgeschäfte charakter- und verantwortungslos gegen die Interessen der Wähler und die Zeichen der Zeit. Das Weiter-so, für das die etablierten deutschen Parteien außen- wie innenpolitisch stehen, wurde abgewählt. Ewiggestrige und Vertreter einer deutschen Großmannsucht will weder die Mehrheit der deutschen Wähler noch die internationale Gemeinschaft auf der Regierungsbank im Bundestag. 

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