
Wird die UNO das Ende der unipolaren Welt überleben?

Von Wladimir Moschegow
US-Kongressabgeordnete haben im Senat einen Gesetzentwurf über den vollständigen Austritt der Vereinigten Staaten aus den Vereinten Nationen eingebracht. Der von dem republikanischen Senator Mike Lee verfasste Entwurf sieht vor, die Mitgliedschaft der USA in der UNO und allen damit verbundenen Gremien vollständig zu beenden, einschließlich eines Verbots der Teilnahme an UN-Friedensmissionen. Außerdem soll die Finanzierung der UNO gestoppt werden. Die US-Senatoren schlagen auch die Schließung des UN-Hauptquartiers in New York vor.

Was ist da los? Will US-Präsident Donald Trump wirklich alle Beziehungen der USA zu den Vereinten Nationen abbrechen, oder ist das nur ein Getöse seiner Parteifreunde?
Sagen wir es mal so: Trump macht zumindest keine Witze. Er ist bereits aus zwei UNO-Organisationen ausgetreten, indem er Dekrete zum Austritt der USA aus dem Menschenrechtsrat und dem UNRWA (dem Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten) unterzeichnet hat. Er ist auch aus wichtigen globalistischen Strukturen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Klimaabkommen ausgetreten.
Er hat konsequent jede Beziehung gekappt, die versucht, Amerika über dem Niveau des Staates hinaus zu binden. Dabei geht es um Dinge, die Trumps kategorische Überzeugung untergraben würden, dass es nichts gebe, was über dem Staat der Vereinigten Staaten steht. Alles, was sich als solches versteht – also alle globalistischen Strukturen –, sollen laut dem US-Präsidenten in Rauch aufgehen.
Und die UNO – die größte bürokratische Organisation der Welt, ein wahres Monster, das einen riesigen Haufen Geld verschlingt, hauptsächlich amerikanisches, und das damit beschäftigt ist, unnötige Resolutionen zu verabschieden – ist das größte Symbol für die Dinge, denen Trump den Krieg erklärt hat. Es genügt zu sagen, dass die USA 18 Milliarden US-Dollar pro Jahr für UN-Beiträge ausgeben und damit mindestens ein Drittel des Haushalts der Organisation finanzieren. (Im Vergleich dazu beträgt der Beitrag Russlands etwa 350 Millionen US-Dollar pro Jahr).
Die meisten US-Amerikaner unterstützen ihren US-Präsidenten in dieser Frage. Umfragen zufolge haben die Mehrheit der Republikaner und zwei Drittel der US-Amerikaner im Allgemeinen eine negative Einstellung zu den Aktivitäten der UNO. Und 20 Prozent sind bereits bereit, einen vollständigen Austritt aus der UNO zu unterstützen.
Daher sind solche Entschließungen und Gesetzentwürfe nicht überraschend. Und ich vermute, dass Trump dies früher oder später tun wird, wenn sich die Dinge so entwickeln, wie er es sich wünscht. Allerdings nicht im Moment. Im Augenblick hat lediglich eine Warnglocke geläutet.
Der erste Versuch, alle Nationen der Welt unter einem Dach zu vereinen, wurde nach dem Ersten Weltkrieg unternommen. US-Präsident Woodrow Wilson führte den Krieg unter dem Motto, "die Welt für die Demokratie sicher machen". Der Krieg zerstörte tatsächlich alle europäischen Imperien, einschließlich des Osmanischen Reiches. Die Idee, alle verbleibenden Nationen auf einen Nenner zu bringen, schien also eine gute Idee zu sein. Die Banker der Federal Reserve und ihr riesiges Gefolge, die Wilsons Delegation in Versailles vertraten und alle Resolutionen der Friedenskonferenz verfassten, teilten die Nachkriegswelt auf. So wurde auch die Charta des Völkerbundes verfasst, als Prototyp der angestrebten einheitlichen Weltregierung.
Das Projekt scheiterte jedoch. Der US-amerikanische Senat lehnte es kategorisch ab, einen Teil der US-amerikanischen Souveränität an eine undurchsichtige supranationale Organisation mit unklaren Aufgaben abzugeben. England und Frankreich atmeten erleichtert auf und torpedierten das Projekt, so gut sie konnten.
So sah die miserable Existenz des Völkerbundes bis zum nächsten großen Krieg aus.
Das Schicksal der UNO, die sie ersetzte, war erfolgreicher. Diesmal gelang es, dass der US-amerikanische Kongress die Mitgliedschaft in dieser Organisation akzeptierte. Die Pläne der Banker waren jedoch weitreichender. Nach Bernard Baruch, dem grauen Kardinal mehrerer US-amerikanischer Präsidenten, sollten die Vereinten Nationen durch das "Atomkomitee" gekrönt werden, dessen Plan zur Gründung Baruch am 14. Juni 1946 der UN-Generalversammlung vorlegte.
Der Baruch-Plan bedeutete die totale Kontrolle über alle Aktivitäten im Nuklearbereich und die Aufhebung jedes "Vetorechts in der UNO". Mit anderen Worten: Baruch legte einen Plan für eine "Atomdiktatur" vor, nicht einmal eine US-Diktatur, sondern einen supranationalen "Baruch-Club", in dem alle Fäden der Macht in der UNO zusammenlaufen sollten.
Die Aussicht auf die "Atomdiktatur" von Bernard Baruch beunruhigte alle. Selbst US-Präsident Harry Truman, der nicht in der Lage war, die Banker offen zu bekämpfen, schrieb in sein Tagebuch: Er (Baruch) "möchte die Welt, den Mond und vielleicht den Jupiter beherrschen – aber das werden wir noch sehen".
Mit vereinten Kräften der Russen, US-Amerikaner und Briten scheiterte Baruchs Plan. Und schon bald bekamen die Russen ihre eigene Atombombe (es wird vermutet, dass es nicht zuletzt die Angst vor "Baruchs Diktatur" war, die der UdSSR die atomaren Geheimnisse der US-Amerikaner offenbarte).
Nach diesem Scheitern des Baruch-Plans ging das Interesse an der UNO als einem wirksamen Instrument der "Weltregierung" verloren. Die Realität einer bipolaren Welt machte die Organisation jedoch zu einer geeigneten Plattform für diplomatische Kontakte zwischen den beiden Welten.
So fungierten die Vereinten Nationen bis Anfang der 1990er-Jahre als Treffpunkt verfeindeter Welten, bis sie dann schließlich ihre Daseinsberechtigung verloren. In der neuen Welt, die Trump aufbauen will, scheint es keinen Sinn zu machen, diplomatische Korps von 193 "souveränen Staaten" zu finanzieren und zu unterhalten.
Anstelle einer unipolaren Welt, in der die UNO als eine der Spitzenstrukturen des Globalismus diente, wie die WHO oder der Klimaausschuss, durch die es bequem war, große Projekte zu lancieren, um den Staaten des Planeten weiter die Reste ihrer Souveränität zu nehmen, schlägt Trump etwas Neues vor. Die Welt, die Trump aufbauen will, ist eine Welt der großen Imperien. In dieser neuen imperialen Welt soll es fünf bis sieben große imperiale Gebilde geben, die die Aufrechterhaltung der Ordnung überwachen, was ganz andere Strukturen erfordern wird, um die Koordination untereinander zu gewährleisten. Einst konnte die traditionelle (vor allem europäische) Weltdiplomatie dies recht gut bewältigen.
Man könnte natürlich darüber nachdenken, Organisationen wie die UNESCO, die Generalversammlung oder den Sicherheitsrat zu erhalten (letzterer hat heute fünf ständige Mitglieder: Russland, die USA, das Vereinigte Königreich, Frankreich und China). Aber es scheint einfacher zu sein, ein neues Gremium von Grund auf aufzubauen. Wie Kaiser Konstantin, der die neue Hauptstadt des christlichen Römischen Reiches nach Byzanz (dem späteren Konstantinopel) verlegte, und Peter der Große, der ein neues Reich mit Sankt Petersburg als Zentrum aufbaute. Ich denke, dass Trump in etwa folgendermaßen denkt: Wir sollten nicht den Dreck der alten Welt in die neue Welt übertragen.
Wenn der Aufbau einer neuen multipolaren Welt gut verläuft, werden die Vereinten Nationen ihre Gründung wahrscheinlich nicht überleben.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 5. März 2025 zuerst auf der Website der Zeitung Wsgljad erschienen.
Wladimir Moschegow ist ein russischer Publizist.
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