Meinung

Die "New York Times" rät Trump, mehr Venezolaner zu töten

Noch immer ist Washington bestrebt, den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro aus dem Amt zu jagen. Und noch immer haben die USA das lateinamerikanische Land mit massiven Sanktionen versehen. Die neue Regierung unter Präsident Trump dürfte die Konfrontation mit Maduro noch forcieren.
Die "New York Times" rät Trump, mehr Venezolaner zu tötenQuelle: Gettyimages.ru © Jesus Vargas/Getty Images

Von Ricardo Vaz und Lukas Koerner

Donald Trump ist zurück im Weißen Haus, und die künstliche Opposition ist wieder an der Tagesordnung für die westlichen Medien und die Demokratische Partei. Ob es darum geht, Migranten zu kriminalisieren, die "Soft Power" der USA mittels USAID aufrechtzuerhalten, antidemokratische Machtübernahmen herunterzuspielen oder den Hitlergruß zu verharmlosen, das Mitte-Establishment scheint durchaus damit zufrieden zu sein, Trump zu normalisieren oder ihn sogar von rechts zu überflügeln.

Es gibt natürlich keinen Bereich, in dem es mehr Konsens gibt als in der imperialen Großstrategie der USA, von der Führung eines völkermörderischen Krieges in Palästina bis hin zur Rekolonisierung von Washingtons "Hinterhof" südlich des Rio Grande. Laut dem antiimperialistischen Wirtschaftsexperten Ali Kadri ist die Anhäufung von Reichtum durch die Verwüstung der Gesellschaften des Globalen Südens durch Flächenbombardements und/oder wirtschaftlichen Belagerungskrieg oberstes Gebot.

Venezuela ist keine Ausnahme von diesem mehrgleisigen Angriff. Und das Leitmedium des US-Imperiums, die New York Times (NYT), führt stolz die Attacke an und befürwortete zuletzt den Sturz des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro "durch Diplomatie der Zwangsmaßnahmen, wenn möglich, oder Gewalt, wenn nötig".

Hoch oben auf seinem eigenen (imperialen) Thron

In einer Kolumne mit dem kämpferischen Titel "Depose Maduro" (Maduro absetzen) plädierte der Kolumnist der NYT, Bret Stephens, am 14. Januar offen für eine militärische Intervention der USA, um die Regierung Venezuelas zu stürzen. Er bezeichnete dieses Lehrbuchverbrechen der Aggression als "überfällig, moralisch richtig und in unserem nationalen Sicherheitsinteresse".

Für den laut Selbstbeschreibung "kriegstreiberischen Neokonservativen" ist dieser letzte Punkt bezeichnenderweise von größter Bedeutung. Insbesondere behauptete er, dass die "nationale Sicherheit" der USA es erfordere, "einem kriminellen Regime ein Ende zu setzen, das eine Quelle für Drogen, Massenmigration und iranischen Einfluss in den Amerikas ist".

Die Ironie, dass die Central Intelligence Agency (CIA) in den 1980er-Jahren im Rahmen des Iran/Contra-Skandals den Kokainhandel in schwarze Gemeinden der Arbeiterklasse erleichterte, ging dem Kolumnisten der NYT offensichtlich verloren.

Damals wie heute führen die wichtigsten Drogenrouten in die Vereinigten Staaten eher über den Pazifik als über den Golf von Mexiko. Ein Bericht der US-Drogenbehörde DEA aus dem Jahr 2017 ergab, dass weniger als zehn Prozent des in die USA fließenden Kokains durch den östlichen Karibikkorridor Venezuelas transportiert wurden, und das Washington Office on Latin America (WOLA) kam in einer Studie aus dem Jahr 2020 zu einem ähnlichen Ergebnis.

Nicht nur fließt der Großteil des Drogenhandels durch mit den USA verbündete Länder, sondern die US-Regierung selbst ist weitgehend an der Aufrechterhaltung des milliardenschweren Schmuggels beteiligt, wie ihre Unterstützung für Narco-Marionettenregime in Afghanistan und Honduras zeigt.

Im deutlichen Gegensatz dazu haben die USA gegen hochrangige Offizielle aus Caracas Anklage wegen "Narco-Terrorismus" erhoben und sogar ein Kopfgeld auf Maduro ausgesetzt, ohne auch nur den geringsten Beweis vorzulegen, denn westliche Medien übernehmen das Wort von Vertretern der US-Regierung gerne ungeprüft (BBC, 10.01.2025; NYT, 10.01.2025; Washington Post, 10.01.2025; AP, 10.01.2025).

Stephens beklagte, dass die mörderischen Wirtschaftssanktionen Washingtons "nicht funktioniert" hätten und sein Kopfgeld "auch nicht funktionieren" werde. Der Kolumnist ignorierte geflissentlich, dass die einseitigen Zwangsmaßnahmen, die von Offiziellen der USA treffend als "maximaler Druck" bezeichnet wurden, durchaus wirksam gewesen sind, um die Wirtschaft Venezuelas vorsätzlich zu schwächen, wobei mindestens Zehntausende Menschen getötet wurden und der Migrantenexodus ausgelöst wurde, den er als Rechtfertigung für sein geplantes militärisches Abenteuer anführte.

Solche Auslassungen bezüglich der Verantwortung der USA für die venezolanische Migration sind mittlerweile ein fester Bestandteil der Berichterstattung der Massenmedien (NYT, 31.01.25; PBS, 31.01.25; CBS, 02.02.25). Tatsächlich ist die Unterstützung für Washingtons Wirtschaftsterrorismus gegen Venezuela seit Jahren im gesamten politischen Spektrum der USA ziemlich einheitlich.

Zu den gängigen Taktiken gehört es, die Sanktionen als lediglich Maduro und seine Verbündeten betreffend zu beschreiben oder ihre Folgen als bloße Meinung des verteufelten Staatsoberhaupts darzustellen.

Der iranische Buhmann

Es ist auch keine Überraschung, dass in Stephens’ "Casus Belli" Iran neben den bekannten konservativen Klischees der lateinamerikanischen Migrantenhorden und der Drogen auftaucht, die die (weiße Siedler-)US-Politik bedrohen.

Stephens’ Fixierung auf das iranische Feindbild ist bemerkenswert, wenn auch kaum neu. Westliche Medien haben in den letzten Jahren unbegründete Gerüchte über den heimlichen Versand von Militärausrüstung durch Iran nach Venezuela verbreitet, und insbesondere die NYT hat ebenso faktenfreie Behauptungen über den Drogenhandel durch den iranischen Verbündeten Hisbollah verbreitet.

In der neuesten Ente führte Stephens an, Iran habe "Berichten zufolge eine 'Drohnen-Entwicklungsbasis' auf einem venezolanischen Luftwaffenstützpunkt eingerichtet". Diese Geschichte stammt jedoch von der rabiat gegen die venezolanische Regierung arbeitenden Plattform Infobae vom 10. Januar, die sich nicht einmal die Mühe machte, ihre anonyme Quelle zu beschreiben. In dem Bericht hieß es nur vage, dass es "Informationen" über diese angebliche Basis gebe.

Unabhängig davon, ob die angebliche Verteidigungszusammenarbeit zwischen den beiden souveränen Nationen wahr ist oder nicht, ist die wahrgenommene Bedrohung, in Anlehnung an den verstorbenen Edward Said, symptomatisch für die anhaltende Besessenheit des westlichen Imperialismus vom "Verlust Irans" nach dem Sturz des Schahs im Jahr 1979. Wie die Chinesische Revolution zuvor wird die Islamische Revolution im Iran noch Jahrzehnte später als globale zivilisatorische Bedrohung dargestellt.

Aber das Bemühen, die "Achse des Bösen" mit einer überarbeiteten Besetzung von Schurkenstaaten von Venezuela bis Iran zu aktualisieren, dient auch entscheidend dazu, Zustimmung für eine militärische Aggression gegen Teheran zu erzeugen, was seit langem der ultimative Traum bedeutender Teile der politischen Klasse und der Intellektuellen der USA ist, einschließlich Stephens.

Über Wahlen und "tropischen Despotismus"

In Stephens’ wiederbelebten Kanonenboot-Diplomatie war für jeden etwas dabei, selbst für die "Liberalen" mit blutendem Herzen, die entsetzt waren, dass der venezolanische Präsident Maduro angeblich "die Wahl gestohlen, seine Gegner terrorisiert und sein Volk brutal behandelt" hat.

Wie immer stützt sich die imperialistische Intervention der USA ideologisch auf die Leugnung der demokratischen Legitimität der bolivarischen Regierung, zuletzt in Bezug auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen vom 28. Juli 2024. Die Blockade Washingtons sorgte jedoch dafür, dass die Wahlen niemals frei und fair sein würden. Als Hauptfaktor für wirtschaftliche Not und Migration führten die US-Sanktionen dazu, dass die Venezolaner mit einer Waffe am Kopf an die Wahlurnen gingen, ähnlich wie die Nicaraguaner im Jahr 1990.

Es ist der Gipfel der Heuchelei, wenn US-Offizielle und ihre Stenografen in den Massenmedien das Recht beanspruchen, über die demokratische Legitimität anderer souveräner Nationen zu entscheiden, während sie zu Hause den Faschismus vorantreiben und weltweit völkermörderische Kriege führen. Dass Teile der westlichen "kompatiblen Linken" Stephens und seinesgleichen nachplappern und die Maduro-Regierung als "korruptes" und "repressives" Regime karikieren, ist bedauerlich, aber nicht überraschend.

Die rassistische Grundannahme, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht, besagt, dass Staaten des Globalen Südens, die sich weigern, sich dem imperialistischen Diktat des Westens zu beugen, "tropische Despotien" darstellen, die in einer nie endenden "Zivilisierungsmission" mit ihren antikommunistischen, "Krieg gegen den Terror"- und neowestlichen Mutationen gestürzt werden müssen.

Zerstörung des Death Star

Es ist bemerkenswert, dass das Drehbuch für Stephens’ Rambo-Fortsetzung über 35 Jahre alt ist: Stephens plädierte für eine "US-Militärintervention der Art, die 1990 das Regime des panamaischen Machthabers Manuel Noriega rasch beendet hatte". Der ehemals von den USA unterstützte Noriega war nicht zufällig ein ehemaliger CIA-Agent, der in die Iran/Contra-Affäre verwickelt war.

Die Darstellung der Intervention durch den obersten Kriegstreiber der NYT ist unglaublich selektiv und lässt außer Acht, dass die zentralamerikanische Nation bereits vor der Invasion von US-Militärstützpunkten besetzt war und die brutale Bombardierung des afro-panamaischen Stadtteils El Chorrillo diesen in "Little Hiroshima" verwandelte.

Aber die nüchterne Realität ist, dass Venezuela nicht Panama ist.

Venezuelas Bolivarische Streitkräfte haben sich zusammen mit anderen Verbänden, wie der Bolivarischen Miliz, ein Vierteljahrhundert lang auf einen "langwierigen Widerstandskrieg des Volkes" gegen das US-Imperium vorbereitet, und zwar auf der Ebene der Doktrin, Organisation, Ausrüstung und Ausbildung.

Wenn es den USA und ihrem zionistischen Kolonialaußenposten nicht gelungen ist, den heldenhaften palästinensischen Widerstand im Gazastreifen nach fast 500 Tagen eines völkermörderischen Krieges zu besiegen, ist ein asymmetrischer Konflikt mit einer deutlich größeren und stärkeren Streitmacht auf einem Gebiet, das mehr als 2.000 Mal so groß ist, wahrscheinlich kein ernst zu nehmendes Unterfangen.

Dennoch ist es die Pflicht aller Bewohner des imperialistischen Zentrums, die industrielle Todesmaschine Washingtons endgültig zum Stillstand zu bringen. Dieses übergeordnete strategische Ziel erfordert die systematische Entthronung der Goebbels'schen Propaganda der NYT.

Ricardo Vaz ist politischer Analyst. Lucas Koerner ist Doktorand für Geschichte Lateinamerikas und der Karibik an der Harvard University. Beide arbeiten in der Redaktion von Venezuelanalysis, einem englischsprachigen Onlinemedium mit Nachrichten und Analysen aus und über Venezuela.

Dieser Text erschien zuerst bei FAIR in Englisch. Übersetzung: Olga Espín

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