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Wertewestliche "Gleichberechtigung": Schwangerschaftsabbrüche bleiben in Deutschland formal illegal
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Von Susan Bonath
Frauenquoten, Minirock und Gendersternchen: Deutschland präsentiert sich gern als Vorzeigestaat für die Gleichberechtigung der Frau. Besonders gern spielen Politik und Medien diese Karte, um sich positiv von arabischen und anderen unliebsamen Ländern abzugrenzen. Doch eine Selbstbestimmung von ungewollt Schwangeren über ihren eigenen Körper geht vielen dann doch zu weit.
Die Unionsparteien CDU und CSU sowie die FDP verhinderten zu Wochenbeginn erfolgreich eine Abstimmung im Bundestag über die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten zwölf Wochen. Weil auch die AfD dagegen ist, existiert ohnehin keine politische Mehrheit dafür. So wird die derzeit restriktive Gesetzeslage vorerst erhalten bleiben. Das hat Folgen für Betroffene.
Abstimmung verhindert
Angeblich verfolgen SPD und Grüne – seit 2021 in der Regierung – dieses Ziel schon lange: Der Paragraf 218, der Schwangerschaftsabbrüche zunächst generell unter Strafe stellt, sowie seine Anhänge (§ 218 a, b und c sowie § 219), welche die Beratungspflicht für die Frau und Restriktionen für Ärzte vorschreiben und nur bei strikter Einhaltung einen Verzicht auf Strafen vorsehen, sollen danach generell aus dem Strafgesetzbuch entfernt und zivil geregelt werden.
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Erst jetzt, kurz vor der Neuwahl, reichten SPD und Grüne gemeinsam mit der Bundestagsgruppe der Linken einen entsprechenden Gesetzentwurf ein; am Montag hörte der Rechtsausschuss dazu Experten an.
Um den Entwurf in den Bundestag zur Abstimmung zu katapultieren, hätte nun der Rechtsausschuss eine Sondersitzung einberufen müssen, wofür wiederum eine Mehrheit im Ausschuss hätte votieren müssen. Dem verweigerten sich die Politiker der CDU/CSU und der FDP jedoch geschlossen. Die Entscheidung blieb aus, die Sitzung wird es nicht geben und der Gesetzentwurf liegt auf Eis.
Freilich hätte der Rest der Mitglieder dennoch über die Einberufung einer Sondersitzung votieren können. Doch da war sie plötzlich wieder, die scheinheilige "Brandmauer": Die Verfasser des Entwurfs wollten eine "Zufallsmehrheit" gemeinsam mit der AfD verhindern: Wohlgemerkt für die bloße Einberufung einer Ausschuss-Sondersitzung, um dort über eine Überweisung in den Bundestag zu entscheiden.
Mehrheit gegen Legalisierung
Gleichwohl: Selbst wenn die Antragsteller zusammen mit der AfD die nötige Sondersitzung erwirkt hätten, wäre eine mehrheitliche Befürwortung im Bundestag, wahrscheinlich bereits die Überweisung in selbigen, zum Scheitern verurteilt gewesen. Denn nicht nur die Unionsparteien und die FDP sind strikt gegen eine Aufweichung der Strafparagrafen.
Auch das Wahlprogramm der AfD befürwortet auf den Seiten 148 und 149 explizit nicht nur die Beibehaltung der Rechtslage, sondern auch eine weitaus striktere Umsetzung. So sei etwa die Beratungspraxis und deren Wirksamkeit regelmäßig und viel schärfer zu überprüfen. Das Ziel müsse sein, so viele Schwangerschaftsabbrüche wie möglich zu verhindern.
Anders ausgedrückt: Die Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken hätten sich Moralpredigten zur "Brandmauer" schon deshalb sparen können, weil es im Bundestag keine Mehrheit für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten zwölf Wochen gibt.
Rückständiges Deutschland
Im Gegensatz zum heutigen Deutschland war die DDR schon weiter. Sie hatte 1972 ein Gesetz erlassen, das es Frauen und Mädchen ermöglichte, eine ungewollte Schwangerschaft in den ersten zwölf Wochen eigenverantwortlich abzubrechen, Ärzte wurden entsprechend ausgebildet, alle Krankenhäuser boten diesen Eingriff an.
In Russland setzte Lenin bereits 1920 ein Legalisierungsgesetz durch, das zunächst in der wenig später gegründeten Sowjetunion bestehen blieb, von Stalin aber 1936 aufgehoben und erst nach dessen Ära 1955 wieder eingeführt wurde. Bis heute sind die Regeln in Russland weniger restriktiv als in Deutschland. Allerdings fordern vor allem Orthodoxe seit längerem Verschärfungen, es wird heftig darüber diskutiert.
Frankreich legalisierte Schwangerschaftsabbrüche bis zur zehnten Woche bereits 1975, heute dürfen sich Frauen bis zur 14. Woche für einen solchen Eingriff frei entscheiden. In den Niederlanden haben sie diese Möglichkeit sogar bis zur 24. Woche – unter der Bedingung, den Abbruch in einer dafür vorgesehenen Klinik vornehmen zu lassen. Irland führte 2019 ein Gesetz ein, das Straffreiheit bis zur zwölften Woche regelt. Spanien verzichtet seit 2023 auf sämtliche rechtliche Gängelei von Betroffenen.
Allerdings geht es in einigen europäischen Ländern noch weit repressiver als in Deutschland zu. Malta beispielsweise verbietet Frauen grundsätzlich Schwangerschaftsabbrüche. Im Jahr 2023 führte der Staat nur eine Ausnahme ein: Wenn das Leben der Mutter explizit in Gefahr ist. Ähnlich verfährt Polen, was dort bereits dazu geführt hat, dass Schwangere mit Komplikationen in Krankenhäusern starben, weil Ärzte aus Angst vor Strafverfolgung trotzdem keinen Abbruch vornehmen wollten.
Spießrutenlauf für Frauen und Ärzte
Für Ärzte und betroffene Frauen bleibt die derzeitige Gesetzeslage in Deutschland nicht ohne Folgen. So werden Schwangerschaftsabbrüche in der medizinischen Grundausbildung nicht gelehrt. Wer diese dennoch durchführen möchte, muss sich selbst um den Erwerb von Expertise kümmern. Überdies dürfen Mediziner und Kliniken solche Eingriffe nicht offiziell anbieten. Demonstrationen sogenannter "Lebensschützer" vor ihren Türen sind genauso an der Tagesordnung, wie Strafanzeigen gegen Ärzte.
Das bedeutet: Ungewollt Schwangere müssen sich zunächst einer bevormundenden Beratung unterziehen. Nachdem sie diese folgsam absolviert haben, müssen sie sich selbst bei Ärzten durchfragen, was schnell zu einem Spießrutenlauf wird. Dort werden sie immer seltener fündig, weil immer weniger Mediziner solche Eingriffe anbieten – nicht zuletzt, um sich Stress zu ersparen. Teilweise müssen Betroffene hunderte Kilometer fahren, um einen Abbruch vornehmen zu können.
Wertewestliches Patriarchat
Doch "Lebensschutz" scheint bloß ein Vorwand zu sein: Vor allem die Parteien, die gegen eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen sind, haben erstaunlich wenig zu bieten, um das Leben von geborenen Kindern zu verbessern. Armut und Verelendung, darunter wachsende Jugendobdachlosigkeit, zu bekämpfen, steht nicht in ihren Programmen. Viele dieser Politiker befürworten im Gegenteil sogar drastische Sozialkürzungen, nicht zuletzt um aufzurüsten.
Apropos Aufrüstung: Viele Strafbefürworter scheinen keinerlei Problem damit zu haben, wenn in von Deutschland unterstützten Kriegen lebende Kinder sterben. In Palästina beispielsweise geschah dies gerade massenhaft und könnte demnächst weitergehen; ein Aufschrei aus der deutschen Politik dagegen war bisher nicht wirklich zu vernehmen, wenn man von einzelnen BSW- und Linke-Politikern absieht.
So lässt sich doch vermuten: Es geht in dieser scheinheiligen Diskussion nicht ansatzweise um den so gern postulierten "Lebensschutz", sondern schlicht um Unterdrückung: Frauen werden in einem wichtigen Aspekt in ihrem Selbstbestimmungsrecht behindert und gegebenenfalls sogar dazu genötigt, auf unseriöse und gefährliche Methoden auszuweichen. Von wegen, im Wertewesten existiere kein Patriarchat.
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