Warum Trump so dringend ein Gespräch mit Putin sucht
Von Geworg Mirsajan
Russland und die Vereinigten Staaten sind nicht mehr weit vom Beginn des Verhandlungsprozesses entfernt. Zumindest behauptet man das in Washington – von Donald Trumps Erklärung der Bereitschaft zu Gesprächen (und zwar "sehr bald") bis hin zur öffentlichen Darlegung eines realistischen Ansatzes durch die US-Seite.
"Ich glaube nicht, dass es realistisch ist zu sagen, dass wir vorhaben, jeden Russen von jedem Zentimeter ukrainischen Bodens zu vertreiben, sogar von der Krim. Präsident Trump erkennt diese Realität an, und wenn der Rest der Welt sie anerkennt, wäre das ein enormer Schritt nach vorn", sagt Trumps künftiger nationaler Sicherheitsberater Michael Waltz.
Natürlich haben die Vorbereitungen für Verhandlungen als solche noch nicht einmal begonnen. "Es gibt gewisse Kontakte zwischen Washington und Moskau sowohl auf militärischer als auch auf diplomatischer Ebene, aber das sind eher Kontakte auf technischer Ebene. Einen politischen Dialog oder einen Dialog auf höchster Ebene hat es nicht gegeben", erklärt der Pressesprecher des russischen Präsidenten Dmitri Peskow.
Und das ist logisch. Erstens, weil dies eine Voraussetzung des US-amerikanischen Rechts ist – es verbietet dem gewählten US-Präsidenten, sich in die Angelegenheiten des aktuellen Amtsinhabers einzumischen. Und genau eine solche Einmischung könnten die wichtigen Verhandlungen über das zukünftige Treffen sein.
Zweitens müssen substanzielle Verhandlungen mit demjenigen geführt werden, der an der Macht ist und der für das ausgehandelte Ergebnis zur Rechenschaft gezogen werden kann. Trump ist formell noch nicht an der Macht, und die Lage vor Ort kann sich bis zu seiner Wahl ändern – angesichts der hektischen Aktivitäten der scheidenden Biden-Regierung in Bezug auf Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland.
"Die Demokraten haben die Manieren in der Politik, der nächsten Regierung zum Schluss die Suppe zu versalzen. Wenn man nicht mehr gewählt worden ist und die eigene Fraktion Amerika in einer Weise sieht, die nicht von der Mehrheit der US-Amerikaner unterstützt wurde, dann sollte man rein ethisch gesehen, auf der Grundlage des menschlichen Anstands, diese drei Monate zwischen der Wahl und der Amtseinführung einfach aussitzen und akzeptieren, dass das Volk eine andere Politik will. Nein, sie (die Demokraten) werden auf jeden Fall etwas anstellen, sie werden die Tür so stark zuschlagen, damit jeder etwas abbekommt", sagt der russische Außenminister Sergei Lawrow.
Daher wird sich die Möglichkeit für Gespräche nach dem 20. Januar eröffnen – also nachdem Trump vom gewählten zum amtierenden US-Präsidenten geworden ist. "Ich bin absolut sicher, dass es unmittelbar nach Trumps Amtseinführung ein Telefongespräch zwischen den beiden Staatschefs geben wird. Außerdem wird die diplomatische Interaktion auf Arbeitsebene beginnen – zum Beispiel unter Beteiligung des US-Sondergesandten für die Ukraine Keith Kellogg, des nationalen Sicherheitsberaters Michael Waltz, des neuen US-Außenministers oder seiner Stellvertreter", meint Dmitri Susslow, stellvertretender Direktor des Zentrums für komplexe europäische und internationale Studien an der russischen Nationalen Forschungsuniversität Higher School of Economics, in einem Interview mit der Zeitung Wsgljad.
Und nur wenn dieses diplomatische Engagement erfolgreich ist, werden Trump und Putin in der Lage sein, ein persönliches Treffen abzuhalten. Und es gibt einige Zweifel daran, dass dies gelingen wird.
Ja, es wird leicht sein, sich auf eine Reihe von Dingen zu einigen. "Der einfachste Teil des Dialogs wird sein Beginn sein. Beide Seiten sind daran interessiert, dass er zustande kommt", sagt Dmitri Susslow.
Die USA (natürlich unter Trump) sind daran interessiert, die Ukraine-Krise so schnell wie möglich hinter sich zu lassen und sich um andere, wichtigere Dinge zu kümmern – China, den Nahen Osten und interne US-amerikanische Probleme. Dem Präsidentenberater Nikolai Patruschew zufolge wird die Ukraine nicht zu Trumps Prioritäten gehören, denn er denkt vor allem an China.
Und wenn die USA nicht in der Lage sind, sich durch eine strategische Niederlage Russlands zu entlasten, dann muss man einen Kompromiss mit Russland suchen. Und diesen Kompromiss muss man jetzt suchen, solange die Trump-Regierung ihre eigene Geschichte der Unterstützung für das Kiewer Regime noch nicht aufgearbeitet hat und alle Ausgaben dafür der Biden-Regierung angelastet werden können.
Russland war und ist immer für eine Verhandlungslösung des Konflikts. Ja, Moskau kann seine Probleme mit dem Kiewer Regime durch die militärische Sonderoperation lösen, aber eine politische und diplomatische Lösung, im Gegensatz zu einer einfachen militärischen, wird Moskau sowohl die Anerkennung seiner neuen Gebiete als auch den Beginn des Prozesses der Aufhebung der Sanktionen bringen können. Natürlich nur, wenn die Verhandlungen erfolgreich sind.
Die Vereinigten Staaten sind auch bereit, Kiew formell seines euro-atlantischen Traums zu berauben. "Es wird ein Leichtes sein, sich auf eine Nichtmitgliedschaft der Ukraine in der NATO zu einigen. Trump unterstützt diese Idee ganz sicher nicht, ebenso wie viele in seinem Umfeld – Vizepräsident JD Vance, Keith Kellogg", erklärt Dmitri Susslow.
Trumps Logik ist einfach: Der Beitritt der Ukraine zur NATO wird den Vereinigten Staaten Verpflichtungen zur Verteidigung des Landes auferlegen. Und der designierte US-Präsident lehnt jegliche zusätzlichen Verpflichtungen ab.
Andererseits gibt es sowohl in den Vereinigten Staaten als auch mehr noch in Europa das Projekt einer Art Sublimierung der NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Einfach ausgedrückt, eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen dem Westen und dem Kiewer Regime nach dem Ende der militärischen Sonderoperation. Und dieses Projekt stößt auf den erbitterten Widerstand Moskaus, das eine Entmilitarisierung und einen neutralen Status für die Nachkriegs-Ukraine fordert.
"Dies ist einer der grundlegendsten Widersprüche in unseren Ansätzen. Die Trump-Regierung wird die Position vertreten, dass sich die Ukraine aus dem Krieg zurückziehen und militärisch stark bleiben sollte, während Europa die Ukraine weiterhin militärisch unterstützen sollte. Die Interaktion zwischen der Ukraine und den europäischen Ländern solle beibehalten oder sogar verstärkt werden, insbesondere wenn die Ukraine ein neutraler Staat wird", erläutert Dmitri Susslow. Moskau ist sich jedoch des antirussischen Charakters des ukrainischen Staates in seiner jetzigen Form bewusst und ist gegen ein solches Szenario.
Ein weiteres Problem könnten die "Statisten" bei den Verhandlungen sein, das heißt, die zusätzlichen Akteure am Verhandlungstisch. Es ist klar, dass Wladimir Selenskij nicht dabei sein wird – zumindest solange er nicht durch Wahlen legitimiert ist. Und vielleicht wird er auch gar nicht dabei sein, weil er sich mit seinen eigenen Worten aus den Gesprächen mit Moskau ausgeschlossen hat. Dafür könnte Europa dabei sein.
"Die Europäer werden von Trump verlangen, dass sie mit am Verhandlungstisch sitzen und dass es keine Verhandlungen ohne die Europäer geben sollte. Die Vereinigten Staaten sollten sich zumindest mit den Europäern über die Dinge abstimmen, die sie mit Russland besprechen wollen. Und wenn die Trump-Regierung sie aus dem Verhandlungsprozess ausschließt und hinter dem Rücken der Europäer bilaterale Verhandlungen mit Russland führt, werden die Europäer Trump in Bezug auf China nicht unterstützen", so Dmitri Susslow.
Die Europäer wollen nicht, dass sich die Situation wiederholt, als Moskau und Washington europäische Sicherheitsfragen ohne sie lösten. Europa vertritt im Ukraine-Konflikt eine weitaus härtere Haltung als die Vereinigten Staaten, auch in der Frage der Stationierung westlicher Truppen dort. Daher wird es ohne ihre Beteiligung äußerst schwierig sein, eine Einigung über die ohnehin problematischen Fragen zu erzielen.
Deshalb ist Moskau dafür, dass keine überflüssigen Personen mit am Verhandlungstisch sitzen. "Die Verhandlungen über die Ukraine sollten zwischen Russland und den Vereinigten Staaten ohne die Beteiligung anderer westlicher Länder geführt werden. Mit London und Brüssel gibt es nichts zu besprechen. Die EU-Führung zum Beispiel ist seit langem nicht mehr in der Position, im Namen vieler ihrer Mitglieder ‒ Ungarns, der Slowakei, Österreichs, Rumäniens und einiger anderer europäischer Länder ‒ zu sprechen, die an Stabilität in Europa interessiert sind und eine ausgewogene Position gegenüber Russland einnehmen", betont Nikolai Patruschew.
Gleichzeitig müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass die Verhandlungen auch ohne die europäischen "Partner" Wochen und Monate dauern werden. Auch ohne europäische Sabotage der Verhandlungen wird es mit Sicherheit ukrainische Sabotage geben – zum Beispiel in Form von Versuchen, neue Terroranschläge in Russland zu organisieren.
Deshalb wäre es verfrüht, zu große Hoffnungen in diese Verhandlungen zu setzen. Wenn sie zustande kommen, ist das gut. Wenn sie zu für Russland zufriedenstellenden Vereinbarungen führen, ist es noch besser. Wenn nicht, wird Russland seine Sicherheit mit militärischer Gewalt gewährleisten.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 14. Januar 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren wurde er 1984 in Taschkent. Er machte seinen Abschluss an der Staatlichen Universität des Kubangebiets und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.
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