Was wird das Finale des "Kalten Krieges 2.0" sein?
Von Geworg Mirsajan
Vor genau 35 Jahren – am 3. Dezember 1989 – haben sich der sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow und US-Präsident George Herbert Walker Bush auf Malta getroffen. Dort verkündeten sie offiziell das Ende der fast vierzigjährigen Periode des Kalten Krieges. Sie verkündeten den Beginn einer Ära des "dauerhaften Friedens", in der ideologische Unterschiede keine Rolle mehr spielen sollten.
Heute wird deutlich, dass die Parteien sehr unterschiedliche Auffassungen über die Gründe für das Ende der gegenseitigen Konfrontation hatten. Ebenso wie über die Bedingungen für das Ende des Krieges – wer ihn gewonnen und wer ihn verloren hat und wie die weitere Gestaltung dieses "dauerhaften Friedens" aussehen sollte. Dmitri Suslow, stellvertretender Direktor des Zentrums für komplexe europäische und internationale Studien an der Wirtschaftshochschule Moskau, erläuterte gegenüber der Zeitung WSGLJAD:
"Ursprünglich hatten Moskau und Washington diametral entgegengesetzte Ansätze in dieser Frage. Die Vereinigten Staaten verkündeten einseitig ihren bedingungslosen – "mit Gotteshilfe", wie George Bush senior 1992 sagte – Sieg im Kalten Krieg. Und dieser Sieg sollte aus Sicht der Vereinigten Staaten eine ganze Ära US-amerikanischer globaler Dominanz einläuten. Einer unipolaren Welt, der universellen Verbreitung US-amerikanischer Werte – und des von Francis Fukuyama verkündeten Endes der Geschichte."
Unter dem Ende der Geschichte ist in diesem Fall keine globale Apokalypse zu verstehen, sondern das Ende des globalen Wettstreites der Ideen (aus dem die Geschichte in der Tat bestand). Dieser endete aus Sicht der USA mit dem absoluten und ewigen Sieg des liberal-demokratischen Modells, das (nach der Niederlage des Faschismus und dann des sowjetischen Projekts) keine Rivalen mehr hatte. Es begann nicht einfach nur die Ära der US-amerikanischen Vorherrschaft, sondern die vollständige Umgestaltung der Welt im Einklang mit den US-amerikanischen Werten, Ansichten und Interessen.
Nach diesem Prinzip handelten die Vereinigten Staaten seit den 1990er Jahren. Kriege in Jugoslawien, Einmischung in die inneren Angelegenheiten aller Länder (einschließlich Russlands), Versuche, die Anerkennung der US-amerikanischen Hegemonie zu erzwingen und des Rechtes, allein über das Schicksal der "eroberten" Welt zu entscheiden.
Der Grundsatz des Heerführers der keltischen Senonen, Brennus, den er den Römern gegenüber äußerte und der von ihnen übernommen wurde, galt auch für die USA: Vae Victis. Wehe den Besiegten! Der Sieger bekommt alles.
Russland war selbst in den 1990er Jahren, während der Jelzin-Ära, nicht mit diesem Ansatz einverstanden – in erster Linie mit der großangelegten NATO-Osterweiterung. In den 2000er-Jahren kam die Einmischung der USA in den postsowjetischen Raum hinzu, einschließlich einer Reihe von Farbrevolutionen. Dabei versuchte Moskau, die Frage friedlich zu lösen, das heißt, sich auf die Spielregeln zu einigen, zum Beispiel auf ein neues kollektives Sicherheitssystem von Lissabon bis Wladiwostok. Dmitri Suslow erklärte:
"Aus Sicht Moskaus endete der Kalte Krieg damit, dass sich die Großmächte freiwillig darauf einigten, die Konfrontation zu beenden. Und an die Stelle des Kalten Krieges sollte eine multipolare Welt treten, in der Russland, die Vereinigten Staaten und andere Mächte gleichberechtigt eine neue Weltordnung bilden, eine globale Verwaltung durchführen, die internationale Sicherheit aufrechterhalten und so weiter."
In den Vereinigten Staaten wurde die Position Moskaus jedoch anders interpretiert. Dmitri Suslow fügte hinzu:
"Russlands Ablehnung der US-amerikanischen Hegemonialpolitik wurde in den Vereinigten Staaten als Rückfall in den Revisionismus und als Versuch Russlands wahrgenommen, die Geschichte des Endes des Kalten Krieges neu zu schreiben, seine Ergebnisse zu revidieren, auch durch den Einsatz militärischer Gewalt."
Dies führte schließlich zum Neubeginn des Kalten Krieges – oder, wie einige Experten sagen, zum "Kalten Krieg 2.0". Der jetzt noch viel gefährlicher aussieht als der vorige.
Wie auch damals versuchen die USA, Russland eine strategische Niederlage beizubringen. Wie damals setzen sie Sanktionen und andere Druckmittel ein. Aber jetzt ist die Konfliktzone nicht mehr die Peripherie, also die Länder der Dritten Welt, sondern der Raum einer der konkurrierenden Mächte. In diesem Fall ist es Russland, dessen souveränes Territorium von der Ukraine besetzt ist, die ihrerseits von den Vereinigten Staaten bewaffnet, finanziert und gesteuert wird. Dmitri Suslow merkte an:
"Im vorigen Kalten Krieg galt eine Konfrontation in der Mitte als Gefahr eines globalen Krieges, also wurde die Konfrontation in die Peripherie verlagert. Und jetzt findet sie sowohl an der Peripherie (ein Beispiel dafür ist die Terroristen-Offensive in Syrien) als auch im zentralen Abschnitt, also in der Ukraine, statt."
Außerdem ist die Qualität der US-Politiker rapide abgesunken. Die heutigen US-Eliten, die in den 1990er Jahren unter der US-Überlegenheit aufwuchsen, sind nicht nur nicht bereit, Kompromisse einzugehen (also Russlands Recht auf nationale Interessen anzuerkennen), sondern sie verstehen auch die Risiken nicht, die das Fehlen solcher Kompromisse mit sich bringt – vorrangig die nuklearen Risiken.
Es gibt nur drei mögliche Optionen für das Ende des Kalten Krieges 2.0. Die erste, die schrecklichste, und für niemanden auf der Welt nötige, besteht darin, dass dieser zu einer heißen Phase und dann zu einer thermonuklearen Phase eskalieren könnte.
Die zweite besteht darin, den Vereinigten Staaten durch eine Strategie der tausend Stiche (regionale Kriege in der ehemaligen Sowjetunion, im Nahen Osten und in Ostasien, die sich zu einer Spaltung der US-Gesellschaft ausweiten und zu einer inneren Destabilisierung führen werden) eine strategische Niederlage zuzufügen. Die verantwortlichen Großmächte brauchen dieses Ende auch nicht, nicht zuletzt, weil es zu einer globalen Wirtschaftskrise führen wird. Schließlich sind die Vereinigten Staaten die zweitgrößte Volkswirtschaft auf dem Planeten.
Das beste Ende des Kalten Krieges 2.0 kann – und sollte – die dritte Option sein: diejenige, die Russland damals, vor 35 Jahren, in Form der UdSSR, ursprünglich im Sinn hatte.
Dieses Finale könnte durch ein neues Abkommen zwischen Russland und den USA (sowie China, Iran und anderen Großmächten) formalisiert werden. Im Rahmen eines solchen Abkommens würden die Parteien das Ende eines neuen Kalten Krieges verkünden, dieses Mal jedoch mit einem einheitlichen Verständnis der Bedingungen für diese Vereinbarung. Auch dies würde in den USA als Niederlage empfunden werden – in Wirklichkeit wäre es aber ein universeller Sieg.
Die USA müssten ihren Anspruch auf globale Hegemonie aufgeben und eine normale Großmacht werden – einer der Pole in einer multipolaren Welt. In einem solchen multipolaren System werden sich die Parteien in ihren Beziehungen zueinander sowohl in Konkurrenz als auch in Kooperation miteinander verbinden. In diesem Fall wird mit dem zweiten Kalten Krieg auch der erste vollständig beendet sein.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 3. Dezember 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren wurde er 1984 in Taschkent. Er machte seinen Abschluss an der Staatlichen Universität in Kuban und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.
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