Meinung

Forschungszentrum in München: Benannt nach ukrainischem Soldaten, der in Kursk gefallen ist

Im Oktober wurde ein deutsch-ukrainisches Zentrum zur Erforschung der "Massengewalt" im 20. Jahrhundert gegründet. Sein Namensgeber ist ein angehender Wissenschaftler, der als AFU-Soldat im russischen Gebiet Kursk gefallen ist. Er wollte eine Biografie des ukrainischen Nazikollaborateurs und Holocaust-Verfechter Jaroslaw Stezko schreiben.
Forschungszentrum in München: Benannt nach ukrainischem Soldaten, der in Kursk gefallen ist© https://ucufoundation.org/

Von Wladislaw Sankin 

Im Oktober wurde ein deutsch-ukrainisches Zentrum für Geschichtswissenschaften gegründet. Das Kooperationsprojekt ist am Lehrstuhl für Geschichte Ost- und Südosteuropas der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Ukrainischen Katholischen Universität in Lwow (UCU) angesiedelt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 2,5 Millionen Euro über vier Jahre gefördert, teilt die LMU in einer Pressemitteilung mit. Offizieller Name des Projekts ist Mykola-Haievoi-Zentrum für moderne Geschichte. 

Nikolai Gajewoj diente als Soldat in der 95. motorisierten Sturmbrigade. Er nahm bei der ukrainischen Invasion im russischen Gebiet Kursk teil und kam am 26. August bei den Kämpfen im Alter von 28 Jahren ums Leben. Vor Beginn der russischen Militäroperation war Gajewoj angehender Wissenschaftler an der UCU und wollte eine Dissertation über das Leben und Wirken des ukrainischen Nationalisten Jaroslaw Stezko schreiben. Als Stellvertreter von Stepan Bandera in der OUN war Stezko Hitler-Kollaborateur, glühender Verfechter der Judenvernichtung und später unbehelligt in der BRD lebender Kämpfer gegen die Sowjetunion. 

Die Eröffnungskonferenz des Zentrums fand am 16. und 17. Oktober in den UCU-Räumlichkeiten in Lwow statt. Wie die Lwower Akademie in einem Artikel berichtete, zeigte sich der kommissarische Geschäftsträger der Bundesrepublik Deutschland in der Ukraine Dr. Tim Prange sehr beeindruckt von einem Video, das zum Gedenken an Gajewoj erstellt und bei der Eröffnung des Zentrums gezeigt wurde. "Wir haben eine große Verpflichtung gegenüber den Helden, die im Dienst stehen", betonte er. Seiner Meinung nach ist die Eröffnung des ukrainisch-deutschen Zentrums für Geschichtsforschung außerordentlich wichtig.

Gegenstand der Forschung soll nach eigenen Angaben die Geschichte der Herrschaft des nationalsozialistischen Deutschlands und der Sowjetunion unter Josef Stalin in der Ukraine in den 1930er- und 1940er-Jahren werden. Auch "die Erinnerungen an die Massenverbrechen der beiden Regime" sollen nun untersucht werden.

Dass diese Historiker-Zusammenarbeit nicht weniger als die Revision der Geschichte des 20. Jahrhunderts zum Zweck hat, machte der deutsche Co-Leiter des Gajewoj-Zentrums Prof. Dr. Martin Schulze Wessel in einem Interview deutlich. Denn es handelt sich bei dem Projekt ausdrücklich um die Gleichstellung der nazistischen Gräueltaten und der tatsächlichen und vermeintlichen sowjetischen Verbrechen, allen voran dem sogenannten Golodomor, den Schulze Wessel als "von Stalin verursachten Hunger in der Ukraine" umschreibt. Beide Geschichtsphänomene werden unter dem Begriff "Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts" vermischt und pauschalisiert, ganz im Geiste des "Bloodlands"-Ansatzes des US-Propagandisten und Historikers Timothy Snyder. Wessel Schulze, der auch die Deutsch-Ukrainische Historikerkommission leitet, offenbart im Interview:

"Sowohl die Sowjetunion als auch NS-Deutschland betrachteten die Ukraine als koloniales Ausbeutungs- und Vernichtungsprojekt."

Sowjetische und deutsche Gewalt müssten zusammen betrachtet werden, betont der deutsche "Historiker" an einer anderen Stelle des Interviews noch mal. Dass es keinerlei Grundlage für diesen Ansatz gibt, liegt auf der Hand, denn die Ukraine verließ die Sowjetunion nicht in einem "vernichteten" Zustand, sondern als hochentwickeltes Land mit allseits ausgebauter Infrastruktur mit fünf Atom- und sechs Wasserkraftwerken, großer eigener Industrie, Wissenschaft und Agrarwirtschaft. Die ukrainische Bevölkerung betrug im Jahre 1991 52 Millionen Menschen, seitdem finden in der Ukraine beispiellose Bevölkerungsschwund und Verarmung statt. Da die Ukraine in den Jahren der sogenannten Unabhängigkeit einen prowestlichen Weg der Entwicklung eingeschlagen hat, gibt es viel mehr Gründe, von einer Ausbeutungs- und Vernichtungspolitik des Westens zu sprechen.

Um solche unbequemen Wahrheiten zu kaschieren, werden offenbar politisch motivierte Projekte wie das "Mykola-Haievoi-Zentrum" ins Leben gerufen, die zum Zweck haben, die Aufmerksamkeit vor allem der jüngeren Generation (das Projekt soll sich primär um den wissenschaftlichen Nachwuchs und "Aufklärung" in den Schulen kümmern) auf vermeintliches Verbrecherregime mit Zentrum in Moskau lenken. Das Schicksal des Namensgebers Gajewoj, der auf russischem Boden gefallen ist, macht deutlich, dass bei dem Projekt vor allem um den Kampf gegen Russland geht. Darauf weisen auch die Aussagen der leitenden Kräfte des Projekts hin.

So sagte die kanadische Professorin und Gastrednerin der Eröffnungskonferenz Margaret MacMillan, dass die russische "illegale Aggression gegen die Ukraine" nicht ungestraft bleiben darf. Sie deutete an, dass es an der Zeit sei, dass Russland besiegt und zerstört wird. "Wir dachten, dass nach 1945 die Epoche der Imperien zu Ende war. Aber in vielerlei Hinsicht hat Russland nie aufgehört, ein Imperium zu sein. Andere europäische Imperien verschwanden, aber Russland nicht", sagte sie.

Schulze Wessel unterstrich in seiner Begrüßungsrede, dass die ukrainische Armee mehr Unterstützung aus der westlichen Staatengemeinschaft erhalten müsse. Im Hinblick auf die Aussagen von BND-Chef Bruno Kahl vor dem Deutschen Bundestag behauptete er: "Wir befinden uns in einer direkten Konfrontation mit Russland. Wenn der Westen die Ukraine nicht wirksam unterstützt, wird der Krieg Russlands in den Westen kommen."

Also wird Russland laut dem Historiker Schulze Wessel Deutschland und den ganzen Westen ganz sicher angreifen. Damit das nicht passiert, wird jetzt schon mit deutschen Waffen in Russland gekämpft. Das ist pure Kriegshysterie, die Einzug auch in die deutschen Universitätsstuben erhalten hat. Aber noch viele in Deutschland lehnen diese Kriegshysterie ab, auch im Hinblick auf die Geschichte, denn sie wissen ja noch, dass es die Sowjetunion war, die unter beispiellosen Verlusten den Sieg über den deutschen Faschismus errungen hatte.

Unter den Besiegten waren auch die ukrainischen Nazikollaborateure und die Schreckens-Guerilla OUN-UPA mit deren Anführer Bandera. Nun hat es sich das Gajewoj-Zentrum zur Aufgabe gemacht, ein differenzierteres Bild von Bandera und seinem Vize Stezko zu zeichnen. So will der ukrainische Co-Leiter des Zentrums, der UCU-Professor Jaroslaw Gryzak, eine Bandera-Biografie schreiben, und Schulze Wessel adelt den Nazisten schon im Vorfeld zum "umstrittenen ukrainischen Politiker".

Auch der Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Jens Brandenburg nahm an der Eröffnungskonferenz in Lwow teil. Das Ziel des Zentrums werde es sein, sagte er, "Mythen über den Krieg zu widerlegen".

Die Vorstellung, wer im Zweiten Weltkrieg gut und wer böse war, muss also nun als "Mythos" auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen werden, denn erst das macht einen neuen Krieg möglich. Dieser Paradigmenwechsel soll aber zuerst in den Köpfen der Bevölkerung ankommen. Und das ist es, was die Bundesregierung mit der Finanzierung dieses "Forschungszentrums" bezweckt.

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