Krise der UN: Deutschland verstößt gegen den Geist der Gründungsidee
Von Gert Ewen Ungar
Die UN stecken zweifellos in einer schweren Krise. Es brennt an allen Ecken und Enden in der Welt, doch die Vereinten Nationen wirken wie gelähmt. Diese Lähmung hat ihre Ursache nicht in der Organisation selbst, auch wenn es gute Gründe dafür gibt, sie zu reformieren. Ihre einzelnen Organe sind in die Jahre gekommen und den realen Verhältnissen in der Welt nicht mehr angemessen.
Der Globale Süden ist unterrepräsentiert, im Sicherheitsrat gibt es kein ständiges Mitglied aus Afrika und auch keins aus Lateinamerika. Aber das Anachronistische der Organisation ist nicht der Grund für die Lähmung. Der Grund sind die Mitgliedstaaten selbst. Nicht alle, aber einige. Deutschland gehört dazu.
Die Gründungsidee der Vereinten Nationen war, dass es immer ein Primat der Diplomatie geben muss. Das ist zwar nicht einklagbar, denn es gibt nicht so etwas wie ein oberstes Weltgericht, das gegenüber den Mitgliedstaaten der UN Recht spricht. Das Gebot und der Vorrang der Diplomatie sind lediglich die eingegangene moralische Verpflichtung, die sich aus der Aufnahme als Mitglied ergibt.
Man spricht immer miteinander, ist die Essenz der Charta der Vereinten Nationen, wenn es um das Verhältnis der Länder zueinander geht. In Krisenzeiten und in Zeiten der Differenzen und des Streits spricht man besonders viel und intensiv. Man sucht nach Lösungen.
Unter dem Schock des Zweiten Weltkriegs sind die Vereinten Nationen Organisation gewordene Ablehnung von Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung. Das hat nie hundertprozentig funktioniert, doch jetzt funktioniert es gar nicht mehr. Man setzt vor allem im Westen wieder auf militärische Lösungen.
Und da sind wir bei den Ländern, die gegen den Gründungsgedanken der Vereinten Nationen fundamental verstoßen. In diesen Kreis gehört Deutschland. Das ist besonders schändlich, denn Deutschland trägt vor dem Hintergrund seiner Geschichte besondere Verantwortung. Der Schrecken des Zweiten Weltkriegs und die damit verbunden Gräuel sowie das erlittene Leid waren der Anlass zur Gründung der Vereinten Nationen. Durch die UN sollten "zukünftige Generationen vor der Geißel des Krieges" bewahrt werden.
Diese vornehme Idee scheitert in diesem historischen Moment. Deutschland trägt viel zum Scheitern bei, denn Deutschland handelt außenpolitisch dem Gründungsgedanken der UN komplett zuwider. Ob im Ukraine- oder im Nahost-Konflikt – Deutschland positioniert sich einseitig und hintertreibt Diplomatie und Verhandlungen. Die Bekenntnisse zum Völkerrecht der deutschen Außenministerin sind reine Heuchelei.
Die Floskelmaschine wird angeworfen, und es wird von deutscher Politik beteuert, mit welch großem Respekt man als Land doch dem Völkerrecht verpflichtet sei. Doch jenseits all des wohlfeilen Geredes verstößt Deutschland unentwegt gegen den Geist der Charta der UN. Das war bei Minsk II der Fall, und das ist auch im Hinblick auf die Zweistaatenlösung in Nahost nicht anders.
Wäre Deutschland seiner Verpflichtung nachgekommen und hätte die Ukraine als Garantiemacht zur Umsetzung der Minsker Vereinbarung gedrängt – es gäbe jetzt keinen Krieg in Europa. Hätte Deutschland nicht bei den Maidan-Protesten kräftig mitgezündelt, die Minsker Vereinbarungen wären niemals notwendig geworden.
Deutschland hat dieses Mal zwar nicht zuerst geschossen, es hat aber alles dafür getan, dass geschossen wird. Doch damit nicht genug, denn inzwischen tut Deutschland alles dafür, dass auch noch immer weiter geschossen wird. Verhandlungen lehnen die Bundesregierung und die größte Oppositionspartei im Bundestag ab.
Auf die Umsetzung der Zweistaatenlösung in Nahost wartet die Welt seit nunmehr 40 Jahren. Als Mitte September ein Resolutionsentwurf in die UN-Generalversammlung eingebracht wurde, der das Ende der israelischen Besatzung din den Palästinensergebieten fordert, enthielt sich Deutschland der Stimme. Begründung: Die im Resolutionsentwurf festgelegte Frist von zwölf Monaten sei zu knapp für einen Rückzug. Außerdem würden Israels Recht auf Selbstverteidigung und seine Sicherheitsinteressen nicht berücksichtigt.
Trotz schwerster Kriegsverbrechen und Verstößen gegen die Menschenrechte geht der deutschen Außenministerin kein kritisches Wort gegenüber Israel über die Lippen, der Kanzler leugnet schlicht die Realität. Das deutsche Lavieren wirkt im Hinblick auf das jahrzehntelange Ringen um die Zweistaatenlösung nur noch zynisch.
Deutschland hat erkennbar kein Interesse an der Lösung beider genannten Konflikte. Deutsche Politik trägt zur Lösung nicht nur nichts bei, sondern verhindert sie.
Hinzu kommt, dass Deutschland wieder Krieg als Mittel zur Lösung von Konflikten betrachtet. Eine Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt lehnt Deutschland ab. Die deutsche Außenministerin behauptet faktenwidrig, Russland wolle nicht verhandeln. Das ist schlicht gelogen. Deutschland will nicht, dass verhandelt wird.
Der Kanzler meint, Russland wolle in Verhandlungen nur seine Position durchsetzen. Es lohne sich daher gar nicht, in Verhandlungen einzutreten. Man müsse daher weiter Waffen liefern und der Ukraine weiterhin ermöglichen, Widerstand zu leisten. Der Kanzler hat das Prinzip von Verhandlungen nicht verstanden. Verhandlungen dienen der Annäherung einander entfernter Positionen. Wenn man bereits übereinstimmt, muss man nicht verhandeln. Klar macht das allerdings: Deutschland fällt mit seiner Verhandlungen ablehnenden Haltung im Ukraine-Krieg hinter den Gründungsgedanken der UN zurück.
International bleibt das nicht unbemerkt. Aus diesem Grund haben die Ideen Deutschlands zu einer Reform der UN kaum Aussichten auf Erfolg. Nicht nur deshalb, weil sie absehbar darauf zielen, den westlichen Einfluss in der internationalen Staatengemeinschaft zu stärken, sondern vor allem, weil Deutschland sich für die Länder der Welt klar erkennbar erneut auf der falschen Seite der Geschichte positioniert. Deutschland steht wieder auf der Seite genau des Unrechts, das durch die Gründung der UN künftig für alle Zeit verhindert werden sollte.
Mehr zum Thema – Gescheiterter Frieden 2022: Nun plaudert auch Erdoğan
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.