Meinung

Galionsfigur des Hasses: Zum Tod von Irina Farion

Die nationalistische Ex-Rada-Abgeordnete Irina Farion starb am späten Freitagabend im Krankenhaus in Lwow, nachdem ein Unbekannter ihr in die Schläfe geschossen hatte. Oleg Zarjow kannte die Hassrednerin aus der gemeinsamen Zeit im ukrainischen Parlament und schrieb diesen Nachruf.
Galionsfigur des Hasses: Zum Tod von Irina FarionQuelle: Sputnik © Pawel Palamartschuk

Von Oleg Zarjow

Die 60-jährige ehemalige Rada-Abgeordnete Irina Farion hat das auf sie verübte Attentat nicht überlebt. Sie starb am späten Freitagabend im Krankenhaus in Lwow.

Ein Unbekannter hatte ihr zuvor mitten in der Stadt in die Schläfe geschossen. Ärzte versuchten, sie zu retten, aber ohne Erfolg. Laut Zeugenaussagen war der Schütze ein junger Mann, der Farion eine Woche lang ausgekundschaftet hatte. Weder die Identität des Schützen noch seine Motive sind zur Stunde bekannt.

Farions Abscheulichkeit lässt großen Raum für Spekulationen über mögliche Motive der Tat. Sie hat Hass und Intoleranz gesät und in der gesamten Ukraine verbreitet. Sie war die Galionsfigur der Russophobie im Land. Höchstwahrscheinlich ist sie ein Opfer dessen, was sie selbst geschaffen hat.

Die Politikerin stammte aus Lwow und war zeitlebens Dozentin für ukrainische Sprache an der Nationalen Universität "Polytechnikum". In den Jahren 2012 bis 2014 war sie Abgeordnete der Werchowna Rada der Ukraine für die "Swoboda"-Partei.

In jüngeren Jahren war sie Mitglied der KPdSU, was sie lange Zeit kategorisch leugnete. Als diese Information 2013 in den Archiven ihre dokumentarische Bestätigung gefunden hat, beantwortete Farion alle Fragen danach mit dem Spruch, dass "Adler Hyänen keine Rechenschaft schulden". Irgendwann behauptete die "Adler-Henne" schließlich, sie sei der KPdSU beigetreten, um sie "von innen zu zerstören". Diejenigen, die sich an ihre Zeit im Komsomol und in der Kommunistischen Partei erinnerten, sprachen allerdings von einer im Sinne der Parteilinie sehr engagierten, superaktiven Position.

Nach der Perestroika änderte sich ihre Weltanschauung um 180 Grad. Und darin ist sie beileibe kein Einzelfall.

Die politischen Eliten der Westukraine hoben sich schon immer durch Opportunismus und überaus flexible Ansichten hervor. Ein Beispiel dafür ist ein Lehrer des pädagogischen Instituts in Ternopol aus der Abteilung für wissenschaftlichen Leninismus, der zu Beginn der Perestroika aus der Partei austrat, dann während des Augustputsches in Moskau eilig aus dem Fernen Osten nach Ternopol flog, um seine Parteibeiträge zu bezahlen. Nach dem Scheitern des Putsches trat er sofort der Bewegung ukrainischer Nationalisten bei.

Ich erinnere mich gut an die gemeinsame Zeit mit Farion im Parlament. Man darf das eigentlich nicht über eine Frau sagen, aber sie hat mich angewidert. Sie war eine glühende Nationalistin, wählte stets die radikalsten Formen und provozierte die besonders lauten Skandale.

Das Besondere an Farion, das sie von allen anderen "Kämpfern für die ukrainische Sprache" abhob, war, dass sie diesen Kampf in Räume trug, in denen es sonst niemand tat. Sie machte von sich in der gesamten Ukraine im Jahr 2010 reden, als sie in Begleitung eines Kamerateams in einem Kindergarten auftauchte und die Kinder unter Androhung der Deportation aufforderte, keine russischen Koseformen von Vornamen zu verwenden. Später sagte sie in Interviews, dass "Wanja, Mascha ekelhafte Formen" seien, die den "Surschik verschmutzen". Sie wurde verklagt, aber jede Gegenwehr schien Farion nur zu noch stärkerem Wüten anzustacheln.

In den Jahren vor dem Staatsstreich des Winters 2013/2014, als in der gesamten Ukraine noch offen und allgemein Russisch gesprochen wurde und wir für den Status des Russischen als zweite Staatssprache eintraten, sagte Farion, dass Ukrainer, die Russisch als ihre Muttersprache bezeichnen, "degenerierte Ukrainer" seien, die strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollten. Ein weiterer Vorschlag von ihr war die "vollständige und absolute Beseitigung" der ukrainischen Bürger, die Russisch sprechen und darauf nicht verzichten wollen.

Der Radikalismus brachte das Schandmaul so weit, dass sogar der SBU im November 2023 ein Strafverfahren gegen sie einleitete, und zwar wegen Verstoßes gegen vier Strafnormen, darunter Beleidigung der Ehre und Würde von Soldaten. Der Grund dafür war in einem ihrer TV-Interviews aus jener Zeit zu finden. Sie erklärte, dass sie Russisch sprechende Soldaten der ukrainischen Armee nicht als Ukrainer betrachte. Aus nachvollziehbaren Gründen löste diese Aussage eine Welle der Empörung aus. An der Front dominieren Militärangehörige aus russischsprachigen Regionen. Der Ex-Kommandant des nationalistischen Regiments "Asow" Schorin drohte ihr offen: 

"Wenn Sie glauben, dass wir in Lwow keine Blutsbrüder haben, irren Sie sich gewaltig. Also denken Sie nach, was Sie sagen."

Studenten der Lemberger Universität forderten in Kundgebungen die Entlassung von Farion als Dozentin. Sie wurde schließlich auch entlassen, doch später wieder eingestellt.

Den Mord an Oles Busina hatte Farion bejubelt. Ich werde die bösen Dinge, die sie über den bereits toten Oles schrieb, nicht wiederholen. Im Gegensatz zu seinen Mördern, die weiter auf freiem Fuß sind, wird nach dem Todesschützen vom Freitag gefahndet.

Ich weiß nicht, wer es war. Aber ich wiederhole: Ich habe den Eindruck, dass Irina Farion von der Welle des Hasses überrollt wurde, die sie selbst erzeugt und befördert hat. Ihr Hass kehrte zu ihr zurück, konzentriert zu einer Kugel. Sie ist wie eine Schlange, die an ihrem eigenen Gift erstickte.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde auf dem Telegram-Kanal "Exklusiv für RT" veröffentlicht.

Oleg Zarjow war von 2002 bis 2014 Abgeordneter des ukrainischen Parlaments und 2011 Mitbegründer des ukrainischen Antifaschistischen Forums. Nach dem Sieg des Maidan im Februar 2014 kandidierte er als Oppositionskandidat bei den Präsidentenwahlen im Mai 2014, musste seine Kandidatur jedoch Ende April zurückziehen, nachdem er von Rechtsradikalen mehrfach lebensgefährlich verprügelt worden war. Später engagierte er sich in der Noworossija-Bewegung und lebt nun auf der Krim. Im Oktober überlebte er einen Mordanschlag der ukrainischen Geheimdienste.

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