Meinung

Zerbricht die Ampelkoalition?

In Frankreich finden an diesem Wochenende vorgezogene Neuwahlen statt. Viele fragen sich, warum Olaf Scholz angesichts der Wahlschlappe seiner Regierungskoalition bei den Europawahlen nicht denselben Weg geht und die Neuwahl des Bundestages nicht ebenfalls vorzieht. Hier eine mögliche Antwort.
Zerbricht die Ampelkoalition?Quelle: Gettyimages.ru © Michele Tantussi/Getty Images

Von Alexej Danckwardt

Diese Woche fragte die Tagesschau allen Ernstes: "Zerbricht die Ampelkoalition am Haushalt?" Auch in Russland wird mir diese Frage überall und an jeder Ecke gestellt: Hat Olaf Scholz angesichts der verheerenden Wahlschlappe seiner SPD und der beiden anderen Regierungsparteien bei den Europawahlen endgültig fertig? Ruft er Neuwahlen aus, wie es Emmanuel Macron in Frankreich getan hat?

Nun, sicher kann ich mich irren, aber so wie ich die Charaktere einschätze, die die Macht über Deutschland gekapert haben, werden sie sich mit ihren gierigen Fingern bis zum Letzten an Sessel, Mandate und Posten klammern. Es sind miese Charaktere ohne das geringste Verantwortungsgefühl für die Allgemeinheit, interessiert nur an der eigenen Karriere, am höchstpersönlichen Wohlergehen. Die im deutschen Parteiensystem schon immer praktizierte Negativauswahl hat in der aktuellen Legislaturperiode ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht, nicht nur in der SPD, der FDP und bei den Grünen. 

Anders als in Frankreich haben die drei Parteien der Ampelkoalition nicht die geringste Chance, ihre Situation durch vorgezogene Neuwahlen zu verbessern. Insofern sitzen sie alle in einem Boot: Bei der nächsten Bundestagswahl werden alle drei Parteien weniger Stimmen als 2021 erhalten, sie werden im nächsten Parlament weniger Mandate haben und der FDP droht sogar das endgültige Ende im Bundestag.

Theoretisch könnten die Grünen Deutschland nach der nächsten Wahl in einer Koalition mit den Unionsparteien weiter regieren, doch auch sie werden deutlich geschwächt sein und haben deshalb kein Interesse daran, die aktuelle Koalition auseinanderbrechen zu lassen. Die schwarz-grüne Option schwimmt ihnen deshalb nicht davon, sie kommt nur ein Jahr später. So viel, dass es sich für sie schon jetzt lohnen würde, kann CDU-Chef Friedrich Merz ihnen gar nicht versprechen. Für FDP und SPD wäre dieser Schritt ohnehin politischer Selbstmord. 

Frankreich ist deswegen anders, weil es sein Parlament nach einem Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen in Einpersonenwahlkreisen wählt. Auch wenn die wichtigste Oppositionspartei, das Rassemblement National von Marine Le Pen, im ersten Wahlgang stark abschneidet, werden seine Kandidaten in nur wenigen Wahlkreisen sofort die erforderliche absolute Mehrheit erlangen. Im zweiten Wahlgang haben alle anderen Parteien bislang immer eine "Barrage" gebildet: eine Zweckkoalition, bei der alle den jeweils stärksten nicht zum RN gehörenden Kandidaten unterstützt und so die Wahl des RN-Kandidaten verhindert haben.

Auf die Wiederholung dieser Praxis setzt Emmanuel Macron. Nur deshalb hat er das Parlament aufgelöst und für dieses Wochenende vorgezogene Neuwahlen angesetzt, weil er denkt, dass dies die letzte Möglichkeit ist, die Machtergreifung durch das immer stärker werdende Rassemblement National noch zu verhindern. Ob das Kalkül aufgeht, wird sich in zwei Wochen, wenn die Ergebnisse des zweiten Wahlgangs ausgezählt sind, zeigen. Mit der linken "Neuen Volksfront", die auf diesem Weg möglicherweise die Parlamentsmehrheit holen wird und den nächsten Regierungschef stellen kann, wird sich Macron problemlos arrangieren können. Die "Neuen Volksfrontler" unterstützen die antirussische Kriegslinie Frankreichs im Großen und Ganzen.

In Deutschland besteht aktuell keine reale Gefahr, dass Gegner der Politik des kollektiven Westens bei den regulären Bundestagswahlen im Herbst 2025 an die Macht gelangen könnten (AfD und BSW dümpeln in den aktuellen Wahlumfragen zusammen immer noch bei bundesweit rund 25 Prozent herum). Ganz abgesehen davon, dass im hiesigen Verhältniswahlrecht die von Macron gezogene "Notbremse" so auch nicht funktionieren könnte. Hierzulande müssten im "Notfall" ganz andere Mittel eingesetzt werden.

Warum sollten SPD, Grüne und FDP ihre bequemen Sessel im Bundestag und den Bundesministerien also vorzeitig aufgeben? Jeder Tag, jeder Monat zählen: für Diäten, Pensionsansprüche, für das eigene Ego und die Umsetzung der Grausamkeiten, die sie Deutschland verschrieben haben. Und dann gibt es noch die Hoffnung, dass sie die Stimmung im Land bis zu den regulären Bundestagswahlen noch drehen können, dass irgendetwas weltpolitisch Bedeutendes geschieht oder die regierungstreuen Propagandisten und Polittechnologen neue Einfälle haben. 

Summa summarum: Lasst jede Hoffnung fahren! Das Elend der Ampelkoalition bleibt uns noch ein Jahr und einige Monate erhalten. Nicht, dass es danach besser würde …

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