Meinung

Europa hat beschlossen, in die Fußstapfen von Napoleon und Hitler zu treten

Auch wenn sie anders tun, ein wenig sind die Russen schon enttäuscht darüber, dass gerade Deutschland und Frankreich sich nach den Erfahrungen des 19. und des 20. Jahrhunderts erneut gegen ihr Land wenden. Nichts gelernt, und deshalb wiederholt sich die Geschichte. Als Tragödie.
Europa hat beschlossen, in die Fußstapfen von Napoleon und Hitler zu tretenQuelle: Gettyimages.ru © Photo12/Universal Images Group

Von Jelena Karajewa

Die Euro-Atlantiker haben sich abgestimmt – fast zeitgleich erschienen in den Kampfblättern der Globalisten (und zwar auf den Titelseiten) Meldungen, dass "die Ukraine amerikanische / französische / britische / deutsche (und so weiter, einfach ein beliebiges NATO-Mitglied einsetzen) Waffen zur Zerstörung von Zielen auf russischem Gebiet einsetzen darf."

Gibt es immer noch naive Menschen, die glauben, dass dies reiner Zufall sei? Dass alle sozusagen fast über Nacht und unabhängig von anderen zu dieser Überzeugung gelangt seien? Nun, es gibt keine Naiven mehr, mit Ausnahme des europäischen Normalbürgers, der sich trotz allem sicher ist, dass die von seinen Eliten angestrebte militärische Eskalation ihn persönlich nicht treffen wird.

Es sind solche Normalbürger, die sich für gut und überlegen halten, weil sie alle paar Jahre ein Stück Papier in eine Plastikurne stecken dürfen (was sie "Demokratie" nennen). Sie sind es, die in bislang jedem Jahrhundert (und immer im Juni) in Regimentern und Armeen versammelt werden, um es den unvernünftigen Russen zu zeigen. Den Russen, die – welch Frechheit! – einfach nicht nach fortschrittlichen europäischen Rezepten leben wollen.

Machen wir uns keine Illusionen über die Haltung des paneuropäischen Volkes uns gegenüber. Wenn er, dieser Populus, weder die gegenwärtige Eskalation noch die geopolitische Krise in der Ukraine im Allgemeinen wollte, würde er auf den Straßen und Plätzen sitzen und protestieren. So wie er für die Verbesserung seines Lebensstandards, niedrigere Steuern und höhere Löhne/Gehälter protestiert. Eine halbe Milliarde Menschen geht für zehn Euro mehr im Monat auf die Barrikaden, aber keiner von ihnen ist bereit, leisesten Protest gegen den Tod von Russen auf die Straße zu tragen.

Wer sich konkrete Beispiele wünscht, kann sich die acht Jahre des Widerstands im Donbass und den Tod von mehr als 14.000 Menschen ansehen. Der paneuropäische Block nahm es nicht zur Kenntnis, führte uns mit verschiedenen Lügen in die Irre und pumpte Geld und Waffen nach Kiew. Haben Sie viele Demonstrationen dagegen in europäischen Städten gesehen?

Der erste Akt des Ukraine-Krieges endete mit dem Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive. Milliarden europäischer und amerikanischer Steuergelder wurden in den Flammen des Heldentums russischer Soldaten, der Wendigkeit von Drohnen und der präzisen Arbeit unserer Artillerie verbrannt. Die europäischen Normalbürger schwiegen, wie sie immer schweigen, wenn es nicht um die Butter auf ihrem Brot geht.

Deshalb haben diejenigen, die von den europäischen Normalbürgern gewählt wurden, beschlossen, die Eskalation koordiniert zu verstärken. Widerstand brauchen sie nicht fürchten. 

Wenn wir schon alles über die Angelsachsen wussten und verstanden haben (sie werden immer gegen Russland eskalieren, solange es in Russland noch etwas zu rauben gibt), hat uns das Verhalten von Macron und Scholz dann doch überrascht. Ein bisschen ist es verständlich, dass wir da Illusionen hatten: Wenn das eine Land nach dem bislang blutigsten Krieg der Weltgeschichte von uns verschont und materiell wieder auf die Beine gebracht und das andere unter unvorstellbaren militärischen und diplomatischen Anstrengungen in den Rang der Siegermächte erhoben wurde und auch noch den Sessel eines ständigen Mitglieds im UN-Sicherheitsrat erhielt, erwartet man wenn nicht Dankbarkeit (Ladenhüter kennen dieses Wort nicht), so doch zumindest dass die beiden Völker etwas gelernt haben. Dass sie nicht vergessen, wie viel uns die Niederlage Deutschlands und der "Sieg" Frankreichs gekostet haben. 

Macron, der allen Ernstes und von hoher Warte aus davon spricht, "Militärausbilder" an die Front zu schicken, denkt, dass ... Lassen wir das: Was der Herr des Élysée-Palasts denkt, interessiert nicht mehr.

Was einzig zählt, ist, was er getan hat. Darauf wird unsere militärische Antwort gegeben werden. Dies ist kein Spiel mit Pappsoldaten, Herr Präsident, dies sind sehr reale Tote und Verwundete Ihrer Landsleute. Fünfzig Tote in der Armee reichten aus, um Sie in Ungnade aus Afrika zu vertreiben. Aber die Sahelzone ist nicht die Ukraine. Wie viele Tote und Verwundete wird die zarte Psyche Ihres Wählers – dieses Liebhabers von Brötchen und Butter – verkraften?

Und Ihr deutscher Gesprächspartner, Herr Olaf, wie sehr ist der darauf vorbereitet, dass die auch von ihm unterstützte Eskalation so enden wird, wie die ideologisch ähnliche "Verteidigung Europas gegen russische Horden" bereits vor bald 80 Jahren endete?

Und dann sind da noch die Niederlande, Dänemark, Polen und Litauen. Das ist keine kollektive Amnesie, wie wir vorher gnädig dachten. Das ist eine geplante, kalkulierte, koordinierte Aggression gegen die Russen. Wenn Sie uns schon einmal mit den Minsker Vereinbarungen in die Irre geführt haben, werden wir uns nicht noch einmal durch Phrasen täuschen lassen, dass Sie mit Ihren Waffen nur Angriffe auf militärische Einrichtungen auf russischem Gebiet genehmigen.

Wir wissen längst, welche "militärischen Einrichtungen" Kiew beschießen lässt: Lebensmittelmärkte, Kinderspielplätze, Stadtplätze und Wohngebäude. Und Sie wissen das ebenso gut. Schließlich fliegen Ihre Raketen dorthin, wohin Ihre Satelliten und die in den Geschossen installierte Software sie lenken. Es wäre besser, wenigstens jetzt, so kurz vor dem Abgrund, damit aufzuhören, zu belügen und zu täuschen. Nicht uns. Wir glauben Ihnen schon lange nichts mehr.

Und auch nicht Ihre Wähler – die interessieren sich nur für Lebensmittel, Geld und Wettervorhersagen.

Hören Sie auf, sich selbst etwas vorzumachen! Denn während die Normalbürger sich, nachdem es so endet, wie es bislang immer endete, sagen werden "Wir haben ja gar nichts gewusst" und damit ruhigen Gewissens weiterleben, werden Sie persönlich sich nicht herausreden können. Nicht einmal das Mantra von "Wir setzen uns für Demokratie ein" wird Sie dann retten. 

Die Geschichte des europäischen und russophoben Revanchismus pflegt, sich immer wieder zu wiederholen – nicht als Farce, sondern als Tragödie. Lesen Sie die Juni-Befehle der Marschälle Napoleons und der Generäle Hitlers. Es wird Ihnen bekannt vorkommen.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist im Original am 2. Juni 2024 auf ria.ru erschienen

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