Der Schuldspruch: Ein Geschenk für Trumps Kampagne
Von Szene isch Züri
Weit davon entfernt, dem Ansehen Trumps zu schaden, erlaubt dem republikanischen Politiker das heutige Urteil, erneut als Märtyrer und Held in Erscheinung zu treten, der gegen ein seiner Meinung nach ungerechtes und politisch motiviertes Rechtssystem kämpft. Diese neue Erzählung stärkt sein Image als entschlossener Kämpfer gegen die Voreingenommenheit staatlicher Institutionen und könnte seine Basis mobilisieren und Wähler anziehen, die ihn als Opfer politischer Verfolgung sehen.
Die Verurteilung von Trump wegen der Fälschung von Geschäftsbüchern, um andere Vergehen zu vertuschen, spiegelt einen stark politisch beeinflussten Rechtsprozess wider. Die beteiligten Akteure – ein linksgerichteter Staatsanwalt, ein politisch aktiver Richter und eine Jury aus einem der liberalsten Gebiete Amerikas – schienen alles daran gesetzt zu haben, Trump um jeden Preis zur Strecke zu bringen. Dieser Prozess infolge angeblicher Vergehen beim Umgang mit Geschäftsunterlagen von vor fast einem Jahrzehnt unterstreicht, wie politisch kompromittiert das Justizsystem in Städten wie New York geworden ist.
Die Rolle des "politisch Verfolgten" dient seiner Popularität
Die Entscheidung, die Vorwürfe gegen Trump zu verfolgen, obwohl ähnliche Vergehen von demselben Staatsanwalt schon häufig übergangen wurden, zeigt eine selektive Anwendung der Justiz, die das öffentliche Vertrauen untergräbt. Trump bezeichnete das Urteil in New York als "Schande". Sein Bild als Märtyrer, der von einem politisierten Justizsystem verfolgt wird, hat bei vielen seiner Anhänger Anklang gefunden. Die Erzählung, dass das Justizsystem für politische Zwecke missbraucht werden kann, droht, das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz zu untergraben.
Der Schuldspruch für Trump ist ein Geschenk, das vielleicht nur in Hollywood hätte erdacht werden können. Inmitten dieser turbulenten Zeiten zeigt sich Trump nicht nur als Politiker, sondern auch als fürsorglicher Familienvater, der die Herzen der Nation berühren möchte. Ein Vater hält die Hand seiner Tochter nur für eine Weile, aber ihr Herz für immer. Auch die Reichen sind nicht vor Kummer gefeit – in einem tief bewegenden Post bricht Ivanka Trump ihr Schweigen und meldet sich zu Wort.
Mit nur vier Worten richtet sie sich an ihren verurteilten Vater: "Ich liebe dich, Papa." Diese Botschaft veröffentlichte sie auf ihrem Instagram-Kanal zusammen mit einem nostalgischen Foto, das sie und ihren Vater in glücklicheren Tagen zeigt.
Der republikanische Hardliner aus dem US-Repräsentantenhaus, Jim Jordan, bezeichnete das Urteil als "Farce". Der Vorsitzende des Justizausschusses der Parlamentskammer sprach von einem "voreingenommenen Richter" und einem "ungerechten Prozess", der allein dazu gedient habe, Trump im laufenden Präsidentschaftswahlkampf zu behindern. Trump werde im Berufungsverfahren Recht bekommen.
Das Rechtssystem und der Rechtsstaat
Während oft gesagt wird, dass niemand über dem Gesetz steht, ist es ebenso wichtig sicherzustellen, dass niemand ungerecht vom Gesetz verfolgt wird. Wenn nicht Trump der Angeklagte gewesen wäre, wäre unwahrscheinlich gewesen, dass das Verfahren mit solcher Intensität vorangetrieben worden und das daraus resultierende Urteil ergangen wäre. Diese selektive Anwendung der Justiz stellt eine ernsthafte Bedrohung für das Prinzip des Rechtsstaats dar, das konsequent und unvoreingenommen angewendet werden sollte.
Das eigentliche Drama liegt darin, dass dieser Prozess der erste ist, der Trumps Verzögerungstaktiken überwunden hat und vor der Wahl abgeschlossen wurde. Kurz nach dem Urteil schaltet Trump bereits wieder in den Wahlkampfmodus und reckt vor dem Trump Tower in New York die Faust in die Höhe.
Dadurch wird Trump eher mit einem relativ geringfügigen Vergehen in Verbindung gebracht, als mit bedeutenderen Anschuldigungen. Andere, gewichtigere Vorwürfe gegen Trump, etwa seine Beteiligung am "Sturm des Kapitols" oder sein Umgang mit geheimen Dokumenten, werden wahrscheinlich nicht vor der Wahl geklärt werden.
Die erste Verurteilung eines ehemaligen US-Präsidenten wegen eines Verbrechens betraf nicht etwa die Kriege im Irak oder in Afghanistan, illegale CIA-Putsche, Drohnenschläge auf Hochzeiten oder das Ausspionieren amerikanischer Bürger. Nein, sie kam zustande, weil Trump eine Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar an eine Pornodarstellerin falsch verbuchte. Und das mitten im Wahlkampf – man könnte sagen: Absurder und deutlicher ließe sich kaum beschreiben, wie marode die US-Justiz geworden ist.
Die Verurteilung von Donald Trump hat weitreichende Implikationen, nicht nur für seine politische Zukunft, sondern auch für die Integrität des amerikanischen Rechtssystems. Die Wahrnehmung, dass Gerichtsprozesse für politische Zwecke manipuliert werden können, gefährdet die grundlegenden Prinzipien von Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit.
Auch die US-Börse reagierte auf den Schuldspruch gegen Trump mit signifikanten Ausverkäufen. Obwohl der Aktienmarkt auf innenpolitische Turbulenzen zumeist nicht reagiert, blickt die Wall Street nun besorgt auf mögliche Kurseinbrüche. Das Urteil, das nach Börsenschluss verkündet wurde, stürzt die USA in noch unbekanntes Terrain im Vorfeld der Präsidentschaftswahl am 5. November, bei der Trump als Spitzenkandidat der Republikaner versuchen wird, das Weiße Haus vom amtierenden demokratischen Präsidenten Joe Biden zurückzuerobern.
Während das Land auf den Wahltag zusteuert, wird dieses Gerichtsurteil seine Wirkung weiter entfalten. Es könnte die öffentliche Meinung und das Wahlverhalten der Amerikaner auf unvorhersehbare Weise beeinflussen.
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