Meinung

"Keine Prämien für Deserteure" – Deutschland macht Druck auf ukrainische Flüchtlinge

Die Debatte um ukrainische Flüchtlinge in Deutschland – vor allem um Männer im wehrpflichtigen Alter – reißt nicht ab. Einen neuen Anlauf unternahm am Freitag Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der in der "Bild" forderte: "Kein Bürgergeld für fahnenflüchtige Ukrainer!"
"Keine Prämien für Deserteure" – Deutschland macht Druck auf ukrainische FlüchtlingeQuelle: Gettyimages.ru © Harald Tittel/dpa

Von Tatjana Montjan 

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wirbt für die Idee, männlichen ukrainischen Flüchtlingen im wehrpflichtigen Alter das Bürgergeld und andere Sozialleistungen zu entziehen. Von den eine Million männlichen Ukrainern, die für den Krieg mobilisiert werden sollen, halten sich mindestens 200.000 in Deutschland auf. Herrmann sagte:

"Es darf keine Prämien für diejenigen geben, die desertieren. Es kann nicht sein, dass wir sie aufnehmen und damit ermöglichen, dass sie sich der Wehrpflicht entziehen. Deutschland tut alles, um die Ukraine im von Russland angezettelten Krieg bestmöglich zu unterstützen, und auf der anderen Seite nehmen wir Soldaten auf, die sich dem Dienst entziehen. Das Mindeste ist, dass wir an solche Bürgerinnen und Bürger, vor allem an Männer, die eigentlich in ihrer ukrainischen Heimat wehrpflichtig sind und dort zur Verteidigung von Frieden und Freiheit gebraucht werden, kein Geld zahlen."

In Deutschland sind derweil selbst so unnachgiebige Kämpfer gegen Wehrdienstverweigerer wie Herrmann keineswegs dagegen, ukrainischen Frauen mit Kindern die Sozialleistungen zu belassen. Erstaunlich? Nein. 

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fordert männliche ukrainische Flüchtlinge, die in Deutschland leben, öffentlich auf, sich Arbeit zu suchen. Er ist der Meinung, dass nur Frauen mit Kindern zu Hause bleiben und Sozialhilfe beziehen sollten, während die Männer und kinderlosen Frauen arbeiten und Deutschland einen Nutzen bringen sollten, anstatt auf dem Rücken der Steuerzahler zu sitzen. Die Bedingungen in Deutschland sind so, dass es wirtschaftlich nicht machbar ist, ohne eine örtliche Berufszulassung zu arbeiten. Um eine solche zu bekommen, muss man mindestens fünf Jahre lang als Handwerker arbeiten. Das ist allerdings noch nicht der entscheidende Punkt.

Man hat das Gefühl, dass dieser ganze Medienrummel einigen für Flüchtlinge nicht sehr angenehmen Entscheidungen den Weg bereitet. Das Kurioseste ist, dass viele Millionen illegale muslimische Migranten seit Jahrzehnten in Deutschland von Sozialhilfe leben, ohne zu arbeiten – und niemand übt deswegen Druck auf sie aus. Im Gegenteil, sie werden beschützt und sprichwörtlich auf den Hintern geküsst. Wahrscheinlich weil für Deutschland nicht in Aussicht steht, in Syrien, Somalia, Algerien oder im Irak in den Krieg zu ziehen.

Aber bei der Ukraine sind die Dinge nicht so eindeutig, wenn man etwa an die jüngsten Äußerungen Orbáns über die Kriegspläne der NATO denkt. Deshalb haben deutsche Politiker die genaue Zahl der potenziellen ukrainischen Soldaten gezählt und ihnen ausdrücklich empfohlen, mit der Arbeit zu beginnen, um nicht zur ersten Welle der an die Ostfront Zwangsverpflichteten zu gehören.

Tatjana Montjan ist eine ukrainische Rechtsanwältin und Strafverteidigerin, Publizistin und Bloggerin. Vor Beginn der russischen militärischen Intervention musste sie Kiew verlassen, nachdem sie vor der UNO über die Zustände in der Ukraine gesprochen hatte. Derzeit lebt sie im Donbass, engagiert sich für humanitäre Hilfe und führt Videoblogs. Man kann ihr auf ihrem Telegram-Kanal folgen. 

Mehr zum Thema - "Darum wollen Ukrainer nicht arbeiten" – Ukrainische Anwältin staunt über Deutschlands System

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.