Meinung

75 Jahre Grundgesetz: Vom Mangel an Freiheitsgeist in der deutschen Politik

Das Grundgesetz wird heute 75 Jahre alt. Richtigen Grund zum Feiern gibt es nicht, denn die Freiheiten, die das Grundgesetz garantieren soll, sind bedroht. Die größte Gefahr für die Demokratie in Deutschland geht dabei von den etablierten Parteien und den mit ihnen verbundenen Medien aus.
75 Jahre Grundgesetz: Vom Mangel an Freiheitsgeist in der deutschen PolitikQuelle: Legion-media.ru © Teamwork

Von Gert Ewen Ungar

Deutschland feiert heute den Geburtstag des Grundgesetzes. Deutsche Politik ist voll des Lobes. Das Grundgesetz sei eine Erfolgsgeschichte, schreibt beispielsweise Justizminister Marco Buschmann (FDP). 

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) meint in einem mit Pathos aufgeladenen Video, Debattenfähigkeit sei das Lebenselixier "unser Demokratie".  Diese Debattenfähigkeit, die Baerbock unter anderem beim Besuch beim Bäcker erlebt, sieht sie bedroht. Es gehe vor allem in den sozialen Medien nicht um das Argument, es gehe um Bekenntnisse, konstatiert sie.

"Bist du für Frieden oder für Waffenlieferungen an die Ukraine? Bist du für die Palästinenser oder für die Israelis. Als würden wir nicht über Menschen sprechen, sondern über Fußballvereine." 

Diese Polarisierung bringe keine Lösung, sondern Verhärtung, sagt die deutsche Außenminsisterin. Davon würden Populisten profitieren, die "den Hass in unsere Herzen" zurückbringen wollen. 

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck hat ebenfalls ein Video veröffentlicht, das sich inhaltlich mit dem Baerbocks weitgehend deckt. Er beklagt darin, dass sich viele Menschen in Blasen abgeschlossen hätten. Ausgerechnet Habeck!

Nun wird sowohl Habeck als auch Baerbock zurecht vorgeworfen, eine rein ideologische Politik zu verfolgen und für Sachargumente nicht zugänglich zu sein. Beide sind für die Demokratie eine Zumutung. Baerbock verfolgt eine aggressive Außenpolitik und lehnt Diplomatie ab. Unter Baerbock verlängert Berlin den Krieg in der Ukraine und bürdet dabei sowohl Deutschland als auch der Ukraine hohe Kosten auf. Baerbocks Ukraine-Politik hat die völlige Zerstörung dieses osteuropäischen Landes zur Folge. Baerbock legitimiert sowohl in der Ukraine als auch in Israel schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Zum Staatsterrorismus beider Länder schweigt sie beharrlich. Deutschland ist international daher inzwischen weitgehend isoliert. Sachlich darüber diskutieren will die Außenministerin nicht. Baerbock ist selbst das beste Beispiel dafür, was sie in ihrem Video beklagt. 

Habeck hat mit seiner Energiepolitik für die größten Reallohnverluste seit Bestehen der Bundesrepublik gesorgt. Sowohl er als auch Baerbock verbreiten Verschwörungserzählungen und Desinformationen. So behauptet Wirtschaftsminister Habeck faktenwidrig, Putin habe Deutschland das Gas abgestellt. Baerbock lässt sich auf der offiziellen Seite des Auswärtigen Amtes mit der Bemerkung zitieren, Putin sei wahnsinnig und verfolge in diesem Wahn imperialistische Ziele. 

Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) verbreitet Desinformation. Er warnt die Deutschen, der Russe stehe vor der Tür. Die Deutschen müssten daher wehrhaft werden. Putin und andere hochrangige russische Politiker haben wiederholt widersprochen: Russland habe keine Absicht, Länder der NATO zu überfallen. Pistorius interessiert das nicht. 

Dass all diese inhaltlich höchst fragwürdigen Äußerungen im deutschen Mainstream ohne Widerspruch bleiben, wirft ein Schlaglicht auf den bedenklichen Zustand des deutschen Journalismus. Er hat seine Aufgabe als Korrektiv und als kritischer Begleiter von Politik längst aufgegeben. Spätestens seit der Corona-Krise versteht er sich als Sprachrohr der Politik, mit einer zusätzlichen Disziplinarfunktion gegenüber kritischen Bürgern. Ja, die Demokratie in Deutschland ist in Gefahr. Aus dem tiefsten Innern heraus.

Tatsächlich herrscht in Deutschland strenge Zensur, durch die sowohl Pressefreiheit, Meinungsvielfalt und Informationsfreiheit längst ausgehebelt worden sind. Hinzu kommen Verschärfungen des Strafgesetzes, wie beispielsweise des Paragrafen 130 StGB, der nun nicht mehr nur die Leugnung des Holocausts, sondern auch die "Verharmlosung von Kriegsverbrechen" unter Strafe stellt. Es wurde zu einem Gummiparagrafen, der den Pluralismus der Meinungen nicht fördert, sondern die Meinungsfreiheit einschränkt. Die Tendenz dieser und all der anderen Gesetzes-Verschärfungen ist völlig klar: Kritik an der Regierung und ihrer Politik wird gesetzlich immer weiter eingeschränkt. Was gestern noch sagbar war, ist heute strafbewehrt. Eine Demokratie sieht anders aus.

In Deutschland wird Ausgrenzung offen praktiziert. Seit dem Beginn der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine am 24. Februar 2022 werden russische Künstler und Kulturschaffende in Deutschland angegangen. Es werden Auftrittsverbote gefordert, Werke längst verstorbener russischer Komponisten und Literaten sollen nicht mehr zur Aufführung kommen. Verstärkt hat sich diese repressive Tendenz noch einmal mit dem Beginn des Krieges in Israel. Jetzt sind es die Fürsprecher der Palästinenser, die mit Repressionen rechnen müssen. Wissenschaftler werden ausgeladen, bereits verliehene Preise wegen der falschen Haltung in der Palästinenserfrage wieder aberkannt. Deutschland ist erneut auf dem Weg in die Repression. Das Grundgesetz schützt davor offenkundig nicht. 

Der Debattenraum ist in Deutschland massiv verengt. Die in Deutschland herrschende geistige Enge ist einer Demokratie unwürdig. Die im Grundgesetz garantierten Grundrechte sind in Gefahr. In Gefahr gebracht werden sie allerdings nicht durch die AfD, durch Russland oder China, sondern durch die etablierten Parteien. Gerade Politiker wie Baerbock, Habeck und Faeser sind beseelt von einem tief rechten, totalitären und autoritären Geist, der jede Abweichung von der eigenen Linie verbieten möchte. Eine größer werdende Zahl von Menschen verlässt Deutschland aufgrund des dort herrschenden repressiven Klimas – wieder mal, muss man hinzufügen. Deutschland hat aus der eigenen Geschichte nichts gelernt.  

Die aktuelle Politikergeneration leugnet selbstverständlich ihren Hang zur Repression. Doch ein Blick von außen auf Deutschland zeigt, wie sehr das Land nach rechts gerückt ist. Berlin unterstützt sowohl in Israel als auch in der Ukraine rechte, in Teilen offen faschistische Regime. Sowohl die israelische Regierung als auch Kiew verfolgen Genozid-Absichten. Für Deutschland ist das allerdings kein Grund, sich zu distanzieren, sondern nur, Kritiker mundtot zu machen.

Deutsche Politik lässt in diesem Zusammenhang jede Fähigkeit zur Differenzierung vermissen. Inzwischen wurde wegen der bedingungslosen Solidarität deutscher Politik mit dem israelischen Genozid-Regime eine Boykottbewegung gegen Deutschland ins Leben gerufen. Berlin zeigt sich von diesen deutlichen Warnsignalen aus dem Ausland völlig unbeeindruckt und wiederholt alle historisch gemachten Fehler: Das Land steht erneut auf der Seite der Gewalt und des Unrechts.

Die Russland-Sanktionen zerstören die deutsche Wirtschaft. Doch statt den eingeschlagenen Weg zu korrigieren, verbreiten Politiker wie Habeck Verschwörungserzählungen über Russland. Dass ausgerechnet er in seinem Video zum Geburtstag des Grundgesetzes fordert, man solle sich nicht in Blasen abschließen, ist unfreiwillig komisch. Habeck hat um sich herum ein System der Speichellecker und Ja-Sager etabliert, das ihn vollständig von Kritik abschirmt. Mit Widerspruch kann Habeck nicht umgehen. Konfrontiert mit Kritik, neigt er zu cholerischen Ausbrüchen. Er hält sich dennoch für einen Demokraten. 

In Deutschland wird gerade alles daran gesetzt, die Opposition zu verbieten. Dazu wird medial eine Bedrohungskulisse aufgebaut, die das Ziel hat, ein Verbot der AfD als zum Schutze der Demokratie zwingend notwendig erscheinen zu lassen. Faktisch sind die gegen die AfD erhobenen Vorwürfe, sie sei eine faschistische Partei, die auf die Abschaffung der demokratischen Grundordnung abziele, nicht haltbar. Auch wenn man sich der AfD in vielem nicht anschließt, muss man erkennen: Die Demokratie wird in Deutschland nicht durch die AfD, sondern durch jene bedroht, die sie verbieten wollen.

Deutschland ist auf dem Weg in den Totalitarismus. Das Grundgesetz schützt vor dieser Entwicklung nicht. Was der deutschen Gesellschaft und vor allem deutschen Politikern fehlt, ist die Befähigung zu Demokratie. Der deutschen Gesellschaft fehlt die Fähigkeit, andere Meinungen zuzulassen und auszuhalten. Es fehlt ihr damit an der Fähigkeit zur Freiheit, die eben immer nur die Freiheit der Andersdenkenden ist. An der aktuellen deutschen Politikergeneration in Deutschland wird dieses Defizit deutlich sichtbar. Es fehlt dieser Generation an der für Demokratie und Freiheit notwendigen geistigen Größe – und das in jeder Hinsicht. 

Mehr zum Thema – Über die Kontinuität der Verfolgung Andersdenkender in Deutschland

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