Genug "Staub geschluckt": Russische Bürger kehren aus dem Westen nach Hause zurück
Von Wiktorija Nikiforowa
Lange vor 2022 hatte Russlands Präsident Wladimir Putin seine Landsleute vor zu viel Vertrauensseligkeit dem Westen gegenüber gewarnt: Sie würden noch "viel Staub zu schlucken haben", um ihr dort investiertes Vermögen zu retten, sagte er in einem seiner öffentlichen Auftritte.
Nun berichtet Bloomberg, dass russische "Kriegsflüchtlinge", die 2022 aus Russland in den Westen migrierten, inzwischen in Massen zurück nach Russland zögen. Oder wie sagt man das in der politisch korrekten Sprache? Sie fliehen in die entgegengesetzte Richtung.
Das ist für uns keine Neuigkeit. Präsident Putin stellte schon letztes Jahr fest, dass bis dahin etwa die Hälfte der "Ausbrecher" nach Russland zurückgekehrt war. Seitdem sind es noch einmal mehr Rückkehrer geworden. Bloomberg gefällt dies natürlich nicht, bedeutet die Rückwanderung doch, dass der psychologische Angriff, den der Westen nach dem Beginn der militärischen Sonderoperation organisiert hat, völlig fehlgeschlagen ist.
Deshalb werden nun Erhebungen und Befragungen durchgeführt, Experten zurate gezogen: Wie konnte es dazu kommen?
Der Beitrag der zurückgekehrten Bürger zur russischen Wirtschaft wird berechnet. Nach Angaben von Bloomberg hat die Rückkehr der Migranten zwischen einem Fünftel und einem Drittel des gesamten Wirtschaftswachstums unseres Landes ausgemacht. Dies deutet darauf hin, dass hochqualifizierte Fachkräfte zurückkamen, gute Gehälter bekamen und diese in Restaurants, Hotels und Konzertsälen ausgaben, wodurch unser Dienstleistungssektor angekurbelt wurde. Egal, ob diese Zahlen stimmen: Vielen Dank für die harte Arbeit und den Beitrag zu unserer Wirtschaft.
Ja, aber wie konnte das passieren? Schließlich war die "Flucht der Kriegsgegner" als Element des Sanktions- und Wirtschaftskrieges gegen unser Land gedacht. In Russland herrschte bereits zuvor Arbeitskräftemangel, und die Auswanderung hätte uns sehr hart treffen müssen. Die Experten, die in der Bloomberg-Publikation zu Wort kommen, runzeln ratlos die Stirn. Die befragten Rückkehrer sind schüchtern und wortkarg.
Also gut, helfen wir Bloomberg, denn wir kennen die Antwort.
Erstens: Die "Geflohenen" hatten kein Geld mehr, um im Westen zu bleiben. Sie hatten vor ihrer "Flucht" keine Ahnung, wie viel der Lebensunterhalt im glorreichen Westen in der Realität kostet. Es ist wirklich unheimlich. Umso mehr, als die postsowjetischen Länder schnell hinter den weißen Herren herzogen und anfingen, unseren Geflohenen dreifache Preise zu berechnen. Ich erinnere mich an die Figuren, die auf einer Müllhalde in Georgien gegessen haben – es ist keine Metapher, sie aßen im wahrsten Sinne des Wortes Abfall.
Unternehmerische Initiativen der "Geflohenen" kamen nicht in Gang. Und das liegt nicht daran, dass unsere Geschäftsleute nicht gut genug wären. In Russland waren sie recht erfolgreich. Aber in anderen Ländern ist der Standardmodus der Protektionismus – ein Ausländer kann dort nicht ohne Weiteres all die Hürden umgehen, mit denen der Staat die lokalen Unternehmen schützt. Für Russen galt ohnehin das Least-Favoured-Nation-Regime.
Zweitens: Der Westen hat unsere "Pazifisten" mit Aufenthaltsgenehmigungen und Aufenthaltserlaubnissen eklatant betrogen – erst versprach man sie ihnen, dann verweigerte man sie ihnen oder verlängerte die bereits erteilten nicht. An jeder Grenze erlebten die "Flüchtlinge" regelmäßig Panikattacken: Klappt die Einreise oder nicht, was würde der Zoll so alles beschlagnahmen, lässt er einem wenigstens noch die Unterwäsche oder selbst die nicht? Die Ungewissheit zerrte an den Nerven, und wenn man mit seinen Kindern auf der Flucht ist, möchte man sich so etwas gar nicht vorstellen.
Drittens: Die "Flucht" in den "goldenen Westen" erwies sich für unsere Landsleute als eine Zeitreise 30 Jahre zurück. Gegenüber dem Niveau, das sie in Moskau oder Kasan gewohnt sind, erwiesen sich Dienstleistungen in Berlin oder Lyon – von der Anmietung einer Wohnung bis zum Internetkauf, von der Lebensmittellieferung bis zur einfachsten medizinischen Versorgung – als ein Albtraum. Das gefällt auch nicht jedem.
Das Schlimmste indes war der Hass, der den "Geflohenen" entgegenschlug. "Russophobie" ist ein schönes Wort, aber es beschreibt nicht die Intensität des Hasses, dem unsere Bürger in so vielen europäischen und grenznahen Ländern ausgesetzt sind. Rüpelhafte Ausbrüche, gewaltbereite Ukrainer, beleidigende Graffiti an Wänden ... In einer Tifliser Bar tröstet die freundliche Wirtin den oppositionellen Russen:
"Sie sind aus Moskau? Ist schon gut, in unserer Bar werden Russen nicht geschlagen. In der Bar nebenan schon, aber hier erlaube ich es nicht."
Dies ist ein Fall, der sich genau so ereignet hat.
Nur ein bequemer Mensch vergleicht die Haltung der Europäer gegenüber Russen nicht mit ihrer Haltung gegenüber Juden in den 1930er Jahren. Es gibt nur einen Unterschied: Die Russen haben einen Ort, an den sie zurückkehren können, sie haben jemanden, der sie beschützt. Also gingen sie nach Hause.
Vielen der Rückkehrer ist das jetzt ein wenig peinlich. Aber sie haben bereits eine Ausrede – "eigentlich" hatten sie gar nicht die Absicht, sich irgendwo auf Dauer niederzulassen. Mit Interesse lese ich in einer heimischen Wirtschaftszeitung: "Fjodor, IT-Ingenieur aus Moskau, wollte einfach schon immer mal für eine Zeit lang in Georgien leben ... Grigorij aus Wladiwostok ... wollte schon lange mal in der Türkei überwintern ..." Natürlich, wer würde das bezweifeln?
Der Bericht von Bloomberg ist da viel ehrlicher. Ein Experte, der unsere Rückkehrer interviewt hat, fasst das Ergebnis seiner Forschungen so zusammen:
"Sie stellten fest, dass sich die ganze Welt buchstäblich gegen sie gewendet hat. Sie kehren mit einem Gefühl der Verbitterung und der Erkenntnis (nach Russland) zurück, dass Putin doch recht hatte. Nun hassen sie uns."
In der Tat haben Hunderttausende gebildeter Russen in diesen zwei Jahren eine Impfung gegen die Seuche der Liebe zum Westen erhalten. Der im Westen erlebte Hass hat die Hirne vieler Menschen von Illusionen und der Unterwürfigkeit gegenüber Europa und Amerika gereinigt.
Der Traum von einem Glas Chianti im Schatten von Pinienbäumen stieß auf die Lebensrealität eines Flüchtlings – bettelarm, gedemütigt, verfolgt, verachtet. Es war eine eindrucksvolle und denkwürdige Lektion in Sachen Patriotismus.
Es ist interessant, dass unsere westlichen Gegner jedes Mal dabei erwischt werden, dass sie ihren Hass auf uns überhaupt nicht zu verbergen wissen. Zu Beginn des Großen Vaterländischen Krieges gab es bei uns auch viele Pazifisten und Germanophile. Erst nachdem sie die hitlerfaschistischen Gräueltaten persönlich gesehen hatten, kamen auch sie zur Vernunft und halfen, die Deutschen zu verjagen.
Seit 2022 haben viele Russen diesen Lehrgang für junge Soldaten in einer kurzen und abgeschwächten Version durchlaufen. Nun, willkommen zu Hause!
Übersetzt aus dem Russischen. Das Original ist am 3. Mai 2024 auf ria.ru erschienen.
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