Meinung

Ursula-Gate: Warum auch hochkorruptes Verhalten der EU-Kommissionspräsidentin nicht schadet

Die EU-Kommissionspräsidentin wurde wegen des Pfizer-Deals verklagt. Ändern wird das nichts. Von der Leyen hat ein System aus Korruption etabliert, das ihr eine zweite Amtszeit sichern wird. Angesichts der realen Verhältnisse klingen ihre Bekenntnisse zur Demokratie und Werten immer absurder.
Ursula-Gate: Warum auch hochkorruptes Verhalten der EU-Kommissionspräsidentin nicht schadetQuelle: www.globallookpress.com © Flashpic

Von Gert Ewen Ungar

Am 9. Juni sind Wahlen zum Europäischen Parlament. Die Wahlen sind frei und geheim, aber sie sind nicht gleich. Eine Wählerstimme in einem kleinen EU-Land wird stärker gewichtet als die Stimme eines Wählers aus einem EU-Land mit einer hohen Einwohnerzahl. Eine lettische Stimme zählt mehr als die eines deutschen Wählers. Schon da fängt es mit den Ungereimtheiten an, hört dort allerdings noch lange nicht auf. Wer mit der EU vertraut ist, weiß, dass all das Gerede von Demokratie und Werten mit der real existierenden EU nichts zu tun hat. 

An keiner Figur wird das Auseinanderfallen von Anspruch und Wirklichkeit so deutlich wie an der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Diese gilt als hochkorrupt. Sie steht für maximale Intransparenz und sie steht dafür, die Macht der EU-Kommission durch Vertragsbruch stetig auszuweiten ‒ auf Kosten der Souveränität der EU-Staaten. 

Von der Leyen ist bei den Bürgern der EU ausgesprochen unbeliebt. Müsste sie sich zur Wahl stellen, würde sie durchfallen. Deshalb muss sie nicht. Man kann Ursula von der Leyen nicht wählen. Dafür, dass sie trotzdem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erneut zur Kommissionspräsidentin gekürt werden wird, sorgte die CDU. Auf deren Drängen wurde von der Leyen zur Spitzenkandidatin der stärksten Fraktion im EU-Parlament EVP gewählt. Wobei dem Wort "Wahl" hier mit größter Skepsis zu begegnen ist. 

Auf dem Parteitag der EVP in Bukarest wurde von der Leyen in einem mehr als zweifelhaften Procedere zur Spitzenkandidatin gemacht. Einen Gegenkandidaten gab es nicht, ein Großteil der rund 800 Delegierten nahm an der Wahl nicht teil. Der Wahlgang begann, als von der Leyen noch ihre Bewerbungsrede hielt. Von den schließlich abgegebenen 489 Stimmen entfielen 400 auf von der Leyen. Die deutschen Nachrichten meldeten, von der Leyen sei mit 80 Prozent Zustimmung zur Spitzenkandidatin gewählt worden. Glückwunsch! Als Spitzenkandidatin der größten Fraktion im EU-Parlament ist ihr damit eine zweite Amtszeit sicher. 

Faktisch trägt aber nur die Hälfte der eigenen Delegierten die Kandidatur von der Leyens mit. Von der Leyen ist nicht nur bei den EU-Bürgern unbeliebt, sie ist auch in ihrer eigenen Partei umstritten. 

Gründe dafür gibt es zahlreiche. Einer der Gründe ist der Pfizer-Deal. In der Corona-Krise schlug die Kommission die gemeinsame Impfstoff-Beschaffung vor. Wenn die EU-Kommission für alle EU-Länder einkauft, kann sie mit größerer Verhandlungsmacht auftreten und es wird dann absehbar billiger, war das Versprechen. Daraus wurde nichts. Die Beschaffung des Impfstoffes wurde zum Desaster. 

Am 2. Mai erscheint dazu ein Buch. "Ursula-Gate" ist der Titel, der Autor Frédéric Baldan ist seit zehn Jahren in Brüssel als Lobbyist akkreditiert. Er verspricht die Offenlegung von Insiderwissen über die Arbeitsweise der EU. Er hat Ursula von der Leyen wegen "Einmischung in öffentliche Ämter, Vernichtung von SMS, Korruption und Interessenkonflikten" verklagt. 

Von der Leyen hat den Impfstoff-Deal persönlich ausgehandelt. Per SMS unter anderem. Die SMS hat sie anschließend gelöscht. Das war nicht das erste Mal, dass von der Leyen brisante Textnachrichten verschwinden ließ. Als deutsche Verteidigungsministerin vergab Ursula von der Leyen rechtswidrig Beraterverträge in Millionenhöhe an externe Berater. Ein Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag wollte der Sache auf den Grund gehen, doch die SMS, mit denen die Deals eingefädelt worden waren, hatte von der Leyen gelöscht, Akten und Dateien waren vernichtet worden. 

Das wiederholte sich nun im Rahmen der Pfizer-Verträge. Insgesamt 4,2 Milliarden Impfdosen hat die EU bestellt, mehr als die Hälfte davon bei Pfizer. Schon die Zahl ist irritierend, denn die EU hat lediglich 440 Millionen Einwohner. Mit der bestellten Menge hätte man jeden EU-Bürger beinahe zehnmal impfen können. Wie viel eine Dosis des Pfizer-Impfstoffs gekostet hat, ist nach wie vor unklar. Die Verträge werden geheim gehalten. Die EU-Parlamentarier, die sich für den Vorgang interessierten, erhielten nur umfassend geschwärzte Vertragsexemplare. Vermutlich belief sich der Deal mit Pfizer auf 35 Milliarden Euro. Aber das ist nicht die einzige Ungereimtheit. 

Während der Preis pro Einzeldosis unklar ist, ist klar, dass mit steigender Abnahmemenge der Preis pro Injektion ebenfalls stieg. Das Versprechen, durch gebündelten Einkauf einen niedrigeren Preis zu erzielen, hat sich nicht erfüllt. 

Nach dem Ende der Pandemie bestand Pfizer zudem auf Vertragserfüllung. Das heißt, die bestellten Mengen mussten abgenommen und natürlich von den EU-Ländern auch bezahlt werden. Das EU-Parlament drang auf Nachverhandlungen. Die Kommission hat lange gezögert, erklärte sich dann aber schließlich doch bereit, mit Pfizer die Vertragsbedingungen neu auszuhandeln. 

Das Ergebnis: Pfizer erklärte sich bereit, die Lieferzeit bis 2026 zu strecken und die Liefermenge zu reduzieren. Dafür berechnete Pfizer eine Stornogebühr von sage und schreibe 2,2 Milliarden Euro. Der EU-Parlamentarier Martin Sonneborn geht davon aus, dass die Vertragssumme praktisch unverändert ist. Pfizer muss nun lediglich für das gleiche Geld weniger von einem Impfstoff liefern, der ohnehin nicht mehr gebraucht wird. Der Vorgang ist eine absolute Farce.

Die Klage Baldans ist nicht die erste und nicht die einzige Klage gegen von der Leyen und ihr System aus Korruption und Seilschaften. An ihren Aussichten auf eine zweite Amtszeit wird das allerdings wenig ändern. Auch am Auftreten der Kommissionspräsidentin nicht. Von der Leyen wird weiter behaupten, die EU stehe für Demokratie, Transparenz und freiheitliche Werte, auch wenn sie selbst das lebende Beispiel dafür ist, dass ihre Behauptungen ähnlich frei erfunden sind wie der Lebenslauf der deutschen Außenministerin.

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