Meinung

Ulrike Guérot: Getriebene einer Gesellschaft im Zerfall

Ulrike Guérot hat vor Gericht eine Niederlage hinnehmen müssen. Das Arbeitsgericht hat ihre Klage am 24. April 2024 abgewiesen. Sie kann jetzt in Revision vor das Landesarbeitsgericht gehen. Unser Autor Tom J. Wellbrock mit einem Kommentar.
Ulrike Guérot: Getriebene einer Gesellschaft im ZerfallQuelle: Legion-media.ru © https://www.legion-media.ru/item/en/1/dpaphotossix414350.157

Kurz vor der Urteilsverkündung gab Ulrike Guérot der Weltwoche ein Interview, in dem sie über das "Phänomen Guérot" und ihr gleichnamiges Buch sprach. Sie tat das als der Mensch, der das Phänomen verlassen hat und von außen darauf blickt, erklärte sie im Interview. Sicher eine Art des Selbstschutzes, den sie dringend braucht, nachdem sie seit 2021 von Politik und Medien getrieben wird. 

Die Frage, warum sich die Gesellschaft sehr speziell auf Ulrike Guérot eingeschossen hat, kann sie auch nicht so genau beantworten. Aber sie weiß, was über sie geschrieben wurde. Zum Beispiel, dass sie auf den Scheiterhaufen und verbrannt gehöre. Schlimmer noch sind die Beschimpfungen auf X/ehemals Twitter gegen sie, die zuweilen jegliches zivilisatorisches Verhalten vermissen lassen. Und sie sagt, weil sie rote Haare habe, vielleicht falle da die Assoziation zu einer Hexe leichter.

Vermutlich trifft sie damit den Punkt recht genau. Auf Guérot wurde irgendwann zwischen Corona und Ukraine eine Treibjagd eröffnet. Angeführt von Journalisten und Kollegen begann die Ausgrenzung einer klugen Frau, die einer Demokratie nicht würdig ist. Diese Ausgrenzung gipfelt nun vorläufig in dem Gerichtsurteil vom 24. April. 

Natürlich und ohne jeden Zweifel sind die Plagiatsvorwürfe nicht Gegenstand des Problems, sondern nur ein Vorwand. Die Vorwürfe sind alt, sie sind, verglichen mit anderen Fällen, geradezu lächerlich, nicht mehr als eine Fußnote in diesem unsäglichen Fall. Es geht um die abweichende Meinung, es geht darum, diese zu verfolgen, zu diffamieren, zu bestrafen. 

Der Fall Guérot ist die Demonstration einer zerfallenden Gesellschaft, in der der Andersdenkende, das Opfer von Verfolgung und Willkür, kollektiv zu einem Täter umfunktioniert wird. Guérot selbst wundert sich, wenn sie davon spricht, dass eine demokratische Gesellschaft doch eigentlich reflexhaft Partei für die Opfer ergreift, wenn sie sie erkennt. Und davon gibt es ja genug: Feministinnen (oder solche, die sich dafür halten) zum Beispiel, die sich in welcher Form auch immer angegriffen fühlen, können das auf Meldestellen kundtun, sie bekommen gleich noch mediale Unterstützung als Sahnehäubchen obendrauf.

Ob sie enttäuscht sei, fragt der Interviewer, dass sich keine Feministin auf ihre Seite oder schützend vor sie gestellt habe, schließlich sei sie eindeutig ein Opfer, das es zu schützen gelte. Ja, schon, antwortet Guérot, doch viel Kraft liegt nicht in ihren Worten. Vermutlich hat sie zu viel erlebt, um noch an den Kampfeswillen vermeintlicher oder ehemaliger Mitstreiter zu glauben. 

Der Begriff des Opfers ist in der heutigen Gesellschaft ohnehin verzerrt, demontiert und neu zusammengesetzt worden. Schützenswert gilt vielfach, wer sowieso geschützt ist. Mit breiter Brust und viel Pathos werden Opfer konstruiert, denen es nicht schlecht geht, die nicht verfolgt sind, sondern auserkoren wurden, als schützenswerte Medienerscheinungen ihre Runden zu ziehen. Man weiß manchmal nur noch, dass sie Opfer sind, weil es einem gesagt und erklärt wird. 

Ulrike Guérot ist der Inbegriff eines Opfers. Sie ist Opfer der Gesellschaft, der Wissenschaft, der Ökonomie, der Medien und der Politik. Sie zählt genau genommen auch zu den zahlreichen Opfern einer aggressiven Geopolitik, denn weil sie die Prinzipien hinter dem Ukraine-Krieg erkannt und benannt hat, wurde sie zur Unperson erklärt. Damit geht es ihr wie vielen anderen, die ebenfalls nicht bereit sind, das schmutzige Spiel des Westens mitzuspielen. 

Letztlich kann der Umgang mit Ulrike Guérot aber nicht verwundern. In einer orwellschen Gesellschaft, in der weitgehend unwidersprochen behauptet werden kann, Krieg sei Frieden, in einer menschenverachtenden Gesellschaft, in der ganz selbstverständlich gesagt werden kann, dass immer mehr Waffen das Sterben beenden könnten, hat das Leben als solches keinen großen Wert mehr. Der Schutz der Opfer wird zum Leitgedanken erklärt, während durch die praktizierte Politik ihre Zahl täglich, stündlich, minütlich weiter zunimmt. 

All das wäre nicht notwendig, wenn die Gesellschaft, die Medien, die Wissenschaft und die Politik passend zum Gesagten handeln würden. Doch die viel zitierten Sonntagsreden werden mittlerweile täglich gehalten, in großer Zahl und mit viel gespielter Emotionalität und Empathie. Aber sie halten nicht, was sie versprechen, weil sie nicht ehrlich sind. Es sind Worthülsen, die uns wie Karotten vor das Gesicht gehalten werden, während im Hintergrund das Gegenteil dessen getan wird, was publiziert wird. 

In einer solchen Gesellschaft ist kein Platz für Frauen wie Ulrike Guérot, die ehrlich ist, die schreibt, was sie zuvor analysiert hat und was sie denkt. Es ist kein Platz da für Menschen, die zu ihren eigenen Schlüssen kommen und nicht der Meinung sind, Krieg sei Frieden. 

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