Meinung

Gedanken des Balkonisten: Zufälle gibt's – Merzsche Drohung an China und instantan enttarnte Spione

Sachen gibt's, die gibt es gar nicht. Kaum stößt der beliebte Oppositionsführer Drohungen in Richtung China aus, werden in der besten BRD aller Zeiten chinesische Spione verhaftet. Und damit nicht genug: Unser Balkonist entdeckt auch noch einen magischen Zirkelschluss.
Gedanken des Balkonisten: Zufälle gibt's – Merzsche Drohung an China und instantan enttarnte SpioneQuelle: www.globallookpress.com © via www.imago-images.de/www.imago-images.de

Eine Lesermeinung von Mikhail Balzer

Da gab es noch in der letzten Woche verzweifelte Versuche, positive Resümees aus dem faden Chinabesuch des "großen Tross" von Politik und Wirtschaft zu berichten, von dem wenig mehr blieb, als die bekannte "beleidigte Leberwurst" und drei eher belanglose Abkommen. Es gab also noch nicht einmal große außenwirtschaftliche Abschlüsse – oder war dies, ganz entgegen den Forderungen und Drohungen großer deutscher Unternehmen, bereits mit längerer Hand so geplant?

Wieder so ein böser Schelm, der derlei denkt, nein: bitte keine neuen Verschwägerungs*Theoreme! Dann jedoch großes Tamtam des ehemaligen Blackrock-Mitarbeiters, führenden Transatlantikers und jetzigen Kanzlerkandidaten der CDU, der seine aufrütteln-sollende "Mä(e)rz-Rede" nun in den April verlegt hatte; und letztlich hier verbale Vorgaben aus Washington repliziert, also vor multiplen inneren wie äußeren Bedrohungen durch China warnt.

Dies offensichtlich als Replik zu dem gescheiterten Versuch der Regierend*Innen, sich mit "Zuckerbrot und Peitsche" (Pardon: Leberwurstbrot und moralischem Knüppel) korrigierend in China einzuschmeicheln. Also: besser gestern schon, als morgen, solle man sich laut Merzens Ruf zum Aufbruch im Frühling von der krakengleichen chinesischen Wirtschaft fernhalten! Dies allen bereits bestehenden längerfristigen industriellen Verpflichtungen zum Trotz: Gratismut und klimatisch überhitzte Frühlingsluft lassen grüßen!

Und nach außen gerichtet, bedrohe China gar die deutsche Sicherheit, also diesmal nicht am Hindukusch oder in der Ukraine, nein: jetzt sogar auch noch in einer vom Wertewesten als "demokratisch-unabhängig gedachten Republik" Taiwan und im chinesischen Meer (warum um aller Welt heißt es "chinesisches..."?). "Schön gesagt, aber Worte sind geduldig und unsere Taten schneller, lieber Herr Kanzlerkandidat!", so mögen die Wirtschaftsbosse bedeutender Unternehmen, welche in Deutschland durch immer neue Zumutungen der regenbogengrünen Wirtschaftspolitik auf die modernde Halde der Nachhaltigkeit entsorgt werden sollen, gedacht haben …

Doch dann, und solche instantanen Zufälle passieren doch zuletzt unglaublich häufig: da wird heute früh die Enttarnung mutmaßlicher dreier deutscher Wissenschafts- oder Wirtschaftsspione für China verkündet! Immens groß der wohl anzunehmende Schaden durch mutmaßliche Industrie- und Militärtechnik-Spionage. Das ist ja fast so ein Konfetti-Knallbonbon wie das Auftauchen der (wie wir erst jetzt aus "bösen russischen Medien" erfahren haben) geschiedenen Gattin von Alexej Nawalny seinerzeit auf der Münchner Sicherheitskonferenz kurz nach der Bekanntgabe seines Todes.

Und da sind wir schon bei der nächsten, natürlich rein zufälligen zeitlichen Konkordanz: Übrigens ist dieselbe Julia Nawalnaja vergangenen Freitag als vorgebliche Witwe, stellvertretend auch für den verstorbenen Ex-Ehemann mit dem Friedenspreis der Medien (ein böse denkender Eulenspiegel möge ketzerisch ergänzen: "für wertvollsten Gratismut") geehrt worden. Sie, als "die Anführerin des demokratischen Aufbruchs in Russland".

Unbedeutend ist da die Randnotiz, dass diese heldenhafte Lichtgestalt*In ihr aktivistisches Dasein als "bedeutendste Oppositionspolitikerin" außerhalb Russlands betreibt. Früher haben wir als Schüler noch im Geschichtsunterricht gelernt: Es gab schon so einige, in ihrer Bedeutung später völlig abgeflachte Exilregierungen der verschiedensten Länder, warum also nicht jetzt auch in und für, aber außerhalb Russlands? Passend zu derart glorreichen Heroen auch das blutrünstige Narrativ der Jury als Begründung der Preisverleihung (den Wortlaut wiederzugeben, erspare ich dem geneigten Leser).

Eine Preisverleihung, welche interessanterweise im Rahmen des "Ludwig-Erhard-Gipfels" erfolgte. In diesem Kontext natürlich auch interessant: Ludwig Erhard war nicht Friedensforscher oder Freiheitsrebell, sondern promovierter Ökonom und als Wirtschaftsminister Ideengeber der sozialen Marktwirtschaft, welche den "Wohlstand für alle" in der bundesdeutschen Nachkriegszeit gebracht hatte.

Eben jener Wohlstand, der womöglich gerade von den Regierend*Innen für die neuen, moralisch höherstehenden Werte aufgebracht werden muss. Übrigens, und hier schließt sich der magische Zirkel der Zufälle bereits: Die Laudatio des genannten Friedenspreises der Medien hielt kein Geringerer, als eben jener Fels in der transatlantischen Brandung – Friedrich Merz.

Mehr zum Thema - Julia Nawalnaja erhält "Medienfreiheitspreis"

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