Der Prozess gegen Björn Höcke: Was alles für Deutschland getan wird
Von Tom J. Wellbrock
Dieter Hallervorden, kürzlich erst wieder gefeiert und beschimpft wegen seines Gedichtes "Gaza Gaza", hatte vor gefühlten 800 Jahren eine Show namens "Nonstop Nonsens". In dieser Sendung gab es die Rubrik "Der gespielte Witz", die sich großer Beliebtheit erfreute. Die Älteren werden sich unter dem Stichwort "Flasche Pommes" daran erinnern.
Der Prozess gegen Björn Höcke könnte ein solcher "gespielter Witz" sein, oder auch ein "Ewig-grüßt-das-Murmeltier-Witz". Denn Höckes Immunität wurde bereits zum achten Mal aufgehoben. Aus Sicht seiner Angreifer ist dabei kein einziges Mal etwas herausgekommen. Aber diesmal soll es klappen, wäre doch gelacht, wenn man dem Höcke nicht endlich mal gegens Schienbein treten könnte!
Kunterbunter Kindergarten
Einst sang Heino "Schwarz-braun ist die Haselnuss, schwarz-braun bin auch ich", und man kann stundenlang darüber sinnieren, was der blonde Sänger damit gemeint haben könnte. Eigentlich egal, denn strafbar war seine Liedzeile ja nicht. Und darum geht es doch, oder?
Ja. Und nein. Denn es gibt Losungen, die zwar eindeutig den deutschen Hitler-Nazis zugeordnet werden können, die aber nicht strafbewehrt sind, wie wir im "vorwärts" nachlesen können:
"Beide Losungen wurden als Toraufschriften für nationalsozialistische Konzentrationslager benutzt, etwa in Auschwitz ('Arbeit macht frei') oder in Buchenwald ('Jedem das Seine'). Beide Losungen wurden nicht von den Nazis geprägt, sondern gehen auf frühere Ereignisse zurück. Die Verwendung ist nicht strafbar."
Hoppla! Wer hätte das gedacht? Und wer hätte gedacht, dass der kurze Satz "Alles für Deutschland" nicht auf frühere Ereignisse zurückgeht? Gab es tatsächlich vor dem deutschen Nationalsozialismus keine Ereignisse, die diese Aussage geprägt hätten? Man hört, man staunt, man ist verwirrt.
Wer hat Angst vorm braunen Mann?
Ist Höcke ein Faschist? Darauf kommen wir gleich zu sprechen. Jetzt aber sei erst einmal der Grund für den Prozess gegen den AfD-Mann erläutert. Von berufener Stelle auf der Seite "anwalt.de" lesen wir:
"Man verstößt gegen § 86a StGB, wenn man Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verbreitet oder in der Öffentlichkeit verwendet.
Es handelt sich hierbei um sogenannte 'Gefährdungsdelikte', wobei der demokratische Rechtsstaat das vor Gefährdung zu schützende Objekt darstellt. Kann eine solche Gefährdung ausgeschlossen werden, ist auch keine Strafbarkeit gegeben. So wäre beispielsweise eine Hakenkreuzfahne, die in einem fensterlosen privaten Kellerraum an der Wand hängt, nicht strafbar."
Da ist sie wieder, die Gefährdung des Rechtsstaats, neudeutsch auch „Delegitimierung des Staates“ genannt. Höcke hat also durch eine Wahlkampfrede nichts Geringeres als den demokratischen Rechtsstaat gefährdet, als er 2021 "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland" sagte. Diese Einbettung der so verbotenen und so gefährlichen Worte in einen Satz macht die Sache juristisch übrigens ziemlich diffizil. Denn damit entfällt im Grunde der verbotene Charakter. Schauen wir noch einmal bei "anwalt.de" vorbei, wo es heißt:
"Wer bei einer öffentlichen Versammlung lautstark beteuert, Angela Merkel habe in ihrer Amtszeit als Kanzlerin 'immer alles für Deutschland und Europa getan, was ihr möglich war' hat trotz Nutzung des einschlägigen Wortlautes keine NS-Propaganda betrieben, und eine Anklage wegen Verstoßes gegen § 86a StGB ist nicht zu befürchten. Solche Details sind im Falle einer Anzeige – ebenso wie die Absichten des Beschuldigten – genau zu prüfen."
Bei Lichte betrachtet hat Angela Merkel mit ihrer verheerenden, neoliberalen Politik sehr wohl den demokratischen Rechtsstaat gefährdet, die Auswirkungen sind noch heute schmerzhaft spürbar. Merkels Taten erfahren in der heutigen höchst inkompetenten, sich aber zutiefst destruktiv auswirkenden Politik der Ampel ihre logische Fortsetzung, daher gehört eigentlich jeder, der Sätze wie die von "anwalt.de" zitierten ausspricht, unverzüglich vor den Richter gezerrt. Passiert aber nicht, schade.
Der "Meinungs-Faschist"
Ist Höcke ein Faschist? Die Antwort könnte "Jedem das Seine" lauten. Denn laut Staatsrechtler Prof. Volker Boehme-Neßler verhält sich die Sache so:
"Und wenn man ganz genau hinschaut, wird das Gericht feststellen, 'gesichert rechtsextrem', sagt der Verfassungsschutz. Das ist keine naturwissenschaftliche Wahrheit. Das Gericht muss dann sozusagen gucken, was ist da wirklich dran."
Und damit nicht genug. Boehme-Neßler fährt fort:
"Und das Zweite: Man darf Björn Höcke als Faschisten bezeichnen, das ist richtig, da gibt’s auch ein Gerichtsurteil dazu. Wenn man aber juristisch genau hinguckt, heißt das nur, man darf die Meinung äußern, dass Björn Höcke ein Faschist ist. Diese Meinung ist erlaubt, sozusagen. Kein Wunder, wir haben eine sehr, sehr weite, eine sehr große Meinungsfreiheit in Deutschland. Das heißt aber nicht, dass objektiv bewiesen ist, dass Björn Höcke ein Faschist ist."
Autsch! Abgesehen von der Frage, woher der Staatsrechtler die Sicherheit nimmt, die Meinungsfreiheit in Deutschland sei groß, muss man doch einräumen, dass er recht hat, wenn man bedenkt, dass nahezu sämtliche Medien in Deutschland so tun, als sei Höcke nachweislich ein Faschist, obwohl es doch juristisch betrachtet, nur ihre Meinung, also ziemlich unmaßgeblich ist.
Was alles für Deutschland getan wird
Letztlich ist der Prozess gegen Höcke nichts anderes als der Versuch, ihm die anstehende Wahl zu verhageln. Die lechzend geäußerte Forderung, man möge Höcke gleich das Wahlrecht entziehen, muss man ebenfalls unter "Meinung" oder "frommen Wunsch" abtun, denn zumindest bis zur Wahl im September wird daraus nichts, schon deshalb, weil die Justiz ziemlich langsam arbeitet.
Aber das Verfahren gegen Höcke wirft eben auch ein helles Licht auf den tristen Zustand der Demokratie in Deutschland. Der Mann ist bei seinen Wählern ziemlich beliebt, und die Wahrscheinlichkeit, dass er Ministerpräsident in Thüringen wird, ist aufreizend (oder, je nach Perspektive, erschreckend) hoch. Dagegen wird gekämpft, und zwar von den antidemokratischen Parteien, die sich als Retter der Demokratie, des Klimas, der 72 Geschlechter und der Ukraine betrachten. Sie werden nicht aufgeben, sie werden weitermachen und sich noch eine Menge einfallen lassen, bis die Menschen zur Wahlurne trotten, um ihr Kreuz bei wem auch immer zu machen.
Und jetzt noch ein Hinweis zum Schluss, verehrte Leser: Wenn Sie diesen Satz in den Medien oder bei der Wikipedia lesen:
"Björn Höcke (* 1. April 1972 in Lünen) ist ein rechtsextremer deutscher Politiker (AfD)."
Denken Sie immer daran: Es handelt sich nicht um eine gesicherte, naturwissenschaftliche Wahrheit, sondern um eine Meinung. Wenn Sie selbst auch eine haben, beispielsweise zu Annalena Baerbock oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann, seien Sie trotzdem ein bisschen vorsichtig, ob Sie sie öffentlich äußern. Nicht, dass Sie das im vielleicht freiesten Land der Welt nicht dürften, aber … sicher ist sicher, Sie wissen schon.
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