"Gerechter Friede"? Scholz ist das Problem, nicht die Lösung – Kanzler blitzt in China ab
Von Gert Ewen Ungar
Es gehe ihm um einen gerechten Frieden, behauptet Scholz, wenn er über die Ukraine spricht. "Gerechter Frieden für die Ukraine" ist die neue rhetorische Verpackung für das immer gleiche Ziel: Der Ukraine soll mittels Waffenlieferungen und finanzieller Unterstützung zu einem Sieg, mindestens aber zu einer "Position der Stärke” gegenüber Russland verholfen werden. Aus dieser Position heraus soll sie verhandeln und Russland die Bedingungen aufzwingen können, zu denen Frieden in Europa wieder möglich ist.
Bei meinem Treffen mit Staatspräsident Xi geht es auch darum, wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können. Es ist gut, dass es seit meinem letzten China-Besuch einen intensiven Austausch zwischen unseren Regierungen gibt. Wir haben viele Themen. pic.twitter.com/Dij3qAzZuR
— Bundeskanzler Olaf Scholz (@Bundeskanzler) April 16, 2024
Bei dieser Strategie geht es allerdings nicht nur um die Ukraine. Der kollektive Westen verspricht sich von der Position der Stärke, zu der er der Ukraine verhelfen will, selbst in ein Dominanz- und Machtverhältnis gegenüber Russland gehoben zu werden. Das Wort "verhandeln" versteht man dann im Scholzschen Sinne richtig, wenn man es mit "Bedingungen diktieren" gleichsetzt. Weder Scholz noch anderen deutschen oder europäischen Politikern geht es in der Mehrheit um Verhandlungen, um Schadensminimierung oder gar um Frieden. Es geht ihnen um Diktat, Dominanz und ums Herrschen – über Russland, versteht sich.
Russland hat sich dem westlichen Diktat zu fügen. Die Ukraine bezahlt für das Streben des Westens nach hegemonialer Dominanz indes einen hohen Blutzoll. Eine ganze Generation von ukrainischen Männern wird ausgelöscht. Hinzu kommt der wirtschaftliche Niedergang des Lands und eine Abhängigkeit von westlichen Geldgebern, die zur kompletten Aufgabe jedes Souveränitätsanspruchs führen muss. Die Ukraine blutet in jeder Hinsicht aus.
Dem westlichen Bündnis und mit ihm auch Deutschland geht es ganz zentral darum, an der Ausdehnung der NATO bis an Russlands Grenzen festzuhalten. Das ist die Ursache des Konflikts und darin würde auch seine Lösung liegen, wäre man denn an einer Lösung interessiert. Genau das aber ist weder in Deutschland, noch in der EU oder der NATO der Fall. Am "gerechten Frieden", wie ihn Scholz meint, ist daher absolut gar nichts gerecht, und friedlich ist daran auch nichts. Es geht um Dominanz auf der einen, damit notwendig um Unterdrückung und Repression auf der anderen Seite. Der Friedens-Version von Scholz wohnt der nächste Krieg mit inne. Scholz will Russland hinabdrücken. Das Ausbalancieren der Sicherheitsinteressen ist in seiner Floskel vom "gerechten Frieden" nicht enthalten.
Das hat man auch in China verstanden. Xi erteilt der Scholzschen Floskel vom "gerechten Frieden" daher aus guten Gründen eine Abfuhr. Scholz hat den immer gleichen Inhalt aggressiver deutscher Ukraine-Politik zwar etwas weniger plump verpackt als beispielsweise die deutsche Außenministerin mit ihrer Rede von "Russlands anlasslosem brutalen Angriffskrieg", für den sie das Land mit vollständiger Vernichtung bestrafen will. Baerbock gefällt sich in diesem Zusammenhang selbst besser in der Rolle der grausamen, rasenden Rachegöttin denn in der Rolle einer bedacht handelnden und weit vorausschauenden Diplomatin. Ob sie zur zweiten Rolle überhaupt das notwendige Talent und die handwerklichen Fähigkeiten besitzt, ist zudem zu bezweifeln.
Die etwas bessere verbale Verpackung kann allerdings nicht über die Hinterlist von Scholz hinwegtäuschen. Der Inhalt ist nach wie vor vergiftet. Scholz bleibt der Eskalation und der Gewalt treu, zielt auf die Zerstörung Russlands und den Erhalt westlicher Dominanz. Xi zielt seinerseits auf Frieden. Denn Xi ist nach wie vor Kommunist, der an die Möglichkeit eines friedlichen Zusammenlebens der Völker glaubt. Scholz dagegen ist nach wie vor ein Vertreter des westlichen Imperialismus, der sich Zusammenleben nur als Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnis vorstellen kann. Die Argumentation in der Sache macht diesen Unterschied zwischen den beiden Staatsmännern deutlich.
Xi präsentiert vier Prinzipien, die es ermöglichen sollen, der Spirale der Gewalt zu entkommen. Ihr größtes Manko: Man muss Frieden wollen. Ohne Friedenswillen geht es nicht. Am Friedenswillen mangelt es aber Scholz, der deutschen Politik, der EU und natürlich auch der NATO. Gäbe es ihn, würden sich die von Xi ausgearbeiteten Leitlinien zum Frieden ohnehin nahezu von selbst verstehen, denn sie sind der Kern des internationalen Rechts. Man unterlässt alles, was der Eskalation dient, lautet die erste. Man versucht nicht, Gewinn aus dem Krieg zu schlagen, die zweite. Man bemüht sich darum, eine balancierte Ordnung herzustellen, die auch zukünftige Konfrontationen ausschließt, die dritte. Man benutzt den Welthandel und internationale Abhängigkeiten nicht als Geisel, lautet schließlich die vierte chinesische Leitlinie.
Scholz ist mit seinen Forderungen zur Ukraine bei Xi abgeblitzt, ließe sich die Begegnung zusammenfassen. Natürlich macht Xi ihm keine öffentliche Szene, wie sie die deutsche Außenministerin in aller Peinlichkeit ihrem russischen Amtskollegen macht. Aber deutlich wurde, dass es auf der Grundlage des Scholzschen Begriffs vom "gerechten Frieden" für Xi nichts mit Deutschland zu besprechen gibt.
Die deutschen Gazetten tun dennoch so, als wäre es andersherum. Scholz habe gefordert, er habe gepocht und Xi gedrängt, behaupten sie, und vermitteln ihren Lesern damit den Eindruck, als hätte Scholz in China punkten können. Das aber konnte er nicht. Der Mainstream wird erneut seinem journalistischen Auftrag nicht gerecht. Sie lullen die Deutschen in Allmachtsgefühle, zu denen es angesichts der realen geopolitischen Verhältnisse nicht den Hauch eines Anlasses gibt.
Im Gegenteil, Xi macht mit den Leitlinien auch deutlich, wer für ihn eine Mitverantwortung dafür trägt, dass der Krieg nicht nur nicht vermieden wurde, sondern trotz internationaler Vermittlungsbemühungen, trotz Verhandlungen und erzieltem Kompromiss auch nach zwei Jahren noch nicht zu Ende ist.
Deutsche Politik will aus dem Krieg Gewinn ziehen. Deutschland verletzt seine sich nicht nur aus der UN-Charta, sondern noch einmal explizit aus dem Einheitsvertrag ergebenden Friedenspflicht. Und es möchte eben auch keine Balance der Sicherheit, sondern Dominanz. Dafür treibt es den Krieg voran. Deutschland ist Teil des Problems, nicht der Lösung, machen die Ausführungen Xis gegenüber dem Kanzler deutlich. Xi bringt es an den Tag: Die Phrase des Kanzlers vom "gerechten Frieden" ist eine Chiffre für einen langen und verlustreichen Krieg.
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