Deutsche Medien über Gaza: Die Sprache des Kolonialdünkels
Von Susan Bonath
Die westliche Doppelmoral zeigt sich in der Berichterstattung über Israel und Palästina besonders deutlich. Einerseits trommelt das Establishment für "Demos gegen rechts". In seiner Propagandashow gebärdet es sich als "antirassistisch" und "weltoffen", Medien wettern "gegen Hass und Hetze". Das ist nur dünne Makulatur. Tatsächlich unterstützt der Westen mit Israel genau das Gegenteil: einen rassistischen Staat, der aggressiven, mörderischen Siedlerkolonialismus betreibt – zulasten der indigenen Bevölkerung.
Die Wortwahl, derer sich deutsche Medien in Sachen Palästina und Israel bedienen, ist die Sprache der ehemaligen Kolonialherren, beherrscht vom Habitus, einer kulturell überlegenen Gruppe oder Ethnie anzugehören, die "unzivilisierten" Nichtweißen zeigen müsse, wo der Hammer hängt. Freilich, man drückt sich heute gewählter aus als vor 150 Jahren. Was einst "die weiße Rasse" war, sind heute "kulturelle Werte". Doch der Kern des dahinter verborgenen Denkens ist derselbe wie einst.
Von "lügenden Terroristen" und "wahren Demokraten"
Die Geschichte der heutigen "Vorzeigedemokratie" USA ist eine Geschichte der Barbarei und des Völkermords. Unter dem Label "zivilisatorischer Überlegenheit" rotteten die europäischen Siedler den größten Teil der indigenen Bevölkerung bestialisch aus. Auf ihr Konto gehen mehr als acht Millionen Tote: durch Vertreibungen, Massaker, Entzug der Lebensgrundlagen und Aushungern. So rechtfertigten sie auch die Verschleppung, Versklavung und Vernichtung von Millionen Afrikanern.
Damals erzählten die Kolonialherren, sie brächten unterentwickelten Barbaren-Völkern – heute nennt man sie meist "Terroristen" – endlich die Zivilisation: kriegerisch, bewaffnet, durch Versklavung, Vertreibung und Massenmord. Heute wurden die Kolonialherren zu "westlichen Werten" entpersonifiziert, also "Werte", die Armeen der "zivilisierten Welt" in die Länder "unzivilisierter Terroristen" und "Islamisten" bomben. Die Sprache ist seichter geworden, der Effekt ist gleich geblieben: Vernichtung.
Kolonialherren redeten schon immer so. Wenn sich vermeintlich "Unzivilisierte" gegen die Unterdrücker wehren, nennen sie es Terrorismus und Barbarei. Wenn sie selbst die "Unzivilisierten" zu Abertausenden zerbomben und massakrieren, nennen sie es "Kampf gegen den Terror". Es ist eine Sprache der Entmenschlichung, gehüllt in dünnen Firnis, um ihren eigenen kolonialen Terror zu verschleiern.
Wenn absichtlich ausgehungerte "Unzivilisierte" an Nahrungsmittel für ihre vom Hungertod bedrohten Kinder zu gelangen versuchen, nennen Kolonialherren das plündern. Nur "kulturlose Unmenschen" plündern. Wenn sich "die Zivilisierten" in Supermärkten gegenseitig Klopapier wegschnappen und Desinfektionsmittel in Krankenhäusern klauen, sind das "Hamsterkäufe". Hamster sind putzige Tierchen.
"Barbaren" lügen immer, heißt es. So kommt es, dass Palästinenser heute sogar ihr Verhungern und ihr Massensterben durch israelische Bomben und Einfuhrblockaden selbst beweisen müssen. Trotzdem gelingt ihnen das nicht einmal mit massenhaftem fotografischem Beweismaterial, das in digitaler Echtzeit um die Welt geht. Man glaubt ihnen nicht, weil es eine "Hamas-Behörde" meldet, "Barbaren" also.
Die Clique der Kolonialherren sieht sich dagegen selbst als den Hort der Wahrheit. Was Israels Armeesprecher Daniel Hagari verkündet, genießt den Glaubensvorschuss der westlichen Presse stets. Entpuppt es sich doch einmal als Lüge, war es ein Versehen, das man selbstverständlich "prüfen" werde. Das sei bei "wahren Demokraten", anders als bei "lügenden Terroristen", selbstverständlich.
Wertewestlicher Überlegenheitsdünkel
Das brutale Unterdrücken, Foltern, Terrorisieren und Töten Entmenschlichter verharmlosen die Täter heute wie damals als "notwendigen Kampf für die Zivilisation". Israel ging lange vor dem 7. Oktober mit Palästinensern so um. Die Überheblichkeit der Täter kommt mal als "Demokratie und Freiheit", mal als "westliche Werte" daher. Gegenwehr von "Unzivilisierten" gilt als Beleg für einen "primitiven Charakter" – eine Art genetisches Manko. Wenn Hunde ihren Herren beißen, werden sie erschossen. Palästinenser werden regelmäßig einfach so erschossen.
In den Augen von Israels Verteidigungsminister Joaw Galant sind Palästinenser "menschliche Tiere". Tiere kann man in Käfigen halten, foltern und nach Belieben töten. Tiere brauchen keine menschliche Nahrung, da reicht auch Tierfutter. Wenn ihre Babys daran sterben, nimmt man das hin wie das Ausräuchern einer Mäuseplage. Mit Kindern von "Terroristen" kennt der gute "Demokrat" kein Mitgefühl, sie werden zur gesichtslosen Masse ähnlich wie Ameisen im Hinterhof: Das ist das Gesicht des Rassismus.
Genau das praktiziert Israel nicht nur derzeit im Gazastreifen, sondern seit langem: Vertreibungen, Brandschatzungen, extralegale Verhaftungen, Folterungen und Tötungen sogar von Kindern durch marodierende Besatzersoldaten und verharmlosend als Siedler bezeichnete aggressive Paramilitärs sind seit Jahrzehnten Alltag im besetzten Palästina.
Der Westen hat sich seit 1948 nie wirklich um die von Israel unterdrückten Palästinenser geschert. Es liegt eher nicht an der scheinheiligen "Vergangenheitsbewältigung" im Zuge des Holocaust, dieser brutalen, von Deutschen erdachten Vernichtungsmaschine, mit der die Nazis Millionen von Juden, Roma und Sinti, Slawen und Kommunisten ausrotteten. Auch dieses "Gedenken" ist dünne Makulatur, die den wertewestlichen Überlegenheitsdünkel überzieht, der sich in einer imperialistischen Bündnisarmee realisiert, diesem kriegerischen, expansiv marodierendem Zusammenschluss ehemaliger Kolonialmächte und Vasallen.
Heute will der Westen "gut sein". Die pseudowissenschaftliche Idee von einer "kulturellen Überlegenheit" verleugnet er ganz eisern. Er schiebt sie irgendwelchen Randgruppen in die Schuhe, die er als Neonazis präsentiert, während er die echten Nazis und Faschisten ignoriert. Und doch sickert diese Idee aus den zuschreibenden Adjektiven der wertewestlichen Propaganda bis in die Köpfe vieler Leser, und doch bestimmt sie die Politik. Man muss nur genau hinsehen, um fündig zu werden.
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