Es ist dem Westen egal, ob der Ukraine-Krieg endet
Von Tom J. Wellbrock
Annalena Baerbock (Die Grünen) erzählt seit zwei Jahren die immer gleiche Geschichte:
"Und deswegen ist das, was wir tun müssen, maximalen Druck international aufbauen – auf Länder wie China oder auch Iran und Nordkorea. Und solange Putin diesen Krieg nicht beendet – er könnte ihn morgen beenden, die Panzer zurückziehen –, solange müssen wir die Ukraine militärisch unterstützen."
Die schon dümmlich anmutende Forderung Baerbocks, Putin müsse sich einfach vollständig aus der Ukraine zurückziehen, dann sei der Krieg sofort zu Ende, spricht nicht nur für eine erschreckende Realitätsferne. Sie zeigt auch, dass sie damit eine "Verhandlungslösung" vorsieht, die es nicht gibt. Es ist eine Form der konstruierten Wirklichkeit durch Sprache, die jedoch dadurch nicht realer wird.
In einer fernen Zeit
Die ferne Zeit, mit der Baerbock uns konfrontiert, liegt nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit. Irgendwann um den 24. Februar 2022 wird ihr jemand eingeflüstert haben, wie sie zu argumentieren hat. Sie hat das aufgenommen und wiederholt es wie aufgezogen seitdem immer und immer wieder. Sämtliche Wendungen, Ereignisse, vergebene und entstandene Chancen ignoriert sie dabei geflissentlich. Damit steht Baerbock nicht allein, Strack-Zimmermann, Hofreiter und andere bieten gleichfalls keine neuen Überlegungen, die dem mittlerweile zwei Jahre dauernden Krieg Rechnung tragen.
Eine Ausnahme bildet Roderich Kiesewetter von der CDU, der ausspricht, was der Rest der Bellizisten denkt: Der Krieg müsse nach Russland getragen werden, so Kiesewetter kürzlich nahezu unwidersprochen. Es war ebenfalls Kiesewetter, der in (womöglich) unfreiwilliger Ehrlichkeit gesagt hatte, dass der Krieg schon wegen der ukrainischen Rohstoffe wie Lithium nicht verloren werden dürfe. Nun gibt es keinen Grund, den CDU-Politiker dafür zu loben, denn seine Ehrlichkeit spiegelt seine Kriegslüsternheit wider, und man muss davon ausgehen, dass er es ernst meint, wenn er sagt, die Russen müssten lernen, was Krieg ist.
Es gibt wohl kein Volk auf der Welt, das die Grausamkeit des Krieges so intensiv und bis heute nachwirkend kennt wie das russische. Doch den Bellizisten reicht das nicht. Wenn Kiesewetter das nicht weiß, hat er ein verheerendes Bildungsproblem. Wenn er es weiß, verachtet er Russen an sich. Beides ist nicht verzeihbar.
Der verlorene Krieg geht weiter
Zahlreiche politische, militärische und diplomatische Vertreter anderer Länder, noch zahlreichere erfahrene Militärs, sie alle sind sich einig: Der Krieg ist durch die Ukraine nicht zu gewinnen. Im Gegenteil, er wird just in diesem Augenblick verloren, der Ukraine gehen die Waffen aus, die Munition, die Menschen, die all das Material bedienen müssen. Der Altersdurchschnitt der Soldaten ist stetig gewachsen, die Erfahrung und die fachlichen Kompetenzen derer, die in diesem Krieg kämpfen, sinken parallel dazu. Selbst Kriegsantreiber wie Strack-Zimmermann und die schreibende Zunft an ihren Bluttastaturen sagen ganz offen, dass sich auch "Taurus" nicht kriegsentscheidend auswirken würde.
Bemerkenswert daran ist nicht nur die daraus folgende Konsequenz, dass auch der neue "Game Changer" schon gar nicht mehr als solcher bezeichnet wird und somit die Motivation der Weiterführung des Krieges eklatant wird. Als Zeichen einer journalistischen Bankrotterklärung muss die Tatsache bezeichnet werden, dass die offenkundige Kriegsbereitschaft ohne Aussicht auf Erfolg der schreibenden und sendenden Zunft nicht einmal eine vorsichtige Nachfrage wert ist. Man ist ganz grundsätzlich im Kriegsmodus.
Daher werden die Forderungen und schon beinahe bettelnden Aufrufe nach einem Ende des Sterbens politisch und medial so vehement verurteilt. Nur noch wenige wollen ein Ende des Krieges, des Sterbens und Leidens. Der Krieg in der Ukraine ist zu einer Dauereinrichtung geworden, unabhängig davon, in welcher Phase er sich befindet und wie hoffnungslos er ist.
Der austauschbare Krieg
Es wird Zeit, über die wahren Gründe des aktuellen Ukraine-Krieges zu sprechen. Selbstverständlich ist schon länger bekannt, dass der angebliche Kampf für Demokratie, Menschenrechte und die noch nie zu Papier gebrachten "westlichen Werte" nichts anderes als vorgeschobene Pseudogründe sind, um den Krieg ausbrechen und fortführen zu lassen. Der Westen – vornehmlich in Gestalt der USA – wusste, dass dieser Krieg bevorstehen würde, würden die durch die Russen bis Dezember 2021 vorgebrachten Forderungen nach friedlichen Lösungen weiterhin ignoriert werden. Bekanntlich änderte das nichts an der Ignoranz der USA und des Westens.
Der Krieg wurde also nicht nur nicht verhindert, sondern schon seit Jahren forciert und provoziert. Doch die politische und mediale Fokussierung auf die Ukraine als Land, in dem die NATO noch weiter an Russland heranrücken kann, ist zu kurz gedacht. Es hätte theoretisch auch Finnland, Schweden oder Estland sein können, die als Krieg führende Länder infrage gekommen wären. Dass die Wahl auf die Ukraine fiel, hat unterschiedliche Gründe, die für die Gesamtbetrachtung aber irrelevant sind.
Denn letztlich ist der aktuelle Ukraine-Krieg nichts anderes als ein Zeichen für den Zusammenbruch der westlichen unipolaren Welt. Der Autor dieses Textes selbst hatte eine Weile lang die naive Vorstellung, dass der Wandel zur multipolaren Welt womöglich mehr oder weniger friedlich, vielleicht sogar auf einer kooperativen Basis stattfinden könnte. Da die Multipolarität nicht aufzuhalten und schon weit fortgeschritten ist, wäre die Akzeptanz dieser Tatsache durch an der versuchten Instandhaltung der Unipolarität Beteiligte eine Chance gewesen, neue Rollen zu verteilen und die Nachteile der wankenden Riesen in Grenzen zu halten. Doch wir sind weit entfernt von etwas, das auch nur eine gewisse Ähnlichkeit mit Akzeptanz der Gegebenheiten zu tun hat.
Und so wird die Ukraine weiterhin das Opfer des Endes der unipolaren Welt sein, sie wird herhalten müssen für den erbitterten und blutigen Kampf der unipolaren Welt gegen ihr Ende in der noch bestehenden Form. Die Hoffnungen auf vernünftige Entscheidungen des Westens in und für die Ukraine werden all jene, die sie gehegt haben und noch hegen, begraben müssen. Friedensverhandlungen setzen eine Bereitschaft, einen Willen, den Wunsch nach Frieden voraus. Doch der Westen wähnt sich in einem Krieg, den er gewinnen will, aus seiner Sicht gewinnen muss, ohne die Realitäten zu akzeptieren.
Insofern sind die Durchhalteparolen der deutschen Außenministerin und ihrer Mitstreiter nur folgerichtig, denn sie gehen über die Ukraine hinaus beziehungsweise waren nie als Motivation für die Ukraine und ihren Kampf gedacht. Allen Beteiligten ist klar, dass es in der Ukraine keine Demokratie gibt, bis auf Weiteres auch nicht geben wird. Die korrupten Strukturen des Landes sind tief bis hinein in die politische Führung verwurzelt, und jeder bei Verstand weiß, dass sich daran nichts ändern wird. Mehr noch: Solange dieser aktuelle Ukraine-Krieg andauert, wird sich die Korruption im Land vervielfachen, jeden Tag ein wenig mehr, denn in einem Krieg wie diesem an geordnete und demokratische Strukturen zu glauben, hätte eine kindliche Perspektive als Grundlage, wovon die Entscheidungsträger jedoch weit entfernt sind.
Und so wird aus der absurden und durch nichts belegbaren Erzählung heraus, Putin würde nach der Ukraine weitere Länder überfallen, durch den Westen der eigene Angriffskrieg vorbereitet. Im besten Fall wird dieser nicht mit Atomwaffen geführt, weil die Sorge um die flächendeckende Zerstörung der unipolaren Weltordnung gewisse Grenzen der Skrupellosigkeit nicht überschreiten lässt. Im besten Fall.
Doch der Angriffskrieg, den der Westen durch das Zulassen des aktuellen Krieges in der Ukraine begonnen hat, wird fortgesetzt werden. In der Ukraine und in anderen Ländern. Gnade uns allen Gott, dass die schlimmste aller Eskalationen dabei ausbleibt.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.
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