Meinung

"Anti-Nazi"-Strategie: Wie man Bauernproteste durch Regierungsclaqueure ersetzt

Mit "Anti-Rechts"-Demos schlägt man mehrere Fliegen mit einer Klappe: Die "Buntbürger" können endlich gegenüber allen als rechts diffamierten Andersdenkenden "Haltung" demonstrieren – Seite an Seite mit der Regierung. Zudem lösen die Anti-AFD-Proteste die zunehmenden Arbeitskämpfe ab.
"Anti-Nazi"-Strategie: Wie man Bauernproteste durch Regierungsclaqueure ersetztQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Maximilian Koch

Von Felicitas Rabe

Hand in Hand mit den Ampelpolitikern gehen die "Buntbürger" der Republik seit gut einer Woche "gegen rechts" auf die Straße. Allein in Düsseldorf sollen am Samstag 100.000 Demonstranten auf einer Kundgebung gegen rechtsgesinnte Bürger den Worten der stellvertretenden Ministerpräsidentin Mona Neubaur gelauscht haben, als sie da sagte:

"Es ist unser Land, unsere freiheitliche Demokratie – die verteidigen wir zusammen!"

Bundesweit demonstrierten Teilnehmer die Einigkeit eines Großteils der Bürger mit der Politik der Bundesregierung. Das konnte man von den vorhergehenden Massendemonstrationen für den Erhalt des Grundgesetzes, gegen Bauernausbeutung und Streiks für höhere Löhne nicht unbedingt sagen. Dabei ging es um Beschwerden gegen die Regierung. In den letzten Tagen aber, da konnte man meinen, und es auch auf den Straßen sehen, das größte Problem hierzulande seien Nazitum und Rechtsradikalismus. Folgerichtig müsse also das Hauptanliegen aller Menschen der Kampf gegen rechts sein. Dem müsse sich nun alles unterordnen – auch die Gewerkschaften.

Dieser Eindruck entstand nicht aus dem Nichts. Glaubt man den Medien, bedrohte zuletzt sogar ein rechter Bauernmob die Nation. In Norddeutschland wollten Traktornazis angeblich den Wirtschaftsminister lynchen. Und nicht nur die Rechtsextremen vom Lande würden den Medien zufolge obendrein auch noch vom russischen Präsidenten gesteuert. Immer wieder hieß es, Andersdenkende seien entweder von vorneherein rechts oder von Rechtsextremen unterwandert – sowie von Russland organisiert.

Dementsprechend wurden auch die sogenannten Klimaleugner – also die Menschen, welche die offizielle Darstellung über das Ausmaß menschlich verursachter "Klimaschäden" infrage stellten – als Nazis diffamiert. Bei den "Coronaleugnern" stand schon mit dem ersten Demo-Spaziergang fest, dass diese "Oma-Mörder" von anti-semitischen Nazis unterwandert waren. Gleichzeitig wurde jeder teilnehmende Demonstrant per Kontaktschuld ebenfalls zum Nazi oder zumindest als rechtsoffen deklariert.

Warum wurde das Correctiv-Bespitzelungsprotokoll vom November ausgerechnet jetzt aus der Schublade gezogen?

Man kann sich fragen, warum es seit ein paar Tagen so massiv die AfD-Partei und ihre Wähler erwischt. Wieso wurde das Correctiv-Bespitzelungsprotokoll vom November ausgerechnet jetzt aus der Schublade gezogen? Schließlich ist das AfD-Parteiprogramm objektiv betrachtet auch nicht ausländerfeindlicher als das frühere Programm der CDU/CSU. Was haben die Christdemokraten früher für die Abschiebung von Migranten gekämpft, die aus Drittländern nach Deutschland einreisten! Wobei man die CDU wahrscheinlich schon deshalb nicht als Nazis diffamieren durfte, weil in der Partei jahrelang noch echte alte Nazis waren. Während sich die AfD politisch – was zumindest die Waffenlieferungen aus Deutschland betrifft – auf die Seite Russlands stellt, dessen Militär in der Ukraine heutzutage echte Nazis bekämpft.

Die Frage bleibt: Schon seit Jahren werden hierzulande Andersdenkende als Nazis beschimpft. Also wieso muss ausgerechnet jetzt mit Correctiv-Bespitzelungsunterlagen gegen angebliche AfD-Nazis demonstriert werden?

Offensichtlich war die Bevölkerung trotz medialer Bauernproteste-sind-rechts-Kampagnen im Fall der massiven Bauerndemonstrationen nicht so leicht davon zu überzeugen, dass es sich dabei um einen rechten Nazimob handelt. Entweder war das Rechtsextrem-Narrativ schon ein bisschen ausgeleiert, oder die Bauern hatten einfach zu viel positiven Rückhalt in der Bevölkerung. Jedenfalls erfuhren sie bei ihren Protesten bundesweite Unterstützung. Neben den Spediteuren, den Handwerkern und den Jägern schlossen sich immer mehr Organisationen und Menschen dem Protest an. Da half kein rechtes Framing mehr. Der Staat und seine WEF-Hintermänner hatten zu befürchten, dass die Bürger dieses Landes die Forderungen der Bauern nicht nur weiter unterstützen, sondern auf andere Wirtschaftszweige ausdehnen könnten.

Zunächst schien guter Rat teuer. Aber dann konnte man ja zum Glück für die Herrschenden das monatealte Spitzeldokument von Correctiv aus der Schublade ziehen. Mit dieser erbärmlichen Skandalisierung eines privaten Treffens konnte man endlich die Stimmung von der Unterstützung der Bauern auf die Diffamierung gegen alles, was zuletzt irgendwie als rechts diffamiert wurde, umlenken: Also praktisch gegen alle, die anders denken als die Regierung.

Andersdenkende wurden in den letzten Jahren so inflationär als rechtsextrem definiert, dass man sich schon bei den Opfern von echten Nazis entschuldigen müsste. Schließlich wird die Diffamierung von angeblichen Rechtsextremen als Instrument einer immer schärferen Ausbeutung der Bevölkerung missbraucht. Wer sich gegen Ausbeutung und Armut wehrt, ist rechts – so einfach geht das heutzutage. Dazu konnte man im Hinblick auf die steigenden Zahlen der AfD-Wählerschaft mit derselben Klappe auch noch die drohende Erfolgsfliege dieser Volkspartei schlagen.

Die Verdrängung der Bauernproteste durch die "Anti-Rechts-Proteste" hat augenscheinlich super geklappt. Dabei spielte es gar keine Rolle, dass bei dem widerrechtlich bespitzelten privaten Treffen neben den AfD-Abgeordneten auch Abgeordnete der CDU teilnahmen. Es interessierte auch nicht, dass keiner der teilnehmenden AfD-Abgeordneten bei dem Treffen das ihnen unterstellte Wort "Deportation" verwendet hat.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stimmt Gewerkschaften und Arbeitgeber auf eine Linie ein

Einen größeren Treffer konnte die Regierung in diesen Tagen wirklich nicht landen. Die Bürger gehen auf Zuruf der Politiker und der Medien auf die Straße und diffamieren Andersdenkende. Der Bundespräsident nutzte die Gunst der Stimmung und lud am Montag nach der Riesendemo in Düsseldorf gleich mal Gewerkschaftsvertreter und Arbeitgeber zu einem Treffen für "den gesellschaftlichen Zusammenhalt" ein. Bei einer so großen Bedrohung von rechts müssten unterschiedliche Interessen von Arbeitgebern und Beschäftigten jetzt schließlich hintanstehen. Frank-Walter Steinmeier erklärte das so:

"Ganz gleich ob Vorstand oder Vorarbeiter und ganz unabhängig von der Parteizugehörigkeit: Wenn unsere Demokratie angegriffen wird, dann ist eine Grenze überschritten, bei der Gegensätze hinten anstehen...." 

Am Treffen mit Steinmeier nahmen teil: Daniela Cavallo, Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrates der Volkswagen AG; Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH); Dr. Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA); Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB); Michael Häberle, Vorsitzender des Betriebsrates Mercedes-Benz Werk Untertürkheim und Mitglied des Aufsichtsrats Mercedes-Benz Group AG; Professor Dr.-Ing. Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI); und Dr. Katja Scharpwinkel, Leiterin der Region Europa, Naher Osten und Afrika bei BASF.

Nicht zuletzt konnte man mit dieser "Anti-Nazi-Klappe" noch eine weitere Fliege schlagen. Die zuletzt auch als rechts geframten Pro-Palästina-Demos, und damit ein mögliches Kritikpotenzial an der israelischen Regierung, gehen in der Anti-Rechtsbesoffenheit von Politik und Medien ebenfalls unter.

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