Meinung

Die USA wollen Frieden in Nahost? Biden muss nur ein Machtwort sprechen

Washington hat zwar öffentlich seinen Widerstand gegen Israels Angriffe auf libanesischem Boden zum Ausdruck gebracht, aber nie versucht, Netanjahu zu stoppen. Tatsächlich könnte alles innerhalb eines Tages gestoppt werden, wenn die Regierung von Joe Biden ein Machtwort sprechen würde.
Die USA wollen Frieden in Nahost? Biden muss nur ein Machtwort sprechen© Basili Sandro / Abaca / Sipa USA

Von Robert Inlakesh

Da es dem israelischen Militär bisher nicht gelungen ist, das erklärte Ziel, die Hamas zu zerschlagen und die israelischen Geiseln gewaltsam zu befreien, zu erreichen, gab das Oberkommando kürzlich bekannt, dass es in die sogenannte "Phase 3" seines Krieges in Gaza übergehe. Trotz gegenteiliger Behauptungen der israelischen Regierung führen rund ein Dutzend bewaffnete Gruppierungen in den belagerten palästinensischen Gebieten weiterhin täglich Angriffe gegen die israelischen Streitkräfte aus. Nachdem die israelische Armee in Gaza die schlimmste humanitäre Krise aller Zeiten verursacht und dabei etwa 30.000 Palästinenser getötet hat, kann Israel militärisch kaum etwas vorweisen.

Angesichts dieses Debakels in Gaza, wo die Hamas zunehmend Zuspruch erfährt und Glaubwürdigkeit findet, scheint sich die Aufmerksamkeit des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu über die palästinensisch-israelischen Grenzen hinaus verlagert zu haben. Dies ist wahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass der israelische Premierminister weiß, dass seine politische Karriere mit dem Ende des Krieges gegen den Gazastreifen praktisch so gut wie beendet ist. Am 2. Januar verübte Israel in Dahieh, einem südlichen Vorort von Beirut, ein Attentat, bei dem der stellvertretende Leiter des Politbüros der Hamas, Saleh al-Arouri, und sechs weitere Personen, die mit ihm zusammen waren, getötet wurden. Dies war der erste israelische Angriff auf die libanesische Hauptstadt seit dem Krieg zwischen der Hisbollah und Israel im Jahr 2006.

Der Generalsekretär der libanesischen Hisbollah, Hassan Nasrallah, hat wiederholt deutlich gemacht, dass Angriffe auf die Hauptstadt des Libanon eine rote Linie für die Hisbollah darstellen. Die israelische Regierung wusste das und sie wusste auch, dass der Angriff eine Reaktion der Hisbollah provozieren würde, die sich seit dem 8. Januar immer häufiger an bewaffneten Auseinandersetzungen entlang der libanesisch-israelischen Grenze beteiligt.

In der ersten Ansprache, die der Generalsekretär der Hisbollah im Oktober hielt – nach Beginn von Israels Krieg gegen den Gazastreifen –, sagte er: "Wir werden die Hamas nicht verlieren lassen." Damit deutete er an, dass die Hisbollah in diesem Konflikt eine unterstützende Rolle einnehmen werde. Alle regionalen Kräfte, die mit der Hamas und anderen bewaffneten palästinensischen Gruppen in Gaza verbündet sind, haben dasselbe erklärt – eine unterstützende Rolle zu spielen, aber sich nicht in einen umfassenden Krieg verwickeln zu lassen. Im Fall der Hisbollah hat sich die Organisation trotz der Angriffe Israels auf Zivilisten und Journalisten sowie auf namhafte Persönlichkeiten, die mit der Gruppierung verbunden waren, ihr Wort gehalten und nicht zugelassen, dass die Situation zu einem vollumfänglichen Krieg eskaliert.

Israel stellte jedoch die libanesische Seite auf die Probe und ging am 8. Januar einen Schritt weiter, indem es einen Kommandeur der Hisbollah, Wissam at-Tawil, mit einem Luftangriff im Südlibanon ermordete. Als Reaktion auf dieses Attentat lancierte die Hisbollah Angriffe mit Präzisionsraketen, Drohnen und Raketen auf Israels nördliche Kommandozentrale in Safed und auf den nördlich gelegenen Militärstützpunkt in der Siedlung Meron. Obwohl diese Angriffe einen qualitativen Sprung in der Zahl der anvisierten Ziele darstellten, die die Hisbollah anzugreifen bereit ist, waren sie strategisch und eindeutig darauf ausgerichtet, zu verhindern, dass sich die Situation zu einem veritablen Krieg ausbreitet.

Eine weitere wichtige Operation der Hisbollah war der Angriff auf einen israelischen Panzer vom Typ Merkava aus einer Entfernung von acht Kilometern, mit improvisierten Panzerabwehrwaffen. Dies sollte als eine Warnung an die israelische Militärführung gelten und andeuten, dass jeder Versuch, in libanesisches Territorium einzudringen, aus großer Entfernung bekämpft und wahrscheinlich zum Scheitern führen wird.

Obwohl die vollständigen Fähigkeiten der Hisbollah noch nicht klar sind, wissen wir aus öffentlich zugänglichen Quellen und Einschätzungen, dass die Gruppierung über eine stehende Streitmacht von rund 100.000 Kämpfern verfügt, die mit hunderttausenden Raketen bewaffnet ist, darunter eine erhebliche Anzahl, die präzisionsgelenkt sind. Es ist allgemein bekannt, dass die Hisbollah im Kriegsfall in der Lage ist, ganze Vororte von Städten wie Tel Aviv oder Haifa dem Erdboden gleichzumachen. Die USA wissen das und haben öffentlich ihre Ablehnung eines Krieges zwischen dem Libanon und Israel zum Ausdruck gebracht. Doch das Vorgehen Washingtons in der Region deutet auf etwas anderes hin.

Zunächst hat der US-Außenminister Antony Blinken zweimal den US-Kongress umgangen, um Munition im Wert von hunderten Millionen von US-Dollar nach Israel zu verschieben, während er zugleich den israelischen Krieg gegen Gaza bedingungslos und umfassend unterstützt. Die Regierung von Joe Biden hat Israel grünes Licht für jede beliebige Aktion gegeben und sich geweigert, Tel Aviv wegen der Attentate im Libanon zu tadeln, aber gleichzeitig ein Attentat im Irak angeordnet. Die USA lancierten Luftangriffe in Richtung Bagdad, bei denen Mushtaq al-Jawari, ein Kommandeur der irakischen Volksmobilmachungskräfte, getötet wurde. Die Ermordung eines irakischen Oberkommandierenden, der als integraler Bestandteil des offiziellen irakischen Sicherheitsapparats galt, war ein rücksichtsloser Schachzug, der dazu führte, dass der irakische Premierminister erklärte, die USA hätten gegen ihre Vereinbarungen zum Verbleib im Land verstoßen.

Unterdessen lancierte das US-Militär im Jemen im Rahmen seiner multinationalen "Operation Prosperity Guardian" (Operation Wohlstandswächter) Angriffe auf drei Boote der Ansar Allah, bei denen zehn Mitglieder der Huthis getötet wurden. Kurz darauf führten die USA einen gemeinsamen Luftangriff mit Großbritannien auf Ziele im gesamten Jemen aus. Während die Huthis bei ihren Angriffen auf Handelsschiffe, die sich von oder auf dem Weg durch das Rote Meer zum israelischen Hafen Eilat befanden, niemanden getötet haben, haben die USA umgehend tödlich zugeschlagen, um die Spannungen eskalieren zu lassen, anstatt auf die einfache Forderung der Huthis zu hören, dass Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen dürfen, um zu verhindern, dass die Bevölkerung dort verhungert.

In jedem Fall weigern sich die USA, sich diplomatisch zu engagieren und internationales Recht walten zu lassen. Stattdessen erlaubt man in Washington die Anwendung des Gesetzes des Stärkeren und ermöglicht somit die Fortsetzung des Grauens in Gaza. Man behauptet zwar, man strebe keinen regionalen Krieg an, treibt aber die Eskalation der Spannungen voran und ermutigt damit die israelische Regierung, gegen die erklärten Interessen Washingtons zu handeln, wobei Tel Aviv versucht, einen Krieg mit dem Libanon zu entfesseln.

Die Hisbollah hat derzeit kein Interesse an einem Krieg mit Israel. Ein Ende des Krieges in Gaza würde einen gewaltigen Sieg für die palästinensische Nationalbewegung bedeuten, ein Ende der illegalen Belagerung des Gazastreifens einläuten und darüber hinaus Verhandlungen über einen Status der Palästinenser in Gang setzen. Sollte die Hisbollah einen Krieg mit Israel beginnen, würde sich der Schwerpunkt auf den Libanon verlagern und sogar die Wiederaufbaubemühungen in Gaza in einem Nachkriegsszenario untergraben. Es ist offensichtlich, dass die Hisbollah versucht, Israels militärische Ressourcen nach Norden zu lenken und eine unterstützende Rolle zugunsten der Palästinenser zu spielen, was bisher zu einem äußerst maßvollen Vorgehen geführt hat, selbst angesichts des Angriffs auf Beirut.

Die einzigen, die von einem israelisch-libanesischen Krieg profitieren könnten, sind die derzeitigen Machthaber im israelischen Militär-, Politik- und Geheimdienstapparat. Der israelischen Regierung ist es nicht gelungen, in Gaza größere militärische Erfolge zu erzielen. Sie weiß, dass ihre Zeit an der Macht begrenzt ist, und sie scheint bereit zu sein, ihren eigenen Staat in einen größeren Krieg zu ziehen, der nicht gewonnen werden kann. Im Falle eines Krieges mit dem Libanon, der sicherlich einen ausgedehnten regionalen Konflikt auslösen würde, muss Israel hoffen, dass das US-Militär mitzieht. Doch ein solcher Konflikt könnte zu Hunderttausenden, wenn nicht Millionen von Toten führen.

All dies könnte innerhalb eines Tages gestoppt werden, wenn die Regierung von Joe Biden ein Machtwort sprechen würde. Doch sie scheint weder die Motivation noch die Kompetenz zu besitzen, dieses Szenario eines möglichen Weltuntergangs zu verhindern.

Aus dem Englischen.

Robert Inlakesh ist politischer Analyst, Journalist und Dokumentarfilmer und lebt derzeit in London. Er hat aus den besetzten palästinensischen Gebieten berichtet und dort gelebt. Inlakesh arbeitet derzeit für Quds News und Press TV. Er ist Regisseur des Films "Diebstahl des Jahrhunderts: Trumps Palästina-Israel-Katastrophe". Man kann ihm auf X unter @falasteen47 folgen.

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