Meinung

Remigration? Ich habe Fragen!

Die sogenannte "Recherche" der staatlich finanzierten Denunzianten-Bude "Correctiv" hat zu bundesweiter Empörung und jeder Menge heldenhafter Demonstrationen gegen Nazis geführt. Aber irgendwas stimmt nicht bei dieser Sache.
Remigration? Ich habe Fragen!© Jens Kalaene

Von Tom J. Wellbrock

Sind eine Handvoll Leute, die sich in einem Hotel treffen, in der Lage, 25 Millionen Menschen abzuschieben, zu remigrieren, zu deportieren? Es muss wohl so sein, glaubt man den entrüsteten Politikern, Medienvertretern und sonstigen Möchtegern-Promis, die jetzt Sophie Scholl spielen.

Ich habe Fragen

Was mich zunächst einmal wundert, ist die Tatsache, dass "Correctiv" genau wissen will, was hinter den verschlossenen Türen der privaten Veranstaltung in Potsdam vor sich ging. Denn in ihrer einem Groschenroman ähnelnden Geschichte auf der Webseite heißt es:

"Das Treffen soll geheim bleiben. Die Kommunikation zwischen Organisatoren und Gästen sollte nur über Briefe laufen. Kopien davon wurden aber CORRECTIV zugespielt. Und wir haben Bilder gemacht. Vor und hinter dem Haus. Auch im Haus konnten wir verdeckt filmen. Ein Reporter war mit einer Kamera undercover vor Ort und [hat] unter anderem Namen im Hotel eingecheckt. Er verfolgte das Treffen aus direkter Nähe und konnte beobachten, wer anreiste und an dem Treffen teilnahm. Dazu kam, dass Greenpeace zu dem Treffen recherchierte und CORRECTIV Fotos und Kopien von Dokumenten überließ. Unsere Reporter redeten mit mehreren AfD-Mitgliedern; Quellen belegten gegenüber CORRECTIV die Aussagen der Teilnehmenden.

So konnten wir die Zusammenkunft genau rekonstruieren."

Das ist zwar nett formuliert, bedeutet aber letztlich nur, dass niemand von "Correctiv" bei dem Treffen wirklich dabei war. Sämtliche Aussagen, die also von den Teilnehmern gemacht sein sollen, basieren auf der Anwesenheit irgendwelcher "Correctiv"-Leute im Foyer des Hotels und auf Fotos, die durch die Fenster des Raumes des Treffens gemacht wurden. Selbst wenn man die freundliche Unterstützung von Greenpeace berücksichtigt, bleibt am Ende die Tatsache, dass das Treffen privat war, also ohne die Teilnahme von Leuten der Denunzianten-Bude stattfand. Gleichwohl behauptet "Correctiv", man habe "die Zusammenkunft genau rekonstruieren können". Das ist dünn, sehr dünn.

Aussage gegen Aussage

Wir wissen jetzt also, wer nicht bei dem Treffen dabei war: die "Correctiv"-Leute. Mit dabei war aber der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau. Der soll ganz begeistert gewesen sein über die "Remigrationspläne" von Martin Sellner & Co. "Correctiv" schreibt dazu:

"Der Verfassungsrechtler spricht über Briefwahlen, es geht um Prozesse, um das Wahlgeheimnis, um seine Bedenken in Bezug auf junge Wählerinnen türkischer Herkunft, die sich keine unabhängige Meinung bilden könnten. Auf CORRECTIV-Fragen hin bestätigt er diesen Satz später. An die Sache mit der Ausbürgerungsidee von Staatsbürgern in Sellners Vortrag will er sich aber nicht erinnern können.

Den Vorschlag, man könne vor den kommenden Wahlen ein Musterschreiben entwickeln, um die Rechtmäßigkeit von Wahlen in Zweifel zu ziehen, hält Vosgerau für denkbar: Je mehr mitmachten, stimmt er zu, umso höher die Erfolgswahrscheinlichkeit. Als er schließt, gibt es Applaus."

Schrecklich, oder? Dieser Schuft will offenbar gleich das Wahlrecht abschaffen! Dagegen muss man zu Tausenden auf die Straße gehen. Einerseits.

Andererseits schildert Vosgerau die Sache ganz anders:

"Es war so: Weil ein Vortrag ausgefallen war, bat mich der Veranstalter dann, einen Spontanvortrag über Probleme der Briefwahl zu halten. Bei der letzten Bundestagswahl war der Briefwähleranteil exorbitant hoch, die Briefwahl ist jedoch im GG gar nicht vorgesehen, und dessen Wahlrechtsgrundsätze können durchweg nicht eingehalten werden, beziehungsweise, sie sind in den staatlich nicht kontrollierbaren privaten Bereich verlegt. Es gibt zur Briefwahl drei Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Ich vertrete in diesem Zusammenhang mehrere Wahlprüfungsbeschwerden. Im jüngsten Urteil hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, die Briefwahl dürfe nie der Regelfall werden. Das war sie aber 2021. In meinem Vortrag habe ich die Wahlrechtsgrundsätze des Grundgesetzes, die Problematik ihrer Einhaltung bei der Briefwahl und die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts erläutert.

Und in diesem Zusammenhang habe ich – nebenher – sinngemäß auch gesagt: Wenn eine Jungwählerin türkischer Herkunft ihren Wahlzettel zu Hause in der Küche und unter Aufsicht ihres Vaters und mehrerer Brüder ankreuzt, dann mag sie das nicht immer und zwingend in derjenigen Freiheit tun, die die Verfassung eigentlich voraussetzt.

Ich finde also durchaus, dass Jungwählerinnen türkischer Herkunft selbstständig entscheiden können und dies auch tun sollten – und dafür sind eben Wahllokale und Wahlkabinen da. Die Briefwahl ist unter Umständen nicht hilfreich. Darum ging es in meinem Vortrag.

Dass ein Briefwähleranteil von etwa 50 Prozent bundesweit, in manchen Bundesländern über 60 Prozent, verfassungsrechtlich problematisch ist, ist nicht nur meine persönliche Auffassung, sondern entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Und nie habe ich gesagt, massenhaftes Vorgehen erhöhe die Erfolgswahrscheinlichkeit von Wahlprüfungsbeschwerden. Ich wurde in der Tat aus dem Publikum gefragt, ob es sinnvoll sei, massenhafte Wahlprüfungsbeschwerden mit Formularvordrucken herzustellen. Dazu sagte ich, dass 'massenweises' Vorgehen gerade nicht sinnvoll sei. Der Erfolg einer Beschwerde hänge nicht davon ab, wie oft sie eingereicht werde, sondern davon, wie gut sie begründet sei. Daher sei es auch nicht sinnvoll, wenn ein Rechtsanwalt zum Beispiel 1.000 Beschwerden vertrete, die dann auch alle unter denselben Mängeln litten, sondern am besten sollten fünf Rechtsanwälte jeweils einige wenige Wahlprüfungsbeschwerden vertreten. Dann sei die Wahrscheinlichkeit am höchsten, dass die Argumente das Bundesverfassungsgericht am Ende überzeugen. Ich habe also exakt das Gegenteil dessen gesagt, was 'Correctiv' mir in den Mund legt."

Vosgerau widersprach auch der Behauptung, auf dem Treffen seien Begriffe wie "Vertreibung" oder "Deportation" gefallen. Es sei eher um das gegangen, was Bundeskanzler Olaf Scholz als "große Rückführungsoffensive" angekündigt habe.

Vosgerau will übrigens gegen "Correctiv" rechtlich vorgehen.

Möring oder Mörig?

In einer Folge "Pranger-TV" mit Markus Lanz, in der Sahra Wagenknecht gegrillt wurde, war einer der Schwertschwinger der Journalist Marcus Bensmann. Er ist einer der Schlüssellochgucker, der das "Geheimtreffen" aufgedeckt haben will. Abgesehen davon, dass Wagenknecht ins Kreuzverhör genommen wurde, weil sie vor Jahren einmal den Zahnarzt Gernot Mörig getroffen und auch noch mit ihrer neuen Partei ein Konto bei der Volksbank Pirna eröffnet hat, die wiederum selbst ganz böse ist und ganz böse Kunden hat, wurde wenig subtil eine geistige Nähe zwischen Wagenknecht und den richtig bösen Jungs des "Geheimtreffens" konstruiert.

Kalter Kaffee, so ist der Lanz halt. Interessant aber ist anzumerken, dass Bensmann wiederholt von Gernot "Möring" sprach, was ja nun mal falsch ist. Dieser Fauxpas passt sehr gut zu den anderen Stammeleien, die Bensmann abgesondert hat. Das war nichts Strukturiertes, nichts Handfestes, nichts Belegtes, sondern nur das Gebrabbel eines Journalisten, der über Dinge spricht, von denen er keine Ahnung hat, weil er ja nicht dabei war.

Wenngleich die Lanz-Sendung ein weiterer Tiefpunkt der deutschen Polit-Talkshow-Landschaft ist, lohnt es sich, reinzuschauen, denn Bensmann demonstriert journalistische Unfähigkeit, gepaart mit ekelerregendem Denunziantentum und inhaltlicher Leere.

Ohne Druck arbeiten

Journalismus hat es in Deutschland schwer, das weiß auch "Correctiv" und schreibt dazu auf seiner Webseite:

"Unser Finanzierungsmodell ist eine Reaktion auf den enormen finanziellen Druck, dem der Journalismus ausgesetzt ist."

Ja, es ist hart. Doch "Correctiv" hat eine Lösung gefunden. Die Recherche-Profis lassen sich unter anderem von der Bundeskasse mit rund 431.000 Euro, von der Landeshauptkasse NRW mit gut 145.000 Euro und von Google mit mehr als 115.000 Euro unterstützen. Das sind aber Peanuts, allein im Jahr 2023 kamen fast 1,9 Millionen Euro von Spenden durch "Unterstützerinnen und Unterstützer" hinzu. Näher aufgeschlüsselt sind diese nicht.

Wie auch immer: Um fehlendes Geld muss sich "Correctiv" keine Sorgen machen, und ganz offensichtlich auch nicht darüber, ob sauber gearbeitet wird. Die lange Erzählung über das "Geheimtreffen" ist gespickt mit Behauptungen, Unterstellungen und Lügen, wie das Beispiel Ulrich Vosgerau zeigt. Man muss im Übrigen davon ausgehen, dass auch alles andere, was uns an "Enthüllungen" von "Correctiv" präsentiert wurde, mindestens mit Vorsicht genossen werden sollte.

Prioritäten

Inmitten der Bauernproteste, inmitten von Kriegen, an denen Deutschland sich beteiligt, und inmitten eines Wohlstandsverlustes, den die Bundesrepublik seit ihrem Bestehen noch nicht erlebt hat, kommen "Correctiv" und Politik um die Ecke und lenken von ihren Gräueltaten erfolgreich ab, indem eine Geschichte publiziert wird, die jede journalistische Sorgfaltspflicht vermissen lässt und politisch und gesellschaftlich komplett irrelevant ist.

Denn machen wir uns nichts vor: Selbst wenn jedes Wort von "Correctiv" wahr wäre, was für Folgen hätte das? Überhaupt keine. Und was wäre wohl los, wenn bekannt werden würde, was Scholz, Habeck und Lindner auf ihren "Geheimtreffen" so alles besprechen, wenn sie sich mal wieder verabredet haben, um der Bevölkerung das nächste finanzielle Messer an die Kehle zu legen?

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

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